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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redakteur: I. G. Hartmann. « . . , .. !. ..ii-. i-.t.'-n - <- . 7t,«u.. : ' ' - tLgitch"»Eft Donnerstag, öen 24. Mai. v«e dnrch alle P«»a>ß.lt«n ,n beziehen. ' " Preis sir da« »ikrielj.hr Thaler. JxseetioX-Gebthr«, fßr de» «mim einer gespaltenen geil« l «engreschr». 185S Amtlicher Theil. Dresden, 18. Mai. Der Privatdocent vr. pH. Wol- demar Bernhard Wenck zu Leipzig ist zum außerordent lichen Professor in der philosophischen Fakultät daselbst ernannt worden. Nichtamtlicher Theil. Nederslcht. Taaesgeschichte. Dresden: Die Auswanderung nach Canada betreffend. Vom Landtage. — Chemnitz: An wesenheit de< Kronprinzen. — Wien: Zur Situation. Ein neuer Vorschlag Oesterreichs nach London und Pari« abgegangen. Rrschid Bey eingetroffen. Fürst Gortscha- soff soll erkrankt sein. Dom Miguel. Vermehrung der Kriegsmarine. — Berlin: Parade in Potsdam. Ab schiedsaudienz des mexikanischen Gesandten. Die neue sten österreichischen Cirrularnoten. — Au« dem Her zogtum Gotha: Die Beschwerde der ehemaligen Ritterschaft beim Bunde. — Koburg: Maßregeln in Bezug auf das AuSwanderungSwesen. — Meiningen: Compromißg,richt. Telegrapheneinrichtungen. — Frank furt: Parade der Bundestruppen. — Paris: Au Canrobert'S Rücktritt. Eine Anleihe von 800 Millio nen soll beschlossen sein. Canrobert zum Großkreuz der Ehrenlegion ernannt. Vermischtes. — Madrid: AuS den CorteS. Kein Vorschlag der Westmächte wegen Truppensendungen nach dem Oriente »ingegangen- — London: Gtbson hat seine Motion zurückgezogen. — Ostsee: DaS französische Geschwader von Kiel abgegan gen. Von der englischen Flotte. — AuS der Krim: Awei Berichte Canrobert'S. Der russische Bericht über die Vorgänge bi« zum 6. Mai. — Konstantinopel: Sämmtlichr Truppen d,S Lagers von MaSlak eingeschifft. Rrschid Pascha noch nicht abgereist. Landtagsverhandlungen. Local - und Provinzialangelegenheiten. Dresden: Tödtung durch Blitzschlag. — Bad Elster: EinAdreß- und Badealmanach. Feuilleton. Anzeigen. Börsermachrichterr. Lage-geschichte. DreS-en, 23. Mai. Auf diplomatischem Wege ist hier eine Circularbekanntmachung der k. großbritannischen Re gierung eingelangt, deren Inhalt für alle Diejenigen, welche etwa nach Canada auszuwandern gesonnen sein sollten, von hoher Wichtigkeit ist und deren ernsteste Beachtung ver dient. ES soll nämlich jenem Circular zufolge vorgekommen sein, daß Untrrthanen süddeutscher Staaten unter Betrei bung ihrer Regierung und der betreffenden Communal- behörden im vergangenen Spätherbst« nach Englisch Canada auSgewandert sind, ihnen daselbst bei ihrer Ausschiffung nur die auf wenige Tage ausreichende Summe von 10 Gulden behändigt worden ist, und sie bei dem dortigen doppelt so rauhen Klima als daü europäische und bei dem Mangel an Unterkommen und Arbeit in großes Elend gerathen sind. ES könne, heißt eS ferner in gedachtem Circulare, der groß britannischen Regierung nicht zugemuthet werden, in solchen Fällen, wo es offenbar sei, daß man sich der Leute nur so bald als möglich habe entledigen wollen, für den Unterhalt der Lehtern aufzukommen, und eS wird sodann darauf auf merksam gemacht, daß sie, um der Wiederholung solcher Vorgänge vorzubeugen, sich genöthigt sehen werde, die Kopf besteuerung der in Canada Einwandernden für alle Die jenigen, welche im Herbste ankommen, bedeutend zu er höhen, und im Uebrigen bei den deutschen Regierungen im Interesse der Humanität noch auf Ergreifung von Maß regeln anzutragen, welche geeignet sind, die Auswanderungen nach Canada gegen den Winter zu verhindern, und darauf hinwirken, daß dieselben immer nur im Frühjahre statt- sinden, zu welcher Jahreszeit sich dort für die Einwan dernden ausreichende Arbeit findet und ihnen außerdem auch noch die nöthige Zeit gegeben wird, sich für den kom menden strengen Winter einzurichten. — Die Zweite Kammer hat heute die in Pos. 17 des außerordentlichen AuSgabebudgetS verlangten 30,000 Thlr. zur Vermehrung der Telegrapheneinrichtungen bewilligt und sodann zwei Deputationsberichte über verschiedene Differenz punkte in den beiderseitigen Kammerbeschlüssen berathen. jZ Chemnitz, 22. Mai. Gestern Abend ist Se. König liche Hcheit der Kronprinz, von Schneeberg kommend, hier eingetroffen und im „Römischen Kaiser" abgestiegen. Höchst- derselbe hat heute Vormittag bei WittgenSdorf über die Recruten des 5., 6. und 7. Bataillons Inspektion gehalten und ist Nachmittags ^5 Uhr mit dem Personenzuge nach Dresden zurückgereist. Wien, 21. Mai. Wie bekannt, find die Ant worten auf die letzten VermittelungSversuche Oesterreichs sowohl von Paris als London ablehnend erfolgt. Unsre frühere Meldung, daß sie nichtsdestoweniger in versöhnlichem Tone lauten und weitere Berathungen zulasten, wird jetzt aus zuverlässiger Quelle bestätigt. So wäre denn nicht alle Aussicht auf den Frieden verschlössen, wiewohl der In halt der letzten russischen Circulardepesche zeigt, daß er auf den Grund einer unbedingten Nachgiebigkeit des St. Peters burger Cabinets gegen die Forderungen der Westmächte nicht zu Stande gebracht werden wird und kann. Auch die that- sächlichen Verhältnisse sind dem entgegen. Oesterreich ist dabei in der unangenehmen Lage, eine zuwartende Politik befolgen zu müssen, welche seine finanziellen Kräfte auf eine drückende Weise in Anspruch nimmt. Sollte eS sich über Hals und Kopf in den Krieg stürzen? Wenn es sich dahin ausgesprochen hat, daß die zuletzt von ihm vorgeschlagenen Bedingungen hinreichen, um den Zweck des dritten Garantie punktes zu erfüllen, so kann es sich jetzt sicher nicht bemüßigt sehen, der entgegengesetzten Ansicht der Westmächte ohne Weiteres sich anzuschließen. Frankreich und England können besondere Zwecke verfolgen, die über das gemeinschaftliche Ziel der drei Mächte hinausgehen. Inzwischen wird Oester reich politisch und moralisch mit den Westmächten verbunden bleiben und bleiben müssen. Seine in Bezug auf Rußland seit Jahren eingenommene politische Stellung kann jetzt um so weniger eine Veränderung erleiden, als der krankhafte Stoff der orientalischen Zustände auf dir Oberfläche getrieben worden ist und man bereits Wege eingeschlagen hat, daS Uebel durch entsprechende Kraftrntwickelung zu beseitigen. Wien, 21. Mai. Nach der „Ostd. Post" ist die Di plomatie seit acht Tagen wieder in großer Thätigkeit. Die mSSmm Versuche einer Verständigung bezüglich des dritten Punktes seien keineswegs aufgegeben, vielmehr seien neue Vorschläge im Auge, die vielleicht demnächst das Ausammentreten der Conferenz zur Folge haben dürften. — Der erste geheime Kammerherr de» Sultans, Rrschid Bey, welcher eine be sondere Mission Hal, ist gestern au» Konstantinopel hier angekommen. Derselbe ist gleichzeitig Ueberbringer des groß herrlichen Handschreibens mit der Ernennung des Aali Pascha zum Großvrzier. — Nach übereinstimmenden Milcheilungen Wiener Blätter ist der kais. russische Bevollmächtigte, Fürst Gorlschakoff, am Fieber nicht unbedenklich erkrankt. — Der Herzog von Montmorency, welcher einige Lage bei dem Grafen v. Chambord in FrohSdorf zum Besuche war, ist vorgestern nach Pari- abgereist. — Unter den in Venedig angekommenen Fremden befindet sich Dom Miguel von Portugal unter dem Inkognito eines Grafen v. Camoca. — Zur Vermehrung der k. k. Kriegsmarine werden aber mals zwei neue KriegSdampfer erbaut. Wien, 22. Mai. (T. D. d. C. B.) Die „Orft. Corresp." meldet, daß gestern seilens Oesterreichs ein Vor schlag in Betreff des dritten Garantiepunktes erneuert motivirt nach London und Paris abge- gangen sei. Die „Correspvndenz" fügt hinzu, daß, nach dem die Waffenehre gewahrt sei, man eine allseitige friedliche Gesinnung erhoffen dürfe. K Berlin, 22. Mai. Heute Vormittag fand in Pots dam die große FrühjahrSparade statt, zu welcher sämmtlichr Prinzen und hohen Offiziere in großer Uniform gegen 10 Uhr von hier abfuhren. Nach der Parade war Dejeuner im Potsdamer Stadtschloß, worauf um 2 Uhr Se. Maj. der König mit dem Ministerpräsidenten arbeitete. — Der mexi kanische Gesandte am diesseitigen Hofe, General Uraga, wurde gestern vom Könige in einer AbschiedSaudienz empfan gen und wird sich demnächst nach Mexiko zurückbegeden. Ueber seinen Nachfolger verlautet noch nichts Bestimmtes, doch nennt man bereits die Namen Guerra und Dom Ma nuel Sarrainzar, welcher Letztere gegenwärtig als Gesandter Mexiko« beim päpstlichen Stuhl« in Rom verweilt. — So viel man hier in Berlin rrsähri, hat Oesterreich in neuester Aeit drei Circulardtpeschen an die deutschen Höf, erlassen, ohne aber in denselben Mittheilungen zu machen, welche den darüber umlaufenden Gerüchten irgend eine Stütze verleihen. In der ersten dieser von uns bereits erwähnten Depeschen werden den deutschen Höfen die Wiener Conferenzprotokolle mit dem Bemerken pcäsentirt, daß die Vorlage derselben im englischen Parlamente schon um deswillen al« verfrüht zu betrachten sei, weil die Verhandlungen noch nicht als ab gebrochen angesehen werden dürften. In einer zweiten De pesche äußert sich Graf Buol über die neueste russische Cir- culardepesche an einige deutsche Höfe. Auch in dieser zweiten Depesche ist von der Absicht einer Wiederholung der Mobilmachungsanträge am Bunde nicht nur keine Rede, sondern können wir vielmehr hinzufügen, daß Oesterreich hier in Berlin das Ersuchen gestellt haben soll, auch die preu ßische Regierung wolle von irgend welchen Verhandlungen am Bund, gegenwärtig absehen, da da« österreichische Ca- binet, wenn eS die Zeit gekommen erachte, sich mit Preußen über daselbst zu ergreifende weitere Mittel in Vernehmen zu setzen wünsche. Endlich macht in einer dritten Depesche Graf Buol den Rücktritt deS Ministers Drouyn de LhuyS zum Gegenstände einer Erörterung an die deutschen Höfe. Man glaubt hier auS diesen neuesten österreichischen Circu laren wenigstens so viel mit einiger Sicherheit entnehmen zu dürfen, daß diejenigen Stimmen etwas voreilig urthei- len, welche fortfahrrn, Oesterreichs kriegerische Absichten, so Ueber da-Spiel. Bon vr. Erdmann.*) Um dir Kern- und Urgestalt deS Spiele- zu erkennen, begeben wir un- dahin, wo der Mensch selbst un- (wenigsten- jetzt) in seiner primitiven Gestalt entgegentritt, in die Kinderstube. Gleich am Eingang» begegnet un- der Knabe, der auf seine« Vater- Stock stolz einhrrreitet, und im Hintergründe sehen wir da- kleine Mädchen, wie e- im Gefühle mütterlicher Würde ein Wesen hätschtlt, in dem ein profane- Auge nur einen Plumpsack steht oder höchsten» einen mit Kleie gefüllten Balg. Oder aber, wir sehen die ganz« kleine Familie um den Aeltrstrn, der au- Karten »in stattliches Hau» baut, oder auch, indem er die Blätter bog, eine ganze Schlachtordnung aufstellte, die, sobald er den Finger beweg«, niedergeschmettert da- Schlachtfeld bedeck». Oder endlich, wir stellen un- zu der kleinen Schaar, dir an« Seifenschaum Weltkugeln schafft, gegen deren Farbenpracht unsre schöne bunt« Erde rin abgeblaßter Mond ist. — „Alle- Da-, klein« und un- wichtige Ding«!" So meint «an, und doch nennt nicht nur der g»«üthliche Drursch«, sondern auch der geistreiche Franzvs«, wa- *) „Ernste Spicke" heißt eine bei Herz in Berlin erschienene und bet Anwtb in Dresden »vrräthige Sammlung von «orertgrn und Abhandlungen de« Professor» Erdmann zu Halle, über dir bereit« in biesen Blättern gesprochen ist. Wir theil«, obige au«M-»eise Zu- sammrnstrllung au» einer seiner interessantesten Dorlesungrn mit und deuten darauf hin, daß flch hi« rin» ungemeine Frische und scherzende reichkblttigrett dw «Lsanannntt« mir einem wirklichen ««halt ver- cknt, der durch einen gewiss« Jonglrurtoa mehr belebt al« ent- werthet wird. — O. B. Feuilleton. UN- da» Liebste ist, unsre „Puppe", und zu beiden gesellt sich der praktisch berechnende Sohn Albion-, wenn ste e» ihr Steckenpferd nennen ; und doch sagen wir, wenn wir un-au» unsrer Welt alle- Schlechte wegträumten und unser Leben mit paradiestschrr Schönheit au-schmückten, wir hätten un- ergötzt an „Karten häusern" und „Seifenblasen". Hat da- Kind und haben wir Unrecht, wenn auf jene- erste Zubehör der Kinderstube und auf den Genuß, den e- gewährt, so groß,- Gewich« gelegt wird? Gewiß nicht. So lange nämlich da- Kind in dem Stocke nur rin Rohr, in dem Plumpsack nur rin zusammrngrdrehte-Tuch steht, so lange richtet eS flch in seinen Gedanken nach der Natur de- Gegenstände-, ist also durch dies« beschränkt. Mit dem Augenblicke aber, wo eS drcreiirt: „Stock und Plumpsack soll nicht mehr sein, wa» e» ist", wird e- unabhängig von der Natur der Gegenstände. Weiter, so lange ihm die Dinge galten al» Da», wa» fie stnv, verhielt e- flch empfangend, pasflv. Dagegen da- Strritroß, da- au- dem Stock wurd«, ist sein Werk, in welchem e- eine Aktivität gezeigt hat, die man schöpferische All macht nennen kann, denn e- hätte sein Roß eben so gut au- der Elle der Mutter oder dem Besenstiel der Magd machen können, und eben so auS diesem selben Rohr, wenn r- nur wollte, eine Lanz« oder ein Schießgewehr. Ist aber Unabhängigkeit und Selbstthätigkeit Da-, wa- man Freiheit nennt, so hrißt Spielen: Freiheit zngen und der Genuß, den e- gewährt, besteht darin, daß da- Kind nicht paaaive belustigt wird, sondern daß »- sich selbst belustigt, flch selber di« Lust schafft, einer Kraft bewußt zu werdrn, gegen welche alle Schranken der Wirklichkeit nicht- ver mögen. Wie soll ihm da aber nicht vor All«« theurr sein, wa- > ihm zuerst sein« Schöpfrrkraft bewies? Und wie wollen wir e- drr Kleinen, deren Phantast« ein lebendige- Wesen gebar, ver denken, wenn fie über den Ruchlosen erbittert ist, der von diesem Kinde ihre- Geiste- sagt, e» se» ein Balg? — Spielen heißt: die Schranken der Wirklichkeit überspringen, sich frei machen von diesen Schranken, und wenn Pädagogen da- Nichtspielen mancher Kinder al- Symptom von Beschränktheit bezeichnet haben, so ist da- eigentlich, al- wollt« man da- Sterben ein Symptom de- Tode- nennen: wer gar uicht spielt, wird nicht, sondern er bleibt beschränkt, denn di« Dinge ernst nehmen, heißt ja, fie gelten und also sich durch fie beschränken lassen, während wer mit ihnen spielt, sich al- ihr Herr zeigt, von dem fie e- sich müssen gefallen lassen, al- Streitroß oder Schießgewehr zu gelten. Wenn nun aber Freiheit, wenn die Herrschaft über die Dinge und da« Sich, dienstbarmachen derselben den Menschen zum Menschen macht, so ist r- allein da- Spiel, da- ihn zu De«, wozu er bestimmt ist, formt, d. h. ihn bildet. Eben darum können wir auch den unter- menschlrche» Wesen diese- Privilegium de« Lichvermen schlichen« nicht bewilligen, wa- der gewöhnlich» Sprachgebrauch ihnen ein räumt. Da- sogenannte Spielen de- Kätzchen- mit dem rollenden Knäuel ist gar kein Spiele». Dir Katze übt stch, ste lernt ; Mäuse fangen nämlich. Daß aber Lerne» kein Spielen ist, weiß schon der Schulknabe, welcher »n- sagt, daß, wenn man lerne, man nicht frei habe. Er hätte auch sagen können: nicht frei sei, denn in der That beim Lernen, wo un- allerlei Ding, einqeprägt w«rden, da muß «an st, gelte» lasse», flr respectiren, e» ernst mit ihnen nehmen, alle- Die- aber hieß ja, durch fie beschränkt, also nicht frei sein. Diese- Ernstnehmen dar Dinge hört i« Spiele