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46 Nommbevd, L«. RovemVer Aetleirißische Aeitage zum sächsischen Erzähler. Zur gemeinnützigen Unterhaltung für alle Stände. (Wird jeder Sonnabends-Nummer ohne Preiserhöhung des Hauptblattes beigegeben.) Tirf im LerMe. Friedrich Vtte. ' Tief im Herbste, welch ein Schimmer I Lerz, mein Herz, ermanne dich. Sieh, aus welkem Lenzgetrümmer Ranken junge Rosen sich. Was dem Tode schien verfallen, Steht in Blüthenherrlichkeit, Und der Tau blitzt wie Korallen Auf der Erde Festtagskleid. Tief im Herbste — und die Bäume Sind verjüngt und schlagen aus, Und der Berg voll junger Träume Streift hinweg den Wintergraus. Bolle Vogellieder schallen -Ueberm Thal und tief im Hain, Und gleich Engelsgrüßen fallen Goldne Sonnenstrahlen drein. Tief im Herbst — und nichts als Blüthel Selig wandr' ich durch den Hag, Sonnenstrahlen im Gemüthe Und im Herzen Lerchenschlag. Und ich flehe: „Herr, o sende Send auch meinem Herbst einmal Solche reiche Blüthenspende, Solchen Frühlingssonnenstrahl!" Inspektor Herbert. Roman von Maximilian Moegelin. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) Wenn nun Johanna bereits vordem in recht guter 'Stimmung war, so hatte diese nach dem „Orakel von Alt-Hammer" noch eine merkliche Steigerung erfahren. Freilich — sie glaubte nicht an dem Gerede jenes Weibes, wie sollte sie auch! Nein, rief ihre innere Stimme, das wäre ja ein vollendeter Hohn auf unser Jahrhundert — oh nein, nein. — Indes, das sagte sie auch wiederum und keine Welt vermochte es zu leugnen, daß schon mehr denn tausendmal in Erfüllung ging, was eben jene Weiber sagten. Und lag nicht bereits eine Wahrheit in deren Worten. Liebte sie denn Jemand? — der Inspektor vielleicht! Nein und tausendmal nein — wenigstens augenblicklich nicht, und konnte sie in ihrem wechselvollen Leben bisher überhaupt vom Glücke sprechen? Nein, im ersten Theil ihrer Weissagung hatte jene doch völlig recht, und im zweiten Theil? — sie könne noch immer warten, das sagte sie sich, und — nichts ist wandelbarer als der Mensch; und ihre Josepha wird hier nicht ewig bleiben. — Nein, nein, Johanna glaubte nicht an solche Deutungen und doch — vielleicht am Ende — wie sonderbar nicht auch der Zufall spielt Johanna glaubte wiederum recht fest daran Während dieser Zeit schritt Josepha mit einer Fülle von Gedanken von der anderen Seite wie am Morgen die Dorfaue entlang nach dem Schulhause. Gewiß auch sie gedachte der Worte jenes Zigeuner weibes, indes doch mit ganz anderem Gefühl. Mag das Glück der Liebe nur immerhin kommen, recht bald kommen, wie jene sagte und sie sah im Geiste sich unter der Eiche an der Lehmmauer, ich will es packen, packen mit beiden Händen um nimmermehr loszulassen. Für heute aber sollte ihr der Lehrer ergänzen, auf ihr Fragen erklären, präzisiren, was sie von der Kanzel deutlicher genug vernommen hatte. Sie fand den Lehrer, der nicht wenig überrascht war, Josepha abermals zu sehen, über seiner Bibel gebeugt, aus der er soeben las: „Siehe, ich bin bei euch alle Tage, bis an der Welt Ende", während seine nimmermüde Frau lauschend an feiner Seite saß. Josepha hatte diese Menschen schon einmal begrüßt, es war kurz nach ihrer Ankunft, als zum ersten Male nach gar langer Zeit die Gutsherrin ihren Samariter gang durch das Dorf machte. Sie war mit der Gnädigen allein, die von Haus zu Haus und von Thür zu Thür ging und sich freute mit den Fröhlichen und trauerte mit den Betrübten. Nein, dieser Pädagoge war ihr längst kein Fremder, er war io hager, wie sie im Geiste ihn längst gesehen und seine Hose war wirklich ein wenig kurz. Als nun Josepha die Thür öffnete, erhob er sich ehrerbietig und Verwunderung stand fragend in seinen Zügen. Josepha bat, sich in keiner Weise stören zu lassen und wenn er gestatte, so möchte sie gern ein wenig zuhören, denn um etwas anderes sei sie im Grunde genommen auch nicht gekommen. Die freundliche Alte, die erfreut ob solcher Ehre war, bat sie, auf dem alt fränkischen Sopha Platz zu nehmen und beide lauschten bis der Lehrer sein Matthäuskapitel, das er noch einmal zu lesen begann, beendete. Josepha sprach, nachdem sie mit größtem Interesse gelauscht und jener das heilige Buch von sich gelegt hatte, ihm ihren ergebensten Dank aus und ließ sich nun alles, alles sagen, was zu erfahren sie hierher geführt. Eine eigenartige Stimmung bemächtigte sich