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Dienstag. M. 69. 6. September 187V. MWePerih-Zeitung-H Amts- vad Av)tigt-Dlatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stndtrathc M Dippoldiswalde und /raoensteio. Vermckvsrffichkr Nrdarteur: Lari Zehne in Sippotdirwntde. TageSgefchichte. Dippoldiswalde. Der vergangene Sonnabend hat von Mittag an, wo wir so glücklich waren, unfern Lesern durch ei» Extrablatt die frohe Kunde mittheilen zu können: Napoleon ist gefangen, seine ganze noch kampffähige Armee hat sich ergeben! eine Aufregung und ein Leben in unserer Stadt gesehen, wie wir uns nicht erinnern können, ein gleiches erlebt zu haben ; einen Triumph haben wir mit allen Deutschen gefeiert, um den unsere Nachkommen uns beneiden werden! Hätte es in unserer Macht gelegen, wir hätten mit allen Glocken läuten, alle Böller lösen, alle Flaggen aufziehen lassen; die zum Herrn gesandten Dankgebete mögen dies Alles vertreten! — Der Verruchteste, der Gewissenloseste unter der Sonne, dessen Frevelmuth so vielen Tausenden unserer braven Landeskinder und BundeS-Genossen das Leben vernichtete, der so viele Millionen an Geld und Gut zu Grunde gerichtet, dem zwei Völker ihren gerechten Fluch entgegenschleudern, der Mensch, der sich Napoleon der Dritte und Kaiser von Frankreich nannte, — er ist in die Hände der Deutschen, die er gewaltsam und frevelhaft zum Völker kampfe drängte, als Kriegsgefangener gerathen! Wir Deutschen sind als Richter an der Weltgeschichte berufen worden. Freuen wir uns Alle unserer nationalen Kraft Uno Ehre, und sorgen wir, daß wir bei der nationalen Größe und Einheit auch die volle würdige Frei heit im Innern uns gewinnen! Es lebe das einige, mächtige, freie Deutschland! Viele Häuser unserer Stadt prangten im Flaggen schmuck, und wenn am Abend eine Illumination nicht stattfand, so lag dies theils an der Unmöglichkeit, in kurzer Zeit solche herzustellen, als in dem Umstand, daß man hier allgemein gewillt ist, bei dem endlichen Friedensschlüsse eine solche in gewiß glänzender Weise herzustellen. — Regstes Leben, froher Jubel und Lust herrschte aber am Abend in den öffentlichen Localen, in denen Gesang uud Musik wechselten; durch die Straßen der Stadt zog man singend, von Hurrah und Jubelruf begrüßt. — Wäre nicht leider — und zwar schon seit Beginn des Krieges — der Vorstand unserer städtischen Behörde, Herr Bürgermeister Heisterbergk, durch schwere Krankheit, die sich aber jetzt, Gott sei Dank, zur er freulichen Besserung wendet, an das Bett gefesselt, so würden von diesem denkwürdigen Tag und Abend bei der bekannten, echt patriotischen Gesinnung und der regen Theilnahme des Genannten gewiß noch weitere erfreuliche Momente zu verzeichnen sein. Was nun werden wird? Bei der Wichtigkeit der so unverhofft elngetretenen Ereignisse mögen wir jetzt noch keine Betrachtungen anstellen oder Ansichten aus- sprechen. Sehen wir bei diesen überaus freudigen Nachrichten hinweg über die großen Schrecken dieses Krieges und hoffen wir auf einen baldigen,ruhmvollen Friede«! — Nächste Mittwoch findet der fünfte patrio tische UnterhaltungS-Abend im hiesigen Schieß- hauSsaale statt. Die Redaction der „Weißeritz-Zeitung" fühlt sich ge drungen, hierdurch öffentlich herzlich zu danken für die ihr von hier und auswärts fo zahlreich zuaegangenen, ehrenvollen An erkennungen über die, mit möglichster Schnelligkeit zur Kenntniß ihrer werthen Leser gebrachten wichtigen Nachrichten. Hoch erfreut über solche Kundgebungen, verspricht die Redaktion, auch ferner Alles aufzubieten, ihre Leser in gleicher Weise zu befriedigen. — Möchten auch die künftigen Nachrichten so erfreuliche sein, wie die bisherigen! -s- Frauenstein, 18. August. Einem anderen Privatbrief, der dem in vor. Nr. dS. Bl. mitgetheilten vom 16. Aug. auf dem Fuße folgte, obwohl vier Tage jünger, also nach der ersten Betheiligung der Sachsen an den Kämpfen bei Metz geschrieben, entnehmen wir Folgendes: „Schloß Moncel bei Jarny, zwischen Metz und Etain, unweit der Pariser Straße, 2V. Aug. früh, rc. Vorgestern endlich erhielt ich Eure Briefe vom 9. (die vom 3. sind also nicht angekommen), gleichzeitig mit einem aus Bautzen und einer Correspondenzkarte aus Leipzig. Ich knüpfe an meinen vorigen an. Von Solk ging's am 16. weiter in die Gegend von Nomeny, unserStheilS einmal in ein sehr gutes Quartier in einer Spitzenfabrik zu Manoncourt. Auf dem Marsch am 17. nach Pont ü Mousson begegneten uns viele Ver wundete aus der vortägigen Schlacht bei Viouville (Mars la Tour) zwischen Preußen und Franzosen. Unser Quartier fanden wir bei einem ceremoniellen Arzt. Am 18. August Marsch über Thiaucourt rc. nach Charcy; Quartier bei einem katholischen Pfarrer. Schon am Abend vorher hatten wir Kanonendonner ge hört und sahen am ganzen 18. Geschützdampf vor uns. Erste Nachricht von siegreicher Betheiligung unserer Sachsen. Am 19. allseitige Bestätigung der glänzenden Waffenthaten der II. Armee, speciell unseres XII. Ar mee-Corps. Auf dem Marsch über St. Julien nach Mars la Tour, wo ein große« Lazareth, begegneten uns fortwährend Verwundete und Gefangene. Bei St. Marcel erreichten wir das Schlachtfeld. Welch' schrecklicher Anblick! Die Schlacht vom 18. Aug. ist eine unerhört zähe und blutige gewesen. Kameraden, die bei Königgrätz mitgefochten, nannten die Königgrätzer Schlacht im Vergleich mit jener ein Kinderspiel. Die Franzosen haben sich ganz anders als die Oesterreicher gewehrt, haben wie die Löwen gefochten. In den zer schossenen, heute noch brennenden Dörfern lagen sie haufenweise todt. Bei jedem Schritt des Pferde« mußte man sich in Acht nehmen, daß es nicht auf einen