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Nr. 5«. Weißerih-Ieitung Vkranlworilicher Nedacteur: Lari Jehne m Dippoldiswalde. Erscheint Dienstagsund Freitags. 1. Juli 1870. Pr-U pro Quartal ' 10 Ngr. Inserate die Amts- und Meige-Klatt der Köaigtichen Verichts-Aemter und Stadträthe zu Aippotdismatde und /raueusteio. Tagesgefchichte. Dippoldiswalde. Ueber das am nächsten Mittwoch in Schmiedeberg zu feiernde Jahresfest der Gustav-Adolph-Stiftung werden wir Näheres betreffs der Anordnungen dazu in der nächsten Nr. dss. Blattes veröffentlichen. — Der Besuch des Theaters mehrt sich jetzt in erfreulicher Weise. Und die Leistungen sind auch ganz vortreffliche, namentlich die der Frau Becker (deren „Therese Krones" z. B. in rühmenswerthester Weise gegeben wurde), Frau Hetze, der Fräul. Fritzsche und Chwatal, der Herren Rieck, Theobald, sowie des neu engagirten Herrn Werner, und anderer Mitglieder. — Bei dem am 28. vor. Mts. hier abgehaltenen Ferkel markte waren 23 Stück zum Verkauf gestellt. Davon sind 13 Stück, das Paar zu 5 Thlr., 9 Thlr. und 10 Thlr., verkauft worden. Schönfeld, den 23. Juni. Gestern Nachmittag 51/2 Uhr ist der hiesige Zimmermann, Wirthschaftsbe- sitzer und Glöckner Ehregott Michael Walter, 60 Jahre alt, vom Dachboden seines Hauses gefallen und auf der Stelle todt geblieben. Er hinterläßt eine Witwe, vier Kinder und drei Stiefkinder und hat den Namen eines fleißigen Arbeiters und sonst Wackern Mannes. Dresden. Unser König ist am Dienstag nach Weimar gereist, wo er am Bahnhofe vom Großher zog empfangen wurde. Beide Fürsten begaben sich nach dem Belvedere, wo der Kaiser von Rußland, der auf der Heimreise begriffen, abgestiegen war. Dann sand eine großherzogliche Famlientafel und Abends eine Soiree statt, an denen sämmtliche Fürsten theilnahmen. Um Mitternacht trat unser König die Rückreise nach Pillnitz an. — DaS österreichische Ministerium hat die Con- cession für die sächsische Eisenbahnlinie Schandau-Seb- nitz-Bantzen, die auf eine Strecke von etwa 2 Meilen das nach Sachsen einspringende Gebiet des Reichen berger Kreises berühren muß, verweigert, obgleich für die industriell hoch entwickelte böhmische Strecke dieses Gebiets die Bahn ebenso wichtig ist, wie für die sächsischen Endpunkte. Die Entscheidung erfolgte unter dem Vor sitze des Reichskanzlers Grafen Beust, desselben großen Diplomaten, der noch als sächsischer Minister seinen Landsleuten die Concession der damaligen österreichischen Regierung zu erwirken versprach und der später, da die projectirte Bahn seinen Wahlbezirk berührt, nicht nur hinreichend Gelegenheit hatte, sich von der Noth- Wendigkeit der Bahnanlage zü überzeugen, sondern zum Ueberfluß auch noch seinen Wählern die ausdrückliche Zusage gab, nach dieser Seite hin für ihre Interessen mit eintreten zu wollen. Freiberg. Am letzten Sonntage erschoß sich hier der Jäger Geißler von hier. Die Ursache seines Todes erhellt aus folgenden Zeilen, die sich in seinem Notizbuche geschrieben vorfanden. Dieselben lauten: „Liebe Eltern, ich kann nicht umhin, mein Leben in einem so schmachvollen Elende durchzubringen. Es thut mir in der Seele weh, Euch so zu kränken, was viel leicht Euer Tod sein wird. Nur versorgt mir meine theuerste E. D. — Lebt Alle wohl und vergeßt nicht Euern ungehorsamen Friedrich Wilhelm Geißler. Es ist mir unmöglich, das Wort des Sergeanten Rauner aus meinem Herzen liegen zu lassen, welches lautet: Wenn ich eine Nase vom Hauptmann bekomme, haue ich Ihnen Ohrfeigen nein, so alt wie Sie sind. Ich will Sie schon nein stürzen!" Es ist dies seit Kurzem der dritte Todesfall, welcher in Folge übler Behand lung im hiesigen Jägerbataillon eintrat. Beachtens« werth bleibt eS, daß man bei der Artillerie hier der gleichen traurige Vorgänge nicht zu beklagen hat. Wien. Nach der Entlassung des Ministers Widman ist man zur Vervollständigung des Mini steriums geschritten und werden die Herren Stremahr, Petrino und Holzgethau dem im Ischl weilenden Kaiser zur Bestätigung rorgeschlagen werden. HU "' Spanien. Die Exkönigin Isabella hat in einer Proclamation an die Spanier ihre völlige Abdankung angezeigt, zu Gunsten ihres Sohnes, des Prinzen Alfons von Asturien. Rom. Aus verschiedenen Nachrichten ist zu ent nehmen, daß man sich noch in der zwölften Stunde zu einer mildern Fassung des Unfehlbarkeitsdogma'S ent schließen werde. Der bisher so starren Partei der Un fehlbarkeit im Concil scheint plötzlich vor ihrem eigenen Siege bange zu werden. Man spricht, nach dem St. PanlStage (29. Juni) werde das Concil vertagt und die Unfehlbarkeitserklärung verschoben werden; wie lange, ist nicht gesagt. Als Grund giebt man die jetzt in Nom herrschende außerordentliche Hitze an, die den Aufenthalt ungesünder als sonst mache. Konstantinopel. Die immense Feuersbrunst mit ihren verderblichen Folgen beschäftigt noch alle Ge- müther. Man zieht noch immer Leichen unter dem Schutte hervor und behauptet, daß die Zahl der in den Flammen Verunglückten bereits mit 2000 constatirt sei. Der König von Preußen hat zur Sammlung für die Deutschen unter den Abgebrannten 20,000 Frcs. gespendet.