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Freitag. Nr. 37. 13. Mai 1870. Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißeritz-Zeitrmg- M Ami». M Mkigk-Mt »er Königlichen Gerichts-Jemler und Sladlrölhe M Jipxoldiswalde Md /raskiftci«. Veranlworliicher Nedarteur: Lari Zehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 12. Mai. Unsere Hoffnung, mit dem wiederbeginnenden Frühjahr die endliche Aus führung der längst versprochenen Straßenverbindung nach Klingenberg hin zu erleben, scheint wieder eine vergebliche zu sein. Man hört und sieht Nichts von dieser Angelegenheit. Die Felder sind bestellt, auch die, durch welche eine Straße, folge man nun diesem oder jenem Projekte, führen müßte. — Es ist in der That unbegreiflich, mit welchen Hindernissen und Schwierig keiten unsere Gegend, speciell unsere Stadt, in dieser Angelegenheit zu kämpfen hat. Während in anderen Gegenden, auch im oberen Gebirge, Parallelstraßen, rein aus Staatsmitteln, gebaut worden sind, rührt man bei uns nicht Hand an, einen Bau auszuführen, zu dem Seiten der Stadt und des benachbarten Ber reuth namhafte Opfer angeboten werden, und der ge eignet wäre, einer in Verkehrswegen sehr stiefmütter lich behandelten Gegend endlich einmal etwas mehr Gelegenheit zu industrieller Entfaltung zu geben. HW" Von zuverlässiger Seite geht uns soeben die erfreuliche Nachricht zu, daß das Straßeuproject Dippoldiswalde-Klingenberg über Berreuth nunmehr so gut wie gewiß in diesem Jahre noch zur vollständigen Ausführung gelangen wird. — Bei dem am 10. ds. Mts. hier abgehaltenen Ferkelmarkt wurden 48 Stück zum Verkauf gestellt. Davon sind 26 Stück, das Paar zu 8, 9, 10 und 11 Thlr., verkauft worden. Dresden. Der Abgeordnete Walter giebt in der „Dresdner Gewerbe-Vereins-Zeitung" einen ausführ lichen Artikel über die Steuerreform, welcher sich gegen die Einführung der reinen Einkommensteuer auSsprichl, die im Princip ganz gut sein möge, aber im Leben, wo man mit vorhandenen Faktoren rechnen müsse, sich nicht bewähren und so lange eine große Ungerechtigkeit gegen den kleinen Mann bleiben werde, als nicht sämmtliche indirekte Steuern aufgehoben wären, und der darauf hinauskommt, der Regierung zu empfehlen, das Grundsteuersystem, wie die Gewerbe- und Personalsteuer, in der bisherigen Weise beizube halten, jedoch eine neue Bonitirung der sämmtlichen Grundstücke vorzunehmen und eine gleichmäßige Ver- theilung der Steuern eintreten zu lassen, auch eine Grundsteuer auf ländliche Gebäude einführen zu wollen. — Von Ferdinand Stolle in Dresden, dem frühern Dorfbarbier-Redacteur, wurde 1847 eine „Erzgebirgische Marienstiftung" gegründet, die den Zweck hat, armen Gebirgsbewohnern im Winter Arbeit und Brod und armen Kindern eine Weihnachtsfreude zu beschaffen. Wir machen auf diese wohlthätige Stiftung unsere Leser aufmerksam und bitten sie, dieselbe nach Kräften zu unterstützen und zu fördern. — Der Eintritt des Generalarztes vr. Rothe in das sächsische Armeecorps scheint mehrfache Verände rungen im Sanitätswesen zur Folge zu haben. So soll die Einführung einer neuen Uniform für die Militärärzte in Aussicht genommen sein, dergestalt, daß dieselben von 1871 ab dunkelblauen Wasfenrock mit schwarzen Sammtaufschlägen, silberne Achselstücken Epauletten und Degen wie die Offiziere tragen sollen. Tharandt. Der hiesige orthodoxe Geistliche Pastor Siedel scheint die Ohrenbeichte mit allen ihren Consequenzen einführen zu wollen. Gelegentlich der diesjährigen Confirmation wußte er einem 14jährigen jungen Menschen das Geständniß abzuzwingen, daß er vor längerer Zeit eigenmächtig sich für etwa 15 Pfennige Kirschen abgepflückt, und daraufhin denselben zum Er lang von 15 Pfennigen Erstattungskosten zu veranlassen. Leipzig. Die Inskriptionen bei hiesiger Universi tät sind so zahlreich, daß die Frequenzzahl in diesem Semester voraussichtlich die Zahl von 1600 ansehnlich übersteigen und sonach eine Steigerung von mehr als 100 gegen die bekanntlich sehr hohe Ziffer des vorigen Winterhalbjahres ergeben wird. — Am vergangenen Meß-Sonntag sind auf den hiesigen Eisenbahnen über 18000 Fremde angekommen. Berlin. Das Zollparlament hat die Erhöhung des Kaffeezolles von 5 Thlr. aus 5 Thlr. 25 Ngr. pro Centner wider Erwarten genehmigt. Der Zoll für Roheisen ist auf 2>/2 Ngr. pro Centner und der für Reis auf 15 Ngr. (statt 1 Thlr.) festgesetzt worden. Eine Ermäßigung der Zölle für baumwollenes Garn und baumwollene Gewebe wurde abgelehnt. Stuttgart. Am 9. Mai ist der Prinz Friedrich von Würtemberg, Bruder des verst. Königs und Schwager des regierenden, gestorben. Er war 1808 geboren. Sein Sohn, Prinz Wilhelm, ist 1848 ge boren; er wird den Thron erben, wenn der jetzige König ohne Hinterlassung von Kindern sterben sollte. Paris. Das Plebiscit in Frankreich ist vorüber; die gefürchteten Ruhestörungen haben nur in einigen Quartieren von Paris stattgefunden, wo man Barrikaden baute, die aber bald vom Militär geräumt wurden. Volksansammlungen wurden zerstreut, einige Meuterer verwundet; ein Soldat ging zu den letzteren über, wurde aber verhaftet. Man sang die Marsellaise und rief: „Es lebe die Republik!" — Das Resultat der Volksabstimmung ist vollständig und genau noch