Volltext Seite (XML)
Freitag. Nr. 31. 22. April 1870. Weißerih-Zeitung. K Amts- und Anzeige-Platt der Königlichen Gerichts-Jemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und /rauenfleiu. Vrrglüworüichrr Redakteur. Carl Zehne in Dippoldiswalde. Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postünstalten. Tagesgefehichte. Dippoldiswalde, den 15. April. War auch schon der Gründonnerstag ein echtes Kind des wetterwendischen April, so überraschte uns dennoch der Charfreitag nicht wenig durch einen von Wind und Graupelwetter be gleiteten Schneefall, der die in den letzten herrlichen Frühlingstagen sichtlich aufsprossenden »Fluren ringsum abermals in eine weiße Winterdecke gehüllt hatte. Doch das am Mittag wieder wechselnde Wetter, dem sogar der Helle Sonnenschein nicht fehlte, war uns günstig, und so wohl der in der Begräbnißkirche St. Nicolai stattfindende liturgische Gottesdienst, als auch das um 4 Uhr in der Stadtkirche beginnende geistliche Concert waren so zahlreich besucht, wie man dies nach den trüben Aus sichten am Vormittag kaum erwarten konnte. Die Be gräbnißkirche war auf allen Sitzplätzen gefüllt und Viele der schon vor Beginn des Gottesdienstes kommenden Kirchengängern konnten Texte zu den Gesängen und Responsorien nicht mehr erbalten. Bot auch die Be gräbnißkirche durch Wegnahme der Seiten-Emporen im Ganzen einen freundlicheren Anblick als sonst, so ist doch eine weitergehende Restauration derselben dringend zu wünschen und Alles aufzubieten, um weitere Kreise für dieses Werk der Neugestaltung zu interessiren. Vor Allem dürfte sich wenigstens die Anlage eines Raumes zur Aufbewahrung der Begräbnißgeräthschaften nöthig machen, denn der Hintere Theil der Kirche stört immer noch den Eindruck, den man von einem Gotteshause erwartet. Der Verlauf des Gottesdienstes war ein würdiger, und dürfte sich eine zeitweilige Wiederholung liturgischer Gottesdienste wohl empfehlen. — Die Ausführung der „sieben Worte des Erlösers am Kreuze" von Jos. Haydn unter der Leitung des Herrn Cantor Hellriegel, war, nicht allzuhoch gespannten Erwartungen gegenüber, gewiß als eine recht gelungene zu bezeichnen. Genau 14 Jahre früher war diese geistliche Musik unter der Leitung des Hrn. Rector Nadler, jetzt Pfarrer in Possendorf, der bei der gestrigen Aufführung auch unter den Zuhörern an wesend war, von dem damals hier bestehenden „Lieder kranze" aufgesührt worden. Diesmal hatte der Damen- und Männergesangverein die Ausführung, und wir können wohl sagen, zu allseitiger Zufriedenheit, über nommen. Gewiß wird Hr. Cantor Hellriegel durch den Erfolg dieser Aufführung ermuthigt werden, uns bis weilen wieder durch ähnliche Produktionen zu erfreuen. — Das am Palmsonntage im Oberhäslicher Walde aufgefundene Kind hat am 19. April in hiesiger Etadtkirche die Taufe erhalten. Mehrere angesehene Männer hatten die Pathenstellen übernommen. — Auch Dippoldiswalde hat seine, wie wir hören, jetzt noch nicht beendete Strike! Die Schneider gesellen haben in der vergangenen Woche mittelst Circulars sämmtlichen Meistern kund gegeben, daß sie nur gegen einen Ausschlag von 20 Procent bei sogen. Kleinarbeiten und einen solchen von 15 Procent bei Großarbeiten fernerhin noch arbeiten würden. Es hat nun zur Ausgleichung dieser Angelegenheit eine von den Gesellen gewünschte gemeinsame Berathung und Beschlußnahme der Meister nicht stattgefunden; jedoch haben sich, wie wir vernehmen, bis jetzt die Mehrzahl mit ihren Leuten selbst geeinigt und zwar unter Ge währung höherer Löhne, als bisher (wir hörten von 10 Procent für alle Arbeiten). So konnten denn, Gott sei Dank, die vielen neuen Feiertagskleider ihren Be stellern noch rechtzeitig geliefert werden. Dippoldiswalde. Der von unserm landwirth- schaftlichen Verein in's Leben gerufene, an jedem Dienstag abzuhaltende Ferkelmarkt hat bisher recht erfreuliche Resultate geliefert. Am 12. April, dem ersten Markt, waren über 120 Stück anher gebracht, von denen 65 zum Preise von 2*/, bis 5 Thlr. das Stück verkauft wurden. Am 19. April (sog. dritter Feiertag) stellte man 56 Stück zum Verkauf, die sämmtlich bis auf 6 Stück zu Zi/r bis 6 Thlr. pro Stück abgingen. — Der Gutsbesitzer Hamann in Oberhäslich, in dessen Scheune am 6. April ein Feuer ausbrach, ist wegen Verdachtes der Brandstiftung gefänglich ein gezogen worden. Dippoldiswalde, den 21. April. Unsere Leser werden sich erinnern, daß wir schon wiederholt in diesem Blatte auf die Wichtigkeit der künstlichen Fisch zucht aufmerksam gemacht und zur Einrichtung derselben in unserer Gegend aufgefordert haben. Bisher hat, soviel uns bekannt, nur Hr. Förster Gleichmann in Beerwalde Versuche darin gemacht; jetzt ist aber diese volkswirthschaftlich wichtige Angelegenheit von einer zu diesem Zwecke zusammengetretenen Vereinigung von Männern, die Interesse daran haben, genau in's Auge gefaßt worden, und steht zu erwarten, daß noch in diesem Sommer und Herbst mit den nöthigen Vorar beiten und Versuchen in dieser Hinsicht begonnen werden wird. Wir werden nicht verfehlen, sobald als That- sächliches vorliegt, — und vielleicht kann dies bald ge schehen — unseren Lesern darüber zu berichten. — Bekanntlich ist unsere Stadt seit länger, als einem halben Jahre, von dem in unserem engeren Vaterlande, aber auch außerhalb dessen, herrschenden Lehrermangel mit betroffen worden, und immer noch ist die erledigte Hilfslehrerstelle unbesetzt. Aus