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— 310 Hörensagen, — denn alle Borbereitungen waren sehr geheim gehalten worden, — daß an diesem Tage das fünfundzwanzigjährige Jubiläum des Herrn Superinten denten vr. Hasse merkwürdiger Weise nicht im Orte selbst, sondern im Gasthofe des Dorfes Nassau festlich begangen werden solle. Natürlich war es da zu spät, dem Jubilar die herzlichen Wünsche der Gemeinde selbst darzubringen und mußte diese sich begnügen, Tags darauf dieselben dem Jubilar schriftlich zuzufertigen. Wenn man aber die Zustände in Frauenstein, wie sie jetzt sind, eben berücksichtigt, so nimmt eS Niemand Wunder, daß solche Taktlosigkeit, wie die völlige Jgno- rirung der Gemeinde rc., bei einem Feste, das ihren Seelsorger, den sie liebt, betrifft, von Jemandem aus geht, der in letzterer Zeit durch dergleichen Taktlosigkeiten sich mehrfach bemerkbar gemacht hat. Schreiber dieses hat es von vielen Seiten aussprechen hören, daß ein derartiges Auftreten öffentlich in der Presse besprochen werden möge, damit man in auswärtigen Kreisen wenigstens erfahre, an wem die Schuld, daß der Jubilar an seinem Festtage von seiner Gemeinde nicht seiner würdig begrüßt werden konnte, nicht liegt. Im kleb rigen hoffen wir sehnsüchtig aus die Zeit, wo es bei uns in vielen Beziehungen wieder besser werden wird, wo namentlich die Exklusivität und der Dünkel, die wir früher gar nicht kannten, unser geselliges Leben nicht mehr stören werden; ja wir hoffen sehnsüchtig darauf, da wir glauben und überzeugt sind, daß wir vor Gott Alle gleich sind, mag dem Einen oder Andern hier der Genuß von Zinsen und der Besitz höherer Bil dung reichlicher oder spärlicher zugemessen sein, und daß wir durch Anregung wahrer Bildung immer mehr dazu beitragen sollen, daß das Wort erfüllt werde: „Liebet Euch unter einander!" Glashütte. Nächsten Sonntag wird bei uns ein recht reges turnerisches Leben herrschen. Es soll nämlich an diesem Tage das Sommerturnen auf unserm Turnplätze beginnen; es sind dazu, wie gewöhnlich, an die Nachbarvereine Einladungen ergangen, und zwar — in Folge der Gruppirungen der Gauver bände — auch an solche, mit denen wir hier theils noch wenig, theils seit längerer Zeit keinen Verkehr gehabt haben. Auch aus Dresden haben sich 60 Turn genossen zum Besuch angemeldet, und dürfen wir da her, bei zu erhoffendem schönen Wetter, ein frisches, fröhliches Turnerleben erwarten. — Man geht hier mit dem Gedanken um, eine städtische Sparkasse in's Leben zu rufen. Es würde außer den Vortheilen für die Einleger selbst, auch den Steuerzahlenden eine Beihülfe geschaffen werden, welche immer willkommen sein wird. Reinhardtsgrimma. Der hiesige „Unter stützungs-Verein" feierte am 1. Mai das Fest seines 25jährigen Bestehens, nud wurde dasselbe für alle Mit glieder zu einem wahren Freudenfeste. Nach einem, dem Vereinsvorsteher Herrn Ortsrichter Müller von unserm Musikchor gebrachten Morgenständchen, begaben sich Deputirte zu Erstgenanntem, um ihm für die vielen Verdienste, die er sich um den Verein erworben, im Namen des Vereins zu danken. Nachmittags 3 Uhr versammelten sich alle Mitglieder im Herrschaft!. Hofe zu einem Festzuge, wozu man Hrn. Gemeindevorstand Hofmann und Herrn Vorsteher Müller abgeholt, und dem sich die Herren Rittergutsbesitzer Oberlieut. Aster und Pastor Stichart freundlichst anschlossen. Im Fest locale angelangt, wurde ein Choral gesungen, worauf eine Ansprache des Hrn. Rechnungsführers Ad. Claus folgte, in welcher derselbe den Ursprung und die Zwecke des Vereins darlegte und sich hierdurch allgemeinen Dank erwarb. Nach einem kurzen Tänzchen folgte das Gastmahl, das durch mehrere Toaste, besonders den des Herrn Pastor Stichart gewürzt wurde, der aner kannte, wie der Verein seit seinem Bestehen sich un unterbrochener Liebe und Eintracht erfreut habe, den Segen Gottes für ferneres Gedeihen erflehend, der bei so vortrefflicher Vorsteherschaft nicht ausbleiben werde. Bemerken wollen wir noch, daß Herr Oberlieut. Aster in Anerkennung der guten und segenbringenden Vereins zwecke, unter Gewährung eines reichen Eintrittsgeldes, sich dem Vereine anschloß, und daß auch Herr Gem.- Vorst. Hofmaun der Vereinscasse ein Opfer der Liebe brachte, wofür denselben auch hier herzlicher Dank ge sagt sei. Möge noch Vielen der Theilnehmer das 50jährige Stiftungsfest zu begehen, beschieden sein, und dies so heiter vergehen, als das eben besprochene. Dresden. Der Großherzog von Hessen ist am Montag und Dienstag am hiesigen Hofe zum Be such gewesen und über Leipzig nach Darmstadt zurück gereist. — Seit dem 1. Mai ist im k. Großen Garten das Nesmüller'sche Sommertheater wieder eröffnet. — Der zoologische Garten bietet den Besuchern jetzl, da viele neue Thiere angekommen, großen Genuß. Wien. Die Führer der czechischen Partei sind von hier wieder nach Prag zurückgereist; sie werden dort auf Grund der hier gepflogenen Verhandlungen mit ihrer Partei weitere Berathungen vornehmen und dann abermals mit der Regierung verhandeln. Die letztere hat jedoch, bei aller Geneigtheit zu Concessionen in nationaler Beziehung, alle auf Aenderungen in den staatsrechtlichen Beziehungen abzielende Postulate von vorn herein abgelehnt. Karlsbad. Die abnormen Witterungsverhältnisse dieses Frühjahrs sind Ursache, daß unser altberühmter C urort in diesem Jahre noch gar nicht so besucht ist, als sonst. Die Vegetation ist noch ungemein zurück, kaum sieht man die ersten Knospen. Der hier zur Cur anwesende Kronprinz von Preußen lebt unter dem Namen eines Grafen von Liegen, nur von zwei Adjutanten begleitet, ein höchst bescheidenes Dasein; er nimmt des Morgens seinen Brunnen, promenirt, fährt des Nachmittags einmal aus und bewegt sich überhaupt wie jeder andere Curgast. Seit einigen Tagen weilt auch der Erzherzog Karl Ferdinand hier; die Berührungen indeß, die zwischen den beiden Hoheiten stattgefunden, sind bisher nur rein formaler Natur ge wesen und nicht über einen Höflichkeitsbesuch hinaus gegangen. Auch der Fürst von Liechtenstein ist bereits zur Cur eingetroffen und der Kurfürst von Hessen wird demnächst erwartet. — Die Eisenbahn zwischen hier und Eger soll am 1. Juli eröffnet werden. Der Cur- ort wird durch diesen neuen Verkehrsweg, der auch Teplitz in sein Bereich zieht, gewiß sehr gewinnen, und hoffentlich nicht nur durch Erhöhung der Frequenz für seine Bewohner, sondern auch für seine Gäste, für die hier, im Vergleich zu andern Badeorten, in vieler Beziehung noch zu wünschen übrig bleibt! Paris. Ueber das Complot gegen das Leben des Kaisers (s. vor. Nr.) hört man folgendes Nähere. Die Pariser Polizei war seit einiger Zeit unterrichtet, daß im Auslande lebende Flüchtlinge im Cinverständ-