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Nr. 33. Weißerih-Ieitung 29. April 1870. Pr-ii pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8Pfg. Fieitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zn Dippoldiswalde nnd /ranevstei«. verMwortlicher Nr-artkur: Lari Lehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, den 28. April. Nach einer kurzen Schulprobe wurde gestern Hr. Oberländer, bisher Lehrer in Pforten bei Gera, zum Hilfslehrer an hiesiger Stadtschule gewählt, und wird derselbe, wie wir hören, gleich hier bleiben, um sein Amt anzutreten. Heute wurden in hiesiger Stadtschule 71 Kinder neu ausgenommen, nachdem schon vor Ostern 16 Schüler eingetreten sind, die vorher bereits eine andere Schule besucht haben. — Der letzte Jahrmarkt verlief unter ungünstiger Witterung sehr flau; es fehlte an Besuchern und an Kauflust. — Der VerschönerungS-Berein hat nun die Promenadenbänke in der Eich- und Birkenleithe aufge stellt, darunter 3 neue ; die Pflanzung einer Kirschallee auf der Aue steht in nächster Zeit in Aussicht; die Anpflanzungen an der EonstitutionSeiche sind bereits beendet. Dresden. Das neue Ho ft Heater, dessen Plan Prof. Semper bereits vollendet hat, soll ein Prachtbau werden, der sich ebenso durch Schönheit und Zweck mäßigkeit, als durch Originalität der Anlagen aus zeichnen wird. Der Grundplan nähert sich dem der griechischen Bühne mit ihrer amphitheatralischen Anord nung des ZuschauerraumS; Wagner'S Idee des unsicht baren Orchesters soll im neuen Dresdner Theater zur Ausführung kommen. Dem entsprechend wird auch die Fayade eine wesentlich andere werden, als bei'm alten Theater. Der neue Bau wird in der Linie des alten zu stehen kommen, aber weiter zurück nach dem Zwingerpark versetzt werden. C. M. v. Weber's Statue oll vor das neue Theater, auf den jetzigen Theater- >latz versetzt werden. Für das ganze großartige Semper- che Projekt dürften vermuthlich die 400,000 Thaler, welche das Land hierzu bewilligt hat, nicht ausreichend sein. — Die General-Commandos der norddeutschen Armee sind angewiesen worven, dahin Vorsorge zu treffen, daß die Herbstübungen spätestens den 15. September beendet sind. — An den drei Meß-Sonntage» (1., 8. und 15. Mai) werden auf der Leipzig-Dresdner Eisenbahn die sog. Meß-Extrazüge von Dresden (resp. Meißen) nach Leipzig abgehen: früh 5^/s Uhr von Dresden über Riesa nach Leipzig, früh 6 Uhr von Meißen über Döbeln nach Leipzig. Die BilletS zum einfachen Preise sind zur Hin- und Rückfahrt gültig und kann man Abends 6 resp. 7 Uhr 10 Mim, sowie Nachts lO'/i und 10°/i Uhr von Leipzig nach Dresden zu rückfahren. Berlin. Seit dem 1. April dient eine ganze Anzahl Badenser, die sich zur Absolvirung ihrer Studien auf der hiesigen Universität, der Gewerbebau- Akademie rc. befinden, auf Grund der Militär-Convention zwischen dem Nordbund und Baden als einjährige Frei willige, in den hier garnisonirenden Garderegimentern. Die jungen Leute tragen zwei Kokarden an der Mütze, die badische (roth-gelbe) über der preußischen (schwarz weißen). Umgekehrt dienen auch bereits Preußen in badischen Regimentern. Uniformirung, Bewaffnung und alle sonstigen Einrichtungen sind bekanntlich in Baden wie im Norddeutschen Bunde ganz dieselben. Kassel. Die in diesem Sommer hier abzuhal tende Allgemeine Industrie-Ausstellung für das Gesammtgebiet des Hauswesens wird sich ungemeiner Theilnahme erfreuen; auch die deutschen Eisenbahnen leisten durch Extra-Züge und verlängerte Gültigkeit der Billets vielen Vorschub. Hamburg. Hier haben die Zimmergesellen die Arbeit eingestellt. Bemerkenswerth ist ihr Ver langen: daß kein auswärtiger Gesell eher beschäftigt werden soll, als bis alle Hamburger Zimmerer mit Arbeit versehen sind! Man glaubt sich mit einem Schlage in die volkswirthschaftlich unmündigste Zeit mittelalterlichen Zunftwesens versetzt, — so dumm ist das Ansinnen. Wien. Durch kaiserliche Entschließung wird für alle Preßverbrechen und Preßvergehen eine Amnestie ertheilt und die bereits anhängigen Preßprocesse nieder geschlagen. — Der nunmehr 11^/s Jahr alte Kronprinz Rudolph hat am Ostermontag seine erste Communion gefeiert. — DaS Ministerium Potocki ist mit seinen Vor schlägen fertig, hat dem Kaiser die Entwürfe vorge tragen, und haben dieselben Billigung gefunden. Man spricht von hoffnungsvoller Stimmung der Minister und ihren zuversichtlichen Aeußerungen, daß es schon gehen werde. Die Forderungen der Böhmen nach einem separaten staatsrechtlichen Verbände der Länder Böhmen, Mähren und Schlesien sollen vor der Hand noch gar nicht berücksichtigt sein. Die Krönung des Kaisers zum König von Böhmen wird allerdings für den Fall, daß eine Verständigung mit der czechischen Opposition erzielt wird, in Aussicht genommen, doch auch diese- mit dem feierlich zu constatirenden Vorbe halt, daß aus diesem Acte keinerlei Consequenzen ge-