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Dienstag. Nr. 4«. 24. Mai 1870. U Weißeritz-Zettrmg. G IM,- md JiMk-Ma» der KSmglichm Gerichls-Imler -nd MÄlrillht M Pippoldiiwaldk md /raikijlkiii. «rrantwortlichkr Nedartkur: Carl Zehne in Sippoldirwslde. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 23. Mai. DaS für die Zwecke des Verschönerungs-Vereins gestern Abend stattgehabte, sehr zahlreich besuchte Concert hat in allen seinen einzelnen Nummern sehr befriedigt und haben die Mitwirkenden reichen Beifall geerntet. Ganz besonders war dies der Fall für die ausgezeichnete Darstellung der Dorn'schen Operette „ein Damenkaffee" durch vier junge Damen, die mit nicht genug anzuerkennenden Mühen unter Leitung unseres Herrn Cantors den Schwank einstudirt hatten und in wirkungsvollster Weise aufführten. Sei ihnen auch hierdurch herzlich gedankt! Dem obengenannten Vereine sind durch diesen Abend wieder ansehnliche Mittel zur Ausführung seiner schönen Zwecke zugeflossen. — Bei der am 18. auf der „goldenen Höhe" stattgefundenen Versammlung landwirthschaftlicher Vereine hatte Hr. Prof. Stöckhardt mit Säuren expe- rimentirt. Als bald darauf die dazu benutzten Gläser gereinigt und ins Wasser gebracht wurden, explodirten sie mit furchtbarem Knall und die Splitter verletzten eine Frau an der Hand und im Gesicht. — Beim Dippoldiswaldaer Ferkelmarkt am 17. Mai waren 20 Stück Ferkel zum Verkauf gestellt, welche sämmtlich, zu den Preisen von 9, 10, 11, 12 und 13 Thlr. das Paar, verkauft wurden. Naundorf (bei Schmiedeberg). Am verflossenen Sonnabend, 21. Mai, ist Nachmittags gegen 3 Uhr der Tagelöhner und Hausbesitzer Carl Stenzel aus Sadisdorf dadurch verunglückt, daß sich ein an einer Böschung der neuen, nach Naundorf führenden Straße befindlicher Wurzelstock, den er auszuroden beschäftigt gewesen, vorzeitig gelöst und beim Herabfallen von der Böschung den Kopf Stenzel's vollständig zerschmettert hat. Unvorsichtigkeit, mit der Stenzel beim Ausroden des Stockes zu Werke gegangen, ist als die Ursache des Unglücks anzunehmen, und ist gegenwärtiger Fall um so beklagenswerther, als Stenzel als ein allgemein geachteter Mann und tüchtiger, fleißiger Arbeiter be kannt war. Derselbe hinterläßt eine Wittwe und ein wenige Wochen altes Kind. Dippoldiswalde, den 21. Mai. Bei Gelegen heit des 200jährigen Iubliäums der zwei sächsischen Garde-Regimenter, zu Ende vorigen Monats, wurde bei dem solennen OfficierSdiner in dem Speisesaale des Cadettenhauses als Decoration auch ein Zelt benutzt, das die Sachsen als Beutestück von der Entsetzung Wiens im Jahre 1683 mit heim brächten, und das von keinem Geringeren bewohnt worden war, als von Kara Mu stapha, dem Großvezier des Sultans Mahomed IV. Bekanntlich drangen im Jahre 1683 die Türken unter dem genannten Großvezier das letzte Mal bi« vor die Mauern Wiens, das schon oft als ein unbesieglicheS Bollwerk sie von weiterer Ausdehnung ihrer Raubzüge abgehalten hatte. 60 Tage lang trotzte Wien unter dem tapferen Stadtkommandanten Rüdiger von Stahrem- berg dem Andringen der fanatischen Belagerer, bis end lich, geführt von Johann Sobieskh, dem Könige von Polen, die langersehnten Ersatztruppen vorrückten, denen sich auch die Sachsen, unter der persönlichen Führung des Kurfürsten, Johann Georg III., angeschlossen hatten. Das Zelt des Großveziers Kara Mustapha, das noch heute im historischen Museum zu Dresden, der soge nannten Rüstkammer, zu sehen ist (das aber weder in Bezug aus Größe, noch auf Pracht den Vorstellungen entspricht, die sich eine kühne Phantasie vielleicht davon machen dürfte), war ein Stück der damaligen reichen Beute. UebrigenS war mit der Entsetzung Wiens die Thätigkeit der Sachsen nicht beendet. Zur Säuberung Ungarn's von den Türken blieben dieselben noch mehrere Jahre dort, nahmen auch an der Eroberung von Ofen (1686) und der völligen Vertreibung der Türken theil. Bei dieser Gelegenheit fehlte es auch an lebendiger Beute nicht. Sicher ist es vielen unserer Leser inter essant, was uns Hr. Pastor Germann in Pretzschen dorf aus dem dasigen Kirchenbuche mittheilt: „Röllutu LlurZuretdu, eine geborene Türkin, welche 1686 bei der harten Belagerung und glücklichen Er oberung der Stadt Ofen, durch einen Soldaten, welcher zu vor ihrer Mutter den Kopf abgehauen, ist auf einen Wagen geworfen und in die Christenheit nach Schlesien gebracht worden, da sie ein Hauptmann bekommen, welcher hernach sie verehrt hat dem hochedelgeborenen Herrn Georg Friedrich von Knobelsdorf, Churfürstl. Leutnant auf Rüdersdorf in Schlesien und Nieder-Prebschendorf in Meißen, Erbherrn und dieses Ortes Oon-OoIIutori, welcher hernach aus Schlesien sie herausgebracht und nebst seiner Liebsten Pit. Frauen Christianen Margarethen von Schrenkendorff diese große Wohl- that an diesem armen Kinde, so ungefähr 9 Jahre alt ist, gethan und sie in der Kirche allhier hat taufen lasten, mit ziemlichen Unkosten, indem sie drei Tage ein kostbares Kind taufen gleichsam ausgerichtet. Gott vergelte diese und andere Wohlthaten bei diesem Werke, der armen Heidin erwiesen, mit zeitlichem und ewigem Segen! Ihr Vater, wie sie sagt, ist ein Barbier, den Namen weiß sie nicht, die Mutter habe Lutkiru, sie aber Msto geheißen. Sie ist vorher von mir dem Pfarrer (N. Johann Samuel Adami, als Nisuncior durch schöne Lieder bekannt) informirt worden, so daß sie bis in die 60 Fragen wohl zu beantworten gewußt. Zur Taufe, bei welcher der benachbarte Adel die Stelle der Taufzeugen vertrat, ist sie geführt worden vom Pit. Herrn Georg Pistorius,