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Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch aüe Postanstalten. Nr. IV1 30. Decernber 1870. Wrißerih-Zeitung. Preis pro Quartal 10 Rgr. Inserate die Spalten-Zeil« ' .3M. Äurts- und Au)tigt-Dlatt der Köviglichtn Gerichts-Itmlrr «nd Atndlrathc zu Dippoldiswalde und /raaensteia. Vcr.mlwortlichrr sirdöltrur: E-irl Zrhnr i» vippoldiswaidr. Nur noch wenige Stunden, und ein Jahr beschließt seinen Kreislauf, wie es unser deutsche« Vaterland noch nimmer erlebt. ES wird verzeichnet stehen auf den ehernen Tafeln unserer Geschichte al« «in Jahr blutigen Kampfes und glorreichen Sieges; möge eS darauf auch «ingegraben stehen als «in Jahr bleibenden Segen»; es wird mit feurigem Glanze leuchten al» ein Jahr wilden Kriege», möge e» auch strahlen al» «in Jahr beginnenden Glanze» für aste Stämme und Gaue de» geeinten Vaterland«». Wa» wir fürchten konnten, al» sich die drohenden politischen Wolken zu entladen begannen, daß mindesten« zum Theil «Nh und Donner auch deutsche Fluren der- Heeren würden, e» ist in Gnaden von un» abgewendet geblieben; die gerechte Sache hat ihre Opfer gefordert, der edelsten Opfer viele und schwere, aber es steht zu hoffen, daß schon im neuen Jahre au» ihnen eine reiche Saat de« Segens hervorsprossen werde. Hat un» das bald verstossene Jahr gezeigt, wodurch allein Deutschland stark zu sein vermag, so hat e« uns auch für da« Gemeindeleben die Wege gezeigt, wodurch dasselbe sich zu erfreulicher »lüthe entwickeln kann. Wenn Gemeinfinn, Opferfreudigkeit, Aufopferung für da« allgemeine Wohl, mannhaftes ««harren auf dem al» recht erkannten Ziele, die »ethätigung uneigennütziger Bruderliebe hier «ine Stätte fanden: dann wird e» um Staat und Gemeinde immer wohlbestellt sein. Die Presse ist sich bewußt, wieviel sie dazu beitragen kann, ja beizutragen verpflichtet ist: daß immerund immer wieder auf dies« Grundsätze und Gesinnungen hingewiesen werde und dieselben lebendig erhalten und ge pflegt werden. Kann auch ein in seinem Umfange beschränktes Blatt, wie da» unsrige, in dieser Hinsicht verhältnißmäßig nur wenig thun, so können wir un» doch ohne Selbstüberhebung dem Bewußtsein hingeben, an unserem Theile redlich das Unsere gethan zu haben, daß wahrhafter Patriotismus und Gemeinfinn auch in den Kreisen verstanden und geübt werde, welche sonst nicht Gelegenheit haben, anderen Blättern ihre Aufmerksamkeit zu schenken. Wir brauchen wohl nicht zu versichern, daß das Panier de« Fortschritt» auch im neuen Jahre von un» hochgehalten und Alle» gethan werden wird, immer neue Mitkämpfer für denselben zu gewinnen; daß wir bestrebt sein werden, Aufklärung, Verständniß und Theilnahme für öffentliche, Staats- und Gemeinde-Angelegenheiten, nach Kräften zu fördern. Mit dem Wunsche, daß da» neue Jahr un» recht bald mit dem unschätzbaren Geschenke eine» ehren vollen und dauerhaften Friedens beglücken möge, empfiehlt sich allen ihren Freunden die Redaktion. Am Jahresschlüsse. Ein großes, gewaltiges Jahr liegt hinter uns! Wer hätte sich an dessen Beginne träumen lassen, daß wir am Schlüsse des Jahres nahe an Bierhundert Tausend französische Soldaten als Kriegsgefangene in deutschen Festungen und Baraken zu verpflegen haben würden, daß der gefürchtete Kaiser Napoleon unser unfreiwilliger Gast auf WilhelmShöhe sein könnte? Mit diesen Worten fassen wir das Resultat deS furchtbaren Kampfes zusammen, der sich in der zweiten Hälfte deS scheidenden Jahres vor unseren Augen voll zogen, des Kampfes, der zwar schon lange drohend am politischen Himmel stand und mit geschichtlicher Nothwendigkeit kommen mußte, dessen Ausbruch aber wir friedliebenden Deutschen noch in weiter Ferne wähnten. Jahrhunderte lang hatte der an Händen und Füßen gefesselte deutsche Riese nur das Recht, für sich zu träumen und für Andere zu denken; da sprengte er im Jahre 1866 auf den Schlachtfeldern Böhmen» seine Fesseln und fing an, sich sein eigene» Hau» zu bauen. Der Franzmann wollte die» nicht leiden und mit frevel haftem Uebermuthe den friedlichen Bau de» Riesen stören. Da erhob sich der Gewaltige zum Kampfe und schlug und schlug seinen Gegner so gründlich, bi» da» obige, in der Geschichte noch nicht dagewesene Ergebniß erreicht war — eine moderne Völkerwanderung: — die Franzosen gefangen in Deutschland, die Deutschen al» Sieger in Frankreich! Der alte Spruch: „Wen die Götter verderben wollen, den verblenden sie," hat sich auch in diesem Kampfe bewährt. Der blindlings unternommene Krieg wurde in gleicher Verblendung von den republikanischen Machthabern Frankreichs ausgenommen und bisher fort gesetzt zum grenzenlosen Ruine Frankreichs. Hoffentlich hat gerade diese völlige Crschöpfrmg der moralischen und materiellen Mittel unserer Feinde den Bortheil für un», daß sie für eine längere Reihe von Jahren Ruhe halten, al» die» bei einem raschen Friedensschlüsse im September der Fall gewesen wäre. Inzwischen ist die deutsche BerfassungSfrage zum Abschlüsse gelangt, da» deutsche Reich wieder her-