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Freitag. 95 3. Pecember 1869. M Weißerttz-Zettung. A anstalten. Amts- und Anzeige-AM der Königlichen Gerichts-Aemter und Stadtrathe M Dippoldiswalde und Frauevstein Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Monats-Bericht. Im a-gelaufenen Monate schwieg die große Politik gänzlich, und wir haben von kemer Thatsache zu berichten, welche geeignet gewesen wäre, die fried- lichen Beziehungen der europäischen ^tackte irgendwie zu stören.' Vorzugsweise wurde die öffentliche Aufmerk samkeit durch die am 17. d. M. unter großen Feier lichkeiten stattgehabte Eröffnung des Suezcanals in Anspruch genommen. Ob dieses großartige Bauwerk des 19. Jahrhunderts den davon gehegten Hoffnungen und Erwartungen entsprechen, und wie man glaubt, dem ostindischen Handel eine neue Bahn bereiten wird, ist eine, zur Zeit noch bestrittene Frage. Jedenfalls werden noch mehrere Jahre vergehen, ehe sich die Wirkungen dieses neuen, ganz wesentlich kürzeren Wasser wegs von Europa nach Asien übersehen lassen. In Oesterreich verspricht man sich namentlich für Triest und in Italien für Venedig große Resultate in Bezug auf Belebung des Handels, und beide Städte machen schon erhebliche Anstrengungen, um die Früchte, welche diese neue Wasserstraße ihnen zuführen soll, zu ernten. Im Uebrigen läßt sich der November für Deutsch land als der Monat der parlamentarischen Kämpfe bezeichnen. Namentlich war es die nationale Frage, über welche die Parteien hart an einander geriethen. Während im preußischen Landtage, bei dem An träge gegen das Bundesoberhandelsgericht, in der Ab rüstungsfrage und in Betreff der Erweiterung der Bundescompetenz, die nationale Partei zum Theil mit großer Majorität den Sieg über die Partikularisten davon trug, gestaltete sich im sächsischen Landtage das Stimmenverhältniß umgekehrt, und die nationale Partei blieb in der AbrüstungSsrage entschieden in der Minderheit. Nächstdem fanden vorzugsweise auf kirch lichem und finanziellem Gebiete lebhafte Debatten in beiden Landtagen statt. Es wird ohne Zweifel noch mancher geistigen Kämpfe bedürfen, ehe die sowohl in der protestantischen als katholischen Kirche begonnene Bewegung zu einem befriedigenden Abschluß gelangt. — In Baiern scheint bei den Neuwahlen die ultramon tane Partei die Majorität erlangt zu haben. Werfen wir noch einen Blick auf das Ausland, so begegnen wir in Spanien noch der alten Unsicher heit der Lage, dem Mangel eines Bewerbers für den vacanten Thron. In Frankreich hatte die Regierung vielfache Angriffe der Opposition zu erleiden. Die Nach wahlen in Paris fielen im radikalen Sinne aus, und darf einer sehr beregten Session entgegensehen. Im Allgemeinen darf als ein erfreuliches Zeichen fort- schreltender politischer Bildung auch unter den Franzosen begrüßt werden, daß die öffentliche Stimme sich fast einmüthig gegen jede gewaltsame Revolution ausspricht, und die Volksüberzeugung dahin geht, daß der Kamps gegen das persönliche Regiment des Kaisers lediglich in der Presse und auf der Tribüne des gesetzgebenden Körpers zu führen sei. In der That scheint eS, als ob das Ministerium nach Eröffnung der Kammern einem liberalen Cabinete Platz machen würde. —rr Die Straßenbau-Projekte Dippoldiswaldes Reichstädt Klingenberg. Wie unsern Lesern zur Genüge bekannt ist, soll endlich, nach mancherlei bisher vergeblichen Bemühungen, eine Straßenverbindung unserer Stadt mit Klingen berg hergestellt werden. Bei der Wichtigkeit der Sache wird es jedenfalls geboten sein, die Wünsche Dippoldis- diswalde's ausführlich zur Besprechung zu bringen, da ohne diese die Gefahr nahe liegt, einen Straßenbau entstehen zu sehen, der uns in keiner Weise Genüge leisten kann, wie dies z. B. mit der in mehrfacher Hinsicht höchst unzweckmäßig angelegten Dresdner Straße der Fall ist. — Es stehen sich zwei Projekte gegen über, das eine vom Staate beabsichtigte, das andere von der Stadtgemeinde eifrig befürwortete. Sprechen wir zunächst von dem ersteren. Bei beiden Projekten soll von der Vorstadt^au«, auf dem Reichstädter Wege von der Scheune des Stadtgutsbesitzers Hrn. Müller aus der Straßenbau begonnen werden. Von dieser Scheune soll nach dem ersten Projekte (dem des Staates) sich die neu zu erbauende Straße nach links wenden, soll in einem weiten Bogen, bei der Müller'schen Ziegelscheune vorüber, die Reichstädter Höhe ersteigen, um dann bei dem Kalkofen in den jetzigen Reichstädter Weg einzu münden und auf demselben bis zur Hofmühle fortzugehen. Nur bis hierher kann der Bau zunächst unser Interesse in Anspruch nehmen. — Nach dem zweiten, städtischen Projekte benutzt die neue Straße von der Müller'schen Scheune aus den alten Reichstädter Weg noch etwa bis zur halben Höhe, geht dann in nördlicher Richtung an den Feldern hin bis zur Berreuther Höhe, und senkt sich von da, den Schießstand der Berreuth'schen Restauration berührend, zur Thalsohle herab, um sich an der Hofmühle an den weitern Trakt anzuschließen. Während sich bei dem ersten Projekte zur Errei, chung des höchsten Punktes auf der Reichstädter Höhe eine Steigung von circa 14 Zoll auf 8 Ellen ergiebt, wird bei dem zweiten bis zur Berreuther Höhe nur eine Steigung von 6,» Zoll auf 8 Ellen »öthig, und wenn sich auch im Interesse der Bauerleichterung ein Steigung von 8,s Zoll auf dieselbe Strecke nöthig machen sollte, so steht doch die letztere Steigung zu