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— 858 — bäude anstoßende Gartensalon ist gleich dem zweiten mit Ziegeln ausgesetzt und dadurch wohnbar gemacht worden. Die Fischer'sche Gaslwirthschaft befindet sich dermalen im Gründig'schen Hause an der böhmischen Straße. Mehrere Gewerbetreibende von hier sind wegen ihres Geschäfts von auswärts wieder in die Stadt ge zogen, ungeachtet der Beschränktheit der Wohnungen; andere dagegen schaffen die überflüssigen Meubles und Kleider auswärts und behalten nur das Nothwendigste hier, um Eventualitäten auszuweichen. Dresden. Mit dem I. Januar wird das Gesetz, betreffend dieWechselstempelsteuer im Norddeutschen Bunde, in Kraft treten. Zur Ausführung desselben ist vom Buiidespräsidium beschlossen worden, den Verkauf von Wechselstempelmarken und mit solchen versehenen Wechselblankets den Postanstalten zu übertragen, bei welchen dieselben vom 20. d. M. an zu haben sein werden. Der Wechselstempel ist vom 1. Januar an zu allen ge zogenen und eigenen Wechseln zu verwenden und beträgt bei einer Summe bis zu 50 Thlr. 1 Ngr., über 50 bis 100 Thlr. l'/r Ngr., ferner für je 100 Thlr. k'/s Ngr., wobei jedes angefangene Hundert für voll gerechnet wird. — Nachdem das Gesetz, die Gleichberechtigung der Schuldverschreibungen des Norddeutschen Bund es mit den inländischen Staatspapieren betreffend, die Zustimmung des Landtags erhallen, wird dasselbe jetzt veröffentlicht. Es besagt: „Die auf Grund eines ver fassungsmäßig erlassenen Bundesgesetzes ausgefertigten Schuldverschreibungen deö Norddeutschen Bundes können in gleicher Weise, wie die inländischen Staatspapiere, zur Anlegung von Mündelgeldern, von Baarschaften der Kirchenärarien und anderer geistlicher und milder Stif tungen, sowie von Depositialbeständen, nicht minder zur Bestellung von Dienstkautionen verwendet werden." — Am Montag Nachmittag ist durch einen Güter wagen, der vom Centralbahnhof nach dem böhmischen gebracht wurde, am Eisenbahnübergange nach der Falken straße ein hochbejahrter Herr überfahren und sofort getödtet worden. — Die sächsisch-böhmische Dampfschifffahrts gesellschaft hat ihre Fahrten wegen Eisganges bis auf Weiteres eingestellt. Berlin. Man schreibt, daß Graf Bismarck ernst lich daran denke, das Cultusministerium in zwei Theile zu sondern: in ein Ministerium für geistliche und eins für Unterrichtsangelegenheiten. Durch diese Maaßregel soll die Mühler'sche Allgewalt gebrochen und die Schule von der Kirche getrennt werden. Wien. Am 13. Decbr. ist der Reichsrath durch Se. Maj. den Kaiser im Ceremoniensaale der Wiener Hofburg eröffnet worden. Die Thronrede des Kaisers anerkennt die unleugbare, fortschreitende Ent wicklung, welche Oesterreich auf Grundlage verfassungs mäßiger Institutionen nach allen Richtungen erfahren habe; den bei Durchführung des Wehrgesetzes in Dal matien ausgebrochenen Aufstand bedauernd, verheißt sie nach Wiederherstellung der Ordnung die traurigen Folgen des Aufstandes nach Kräften zu mildern, verspricht wichtige Vorlagen auf dem Gebiete der Rechtspflege und der Verwaltung, welche im strengsten Sinne der Verfassung, die ja allen Bestrebungen bezüglich ihrer Weiterbildung den freiesten Spielraum zur Geltend machung gewähre, erledigt werden müssen. Eine wichtige Vorlage sei das Reichswahlgesetz; werde in Beziehung hierauf eine Uebereinstimmung erzielt, so könne mit größerer Zuversicht der Lösung der übrigen Verfassungö« fragen entgegen gesehen werden; die für ein berechtigtes Verlangen der einzelnen Reichstheile nach Selbstverwal tung durch die Verfassung gezogenen Schranken dürfen ohne Gefahr für den Staat weder verengert noch er weitert werden. Die Thronrede erwähnt die Reise des Kaisers zur Eröffnung des Suez-Kanals und betont die friedliche Situation, sowie die befriedigenden Beziehungen zu allen auswärtigen Mächten. — Am Tage der Eröffnung des Neichsrathes stellte» die Arbeiter in allen Fabriken und Werkstätten die Arbeit ein, versaminelten sich, an 15,000 Mann stark, in der Nähe des Abgeordnetenhauses und entsendeten eine Petition an den Ministerpräsidenten Grafen Taaffe, in welcher Koalitionsfreiheit, Vereinsfreiheit, Preßfrei heit, Wahlreform und Aufhebung der stehenden Heere verlangt wird. Der Ministerpräsident versprach den Ueberbringern der Petition, diese Forderungen dem Ministerrathe vorzulegen, mißbilligte aber« dies demon strative Vorgehen. Die Ordnung wurde durch diese Volksversammlung nicht gestört. — Die Kaiserin von Oesterreich hat in Rom der Eröffnung des ökumenischen Concils beigewohnt. Die „Severinusbrüder von Wien" brachten dem „ka tholischen Kaiser" Franz Joseph ein Hoch und beschlossen, sich politisch zu organisiren. In einer ihrer Versamm lungen setzte der „Concordatsminister" Graf Leo Thun den Zweck des Concils auseinander; die Nothwendig- keit leuchte ein, wenn man bedenke, daß jetzt Heiden, Türken und Ketzer von den liberalen Regierungen be schützt werden, während die katholische Kirche unter drückt werde! Ein Graf Brandts warnte vor dem „drei köpfigen Götzen: Freiheit, Fortschritt und Aufklärung," und vor der „liberalen Schandpresse," welche für die Verehrung dieses Götzen wirke. Graf Leo Thun hat eine Denkschrift ausgearbeitet, in welcher dem Kaiser der aus den Wirnissen der Gegenwart führende „ein zig mögliche" Weg der Rettung gezeigt werden soll. - Die von den Ungarn geforderte und schon in der Vorbereitung begriffene Aufhebung der Mili tärgrenze hat unter den Bewohnern derselben eine solche Aufregung erzeugt, daß sie regimenterweis dagegen petitioniren. Ungesetzlich, wie diese politischen Eingaben seitens der militärischen Kolonisten sind, werden sie von ihren Offizieren nicht allein nicht gehindert, sondern geradezu veranlaßt und befördert. Auch im Oberkom mando der Armee denkt man nicht daran, mit Strafen dagegen einzuschreiten, und in Pest ist man augenblick lich etwas betreten und weiß nicht recht, was zu thun sei. Die ungarischen Dinge fangen an, den Zuständen von 1848 recht ähnlich zu werden, und bei den Kämpfen, die um Cottaro noch bevorstehen, ist das doppelt be- achtenswerth. Die österreichische Regierung bildet eben ein Freiwilligenkorpö, das den Bocchesen entgegenge worfen werden soll. Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde. Am 1. Advent (19. Decbr.) predigt Herr Diaconus Gers- dorf. Nachmittags Betstunde.