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/reitas. . N 91. l9 November 1869. Weißeritz-Ieitung Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch allePost- anstalten. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe z« Dippoldiswalde und /ranenstcin. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. TagesgeschLchte. Dippoldiswalde, den 16. Novbr. Wie bereits gemeldet, ist unser Herr Diaconus Mühlberg nunmehr in den wohlverdienten Ruhestand getreten, nachdem er noch eine Zeit lang das Amt verwaltet, um eine Vacanz weniger fühlbar zu machen. Es müßte als ein Act der größten Undankbarkeit erscheinen, wenn wir den Abschied eines Mannes, der 48 Jahre an der Erziehung der Menschen in Schule und Kirche gearbeitet und dafür seine besten Kräfte eingesetzt hat, nicht nufere besondere Aufmerksamkeit schenken wollten. Am vergangenen Sonntag hielt Herr Diac. Mühl berg seine letzte Predigt, und legte dieser die herr lichen Abschiedsworte des Apostel Paulus aus dem Briefe an die Philipper, Cap 1, V. 3—11, zu Grunde. Nachdem er in den Einleitungsworten der tiefen Be wegung bei Niederlegung seines Amtes Ausdruck gegeben hatte, stellte er als Hauptgedanken den Satz hin: Mein Scheiden sei nach den Worten des Apostels! Nämlich 1) mit Danken, denn Gott hat mein Werk gesegnet; V. 3-5; 2) mit guter Zuversicht, Gott wird das ange fangene Werk auch vollenden; V. 6 und 7; 3) mit Gebet, in welches ich die Gemeinde auch künftighin einschließen werde; B. 8 — 11. Es war sehr zu bedauern, daß ein großer Theil unserer Kirchfahrt wegen der vielen Krankheitsfälle, auch des überaus schlechten Wetters wegen, diese Ab schiedsworte nicht hören konnte, die ebenso zum Herzen drangen, wie sie vom Herzen kamen. Die Stadt Dippoldiswalde hat bewiesen, wie sie das Wirken dieses Mannes zu schätzen weiß, der 36 Jahre an ihrer Schule und Kirche thätig gewesen ist, indem sie ihm das Ehrenbürgerrecht ertheilt und darüber folgendes Diplom überreicht hat: „Beim Eintritt in dm Ruhestand begrüßen hiermit Herrn Diaconus Johann David Mühlberg ans das Herzlichste die Vertreter der Stadt Dippoldiswalde, und erfüllt der unterzeichnete Stadlrath im Verein mit dem Stadtverordncten-Eollegium eine Pflicht der Dankbarkeit, indem er Denselben in Aner kennung, wie Derselbe während eines Zeitraumes von 36 Jahren, sowohl als tüchtiger, berufsfreudiger uud berufstreuer Lehrer, als auch als klarer Verkündiger des göttlichen Worts, als unermüd licher Seelsorger, als ein, allen Armen und Hilfsbedürftigen stets naher Menschenfreund seine Kräfte dem Wohle der hiesigen Stadt gewidmet hat, auf Grund der gefaßten Collegial-Beschlüsse, zum Ehren-Bürger der Stadt Dippoldiswalde ernennt, wün schend, daß Gott einen so werkthätigen Lcbenstag mit der Ruhe eines langen freundlichen Abends lohnen möge. Hierüber ist gegenwärtiges Diplom unter gewöhnlicher Vollziehung ausge fertigt woroen. Dippoldiswalde, 14. November 1869. Der Stadt ratb. Der allgemeinen Verehrung und Liebe gab der hiesige Männer-Gesangverein noch dadurch Ausdruck, daß er in den Abendstunden des Sonntags dem hoch geschätzten Greise ein Ständchen brachte. Es gereicht uns zur wahren Freude, diesen ver ehrten Mann ferner in unserer Mitte zu wissen, und wir wiederholen hier nur die Worte aus dem Schluß gesänge des Ständchens: Wand're muthig fort, Und an jedem Ort Sei Dir Glück und Heil zur Seite! und dann weiter: Wer es gut gemeint, Bleibt nut uns vereint, So, als gäb' es gar kein Scheiden! Dippoldiswalde. Am Montag Abend gegen 7 Uhr brach im Dorfe Reichstädt bei dem Gutsbesitzer Carl Gottfried Bormann, und zwar in einer mit Getreide angefüllten Scheune, ein Feuer aus, das in kurzer Zeit dessen Gebäude, Wohnhaus, Nebengebäude und zwei Scheunen, in Asche legte. Oer Verdacht ab sichtlicher Brandstiftung lenkte sich alsbald auf den Be sitzer des Gutes selbst, und wurde dieser noch in derselben Nacht gefänglich eingezogen. In der Untersuchung hat er bis jetzt ein Geständniß seiner That noch nicht ab gelegt. Wir bemerken noch, daß bereits Tags vorher in der Gesindekammer des Wohngebäudes desselben Gutes ein Feuer ausgebrochen war, was jedoch noch rechtzeitig gelöscht wurde und sich nur auf Zerstörung der Gesindebetten und anderer Mobilien beschränkte. — Das alljährliche Stiftungsfest des land« wirtschaftlichen Vereins für hier und Umgegend wurde am 17. Novbr. in den Räumen des hiesigen Rathhauses abgehalten. In der Festsitzung am Nach mittag hielt Hr. Prof. Nobbe aus Tharandt einen sehr interessanten Vortrag über Controle, Fälschung und Verunreinigung landwirthschaftlicher Sämereien, er läuterte die Art und Weise der Untersuchungen letzterer in der Tharandter Versuchsstation und gab practische Winke, sich vor Schaden bei Saamen-Einkäufen zu schützen. — In üblicher Weise erfolgte auch eine Be lohnung treuer Dienstboten durch Ertheilung von Ehrenzeugnissen und Geldgeschenken (st 5 Thlr.) an: Eleonore Concordie Lorenz aus Höckendorf, dient seit 1. Juni 1859 bei Hrn. Jnsp. Kohl daselbst. Johann Dzitzick aus Ratzen, dient seit 1. Januar 1863 bei Hrn. Oec.-Rath Bering in Lungkwitz. Juliane Ehrlich aus Röthenbach, dient seit 1. Januar 1864 auf dem Rittergut Reichstädt. Caroline Auguste Börner auö Niederpöbel, dient seit 1. Januar 1864 bei Hrn. Vorwerksbesitzer Kästner in Oberhäslich.