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uns begnügen, diese Eventualität angedeutet zu haben; bei einer weiteren Ausführung dürften wir kaum auf die fernere Aufmerksamkeit unserer Leser rechnen können. Es genügt, nachgewiesen zu haben, daß sich die Anstellung von zwei Lehrern, die lediglich für die Zwecke der Selecta thätig wären, nöthig machen würde. 3) Welche Geldmittel würden ungefähr erforderlich sein? Rechnen wir den Gehalt des einen neu anzustellenden Lehrers, incl. Logisgeld, nur zu 450 Thlr. und den des zweiten, incl. Logisgeld, nur zu 300 Thlr., die Remuneration der durch die anderen Lehrer außer ihrer gesetzlichen Zahl zu ertheilenden Stunden ebenfalls recht mäßig zu jährlich 150 Thlr., so ergiebt das bereits eine Summe von 900 Thlr. Dazu kommt noch als Miethe für 2, resp. 3 Lehrzimmer (k 15—16 Schülern) jährlich etwa 50 Thlr., und eine gleich große Summe, wenigstens im Anfänge, für die Anschaffung und Unter haltung der nöthigen Lehrmittel, so daß sich also im Ganzen ein Aufwand von ca. 1000 Thlr. nöthig machen würde. Eine wesentliche Abminderung dürfte diese Summe kaum zu erfahren haben, denn wenn auch ein Ansatz für Lehrmittel au 50 Thlr. jährlich etwas hochgegriffen erscheinen mag, so ist dafür die Besoldung der Lehrer eine ganz bescheidene zu nennen; tüchtige Kräfte sind für diesen Gehalt immer nur unter der Besorgniß zu erhalten, sich ihrer nicht lange erfreuen zu können und auf öfteren Wechsel gefaßt sein zu müssen. Dieser Aufwand von 1000 Thlr. würde bei 40 Schülern, ü 18 Thlr. jährlichen Schulgeldes, bis zu 720 Thlr. gedeckt werden, so daß also 280 Thlr. durch Anlagen oder sonstige Mittel aufgebracht werden müßten. Ein Schulgeld von 18 Thlr. jährlich ist aber keineswegs zu hoch angenommen, wenn man bedenkt, daß in der VI., V. und IV. Klasse der Realschule jährlich 30 Thlr., in der III. Klasse aber schon 36 Thlr. gezahlt werden müssen; ganz abgesehen von den bedeutenden Kosten, welche die Pension in einer größeren Stadt, für uns doch wohl meist in Dresden, nöthig macht. Unter 120—150 Thlr. jährlich dürfte dieselbe wohl kaum zu erhalten sein; wohl aber sind uns viel kostspieligere Pensionsstellen in Menge bekannt. Wie so vielen Projecten, so steht wohl auch dem in diesem Artikel besprochenen der Kostenpunkt am meisten im Wege. Aber muß man sich durch die zuletzt ange führte Vergleichung mit dem durch die Realschulen nöthig werdenden Kostenaufwande überzeugen, wie vortheil- haft die Eröffnung einer Selecta für den Einzelnen, der sie benutzt, werden müßte, so kann es sich hier nur um den aufzubringenden Fehlbetrag handeln, und dieser erscheint doch keineswegs bedeutend. Verlangt man, daß das Schulgeld höher gestellt werde, damit sich die Anstalt ganz allein erhalte, so vergißt man, daß bei einem höheren Schulgeldersatze sich eine Anzahl Schüler weniger betheiligen, auf einer oder der anderen Seite sich also immer, wie bei allen solchen Anstalten, eine Beihülfe nöthig machen würde. Und diese zu gewähren, ist die Pflicht einer Bürgerschaft, der etwas daran liegt, daß auch den Kindern Unbemittelterer Gelegenheit zu einer höheren Ausbildung gegeben werde. Reiche Communen errichten Realschulen, weniger reiche wenig stens die ihren Kräften angemessenen Anstalten. Nie mand kann sich über eine für diesen gemeinnützigen Zweck zu leistende Abgabe beklagen, Allen kommt sie zu gut. Ebensowenig als der häuslich eingezogene Bürger, der, weil er jeden Tag pünktlich bei eintretender Dunkel heit zu Hause ist, persönlich nie einer Straßenbeleuch tung bedarf, sich der Abgabe dafür entziehen kann, eben sowenig kann davon bei der viel nothwendigeren Ein richtung von Anstalten zur geistigen Erleuchtung die Rede sein bei Dem, der persönlich keinen Gebrauch von ihnen macht. Uebrigens sind namentlich bei uns die Schulanlagen so außerordentlich gering, wie wohl an wenig Orten, und durch die Gewährung einiger Freistellen an begabte, aber unbemittelte Schüler, ließe sich auch dem Einwande, als komme diese Einrichtung nur den „Reichen" zu gut, am besten begegnen. „Aber könnte man nicht," möchte vielleicht Mancher meinen, „den als nöthig berechneten Aufwand durch eine einfachere Einrichtung der projectirten Anstalt kürzen; also z. B. durch Anstellung blos eines Lehrers?" Die in diesem Aufsatze in den Grundzügen angegebene Einrichtung einer Selecta stellt nicht das Ideal einer solchen hin, dazu würden ganz andere Anforderungen gehören; aber wir wollen auch keine ideale Anstalt, weil wir wohl wissen, daß auch hier das Beste der Feind des Guten ist; wir wollen eine Anstalt, wie sie nach unseren Kräften möglich und für unsere Bedürf nisse nöthig ist. Eine solche läßt sich aber, unsers Er-' achtens, nur mit den Kräften, die wir als nöthig be zeichnet haben, errichten und halten. Will man aller dings, um nur einen Anfang zu machen, vor der Hand geringere Anforderungen stellen, so ist das etwas Anderes; es läßt sich denn auch schon mit einer neuen Lehrkraft etwas erreichen; daß aber eine Selecta, wie man wohl auch gemeint hat, einzig und allein von den bereits an gestellten Lehrern, höchstens unter der von einer Seite betonten Mithülse des anzustellenden Diaconus, als ge trennte Anstalt errichtet werden könnte, ist eine Ansicht, die nur auf falschen Voraussetzungen von der Bedeu tung einer solchen Einrichtung beruhen kann. Tagesgefchichte. Dresden. Das Fest des Albertvereins im Großen Garten, dessen Einnahmen zum Theil den un glücklichen Burgkern zu gute kommen, war trotz un günstiger Witterung von gutem Erfolg begleitet, da an 4000 Thlr. eingenommen wurden. — Am Montag, 23. August, Nachmittags ^3 Uhr, ist auf der Sächsisch-Schlesischen Staatsbahn ein Unglück geschehen: eine vollständige Verunglückung des ganzen Personenzuges. Derselbe sollte um oben ange gebene Zeit von Görlitz hier eintreffen, ist aber hinter Radeberg, bei der Station Langenbrück, entweder in Folge eines Achsenbruches oder wegen schlechter Schienen, entgleist und zum größten Theil einen 18 Ellen hohen Damm hinuntergestürzt und zertrümmert; dies geschah mit der Locomitive, zwei Packwagen, und — während der folgende Postwagen nebst drei Personenwagen sich auf dem Gleise hielten — mit noch vixr Personenwagen. Die Passagiere sind mit Ausnahme einer Frau, die den Arm gebrochen, wunderbarer Weise mit nur geringen Verletzungen und dem Schreck davon gekommen, während vom Zugpersonal drei Mann verunglückt sind. Der Hülfsschaffner Wels wurde sofort getödtet, dem Feuer mann Hinzel ist ein Bein gebrochen, das andere ver brüht und verbrannt, so daß der rechte Unterschenkel amputirt werden mußte; der Lokomotivführer Tragbrod lag in einer fürchterlichen Situation, von der umge stürzten Locomotive eingeklemmt, den Kopf nach unten, daß er sich nicht regen, sondern nur von Zeit zu Zeit