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1) Janetz starb; Richter empfahl die Seinen Gott. 2) Lebe wohl, liebe Gemahlin; lebt wohl, lieben Kinder! Gott mag Euch erhallen! Gottlieb Heimann. 3) Lebt wohl, liebe Frau und Kinder! Ich habe mir das nicht gedacht. Obermann. Bis Mittwoch Mittag waren 206 Leichen aus den Schächten gefördert; man hofft, in zwei Tagen die letzten zu bringen. — Der Sprechsal der „Const. Ztg." enthält Nach stehendes: Das entsetzliche Unglück im Burgk'schen Werke übertrifft alles bisher Dagewesene. England galt bis jetzt als das Land der größten Unglücksfälle in Kohlenwerken. Seit Lugau und Burgk steht leider Sachsen in erster Reihe. Bei fachmännischer Auffassung der Sache werden die Fragen gestattet sein: War für eine künstliche Luftreinigung durch Ventilatoren gesorgt? Waren Indikatoren vorhanden, welche die Gasentwicke lung warnend anzeigen? Ferner: Haben die Steiger vor dem Einfahren die Gruben untersucht und dann die Knappschaft abgeholt, wie dies z. B. in Preußen strenges Gesetz ist? Man gebe Antwort auf diese Fragen. — Von einer „abnormen" Witterung kann im Augilst nicht die Rede sein. Hielt man das Weiler wirklich für abnorm, so war Vorsicht um so mehr ge boten. Es wäre strenge Untersuchung am Platze von unparteiischen, unabhängigen Fachmännern, z. B. aus Westphalen. Es würde dies zur Beruhigung des Pub likums, der Hinterlassenen und des Bergherrn dienen. Man kann wohl annehinen, daß der Bergherr Opfer im größten Umfange bringen wird. Er muß in erster Reihe beim Lindern des entsetzlichsten Leides stehen, denn die Armen sind gestorben in seinem Dienste, in der Arbeit für seine Interessen. Möge aber auch das allgemeine Mitleid groß und mächtig werden und die Tausende von Thränen trocknen helfen, die um die armen Opfer fließen. Meißelt. Am Dienstag Morgen ist das von Dresden nach Riesa fahrende Dampfschiff „Franz Joseph" in der Furth unterhalb Meißen mit einem stromauf segelnden leeren Kahne zusammengestoßen. Letzterer ist mit aller Gewalt mit seiner Kaffe in den einen Radkasten des Dampfschiffes, in dem sich das Bureau befindet, gefahren und hat denselben durchbohrt und ausgehoben, so daß die BilletS, Papiere re. vom Winde fortgetrieben wurden. Die Passagiere wurden von einem gerade stromab fahrenden Schleppdampfer ausgenommen. Das Dampfschiff und der Kahn, der auch beschädigt, mußten liegen bleiben. Berlin. In voriger Woche ist in Moabit die Kirche der Dominikaner eingeweiht worden. An dieselbe schließt sich ein Kloster mit 7 Zellen an, in welchem bis jetzt vier Ordensbrüder lebten, an deren Spitze ein italienischer Graf steht. Auf dem sehr um fangreichen Grundstück ist bereits die Errichtung weiterer Baulichkeiten zu geistlichen Ordenszwecken in Aussicht genommen. Das bisher von dem Dominikanerorden benutzte anstoßende Haus wird zunächst von einem andern Orden (den Franciscanerbrüdern) bezogen werden, welche sich ebenfalls in Moabit angesiedelt haben und mit der Leitung eines Waisenhauses betraut wurden. Den Dominikanern und Franciscanern werden wohl bald, wenn sie erst aus Oesterreich hinausgejagt werden, die Herren Karmeliter, Benediktiner und Jesuiten folgen. Auch für Nonnenklöster ist bei uns noch Platz. Die Festrede, welche der geistliche Rath Müller bei der Einweihungsseierlichkeit hielt, ist sehr bezeichnend für die Anschauungen und Hoffnungen dieser Herren. — Am 8. August fanden vor dem Kloster in Moabit tumul- tuarische Scenen statt; Fensterscheiben der Kapelle und des Klosters wurden zertrümmert und die Polizei mußte eins chreiten. Wien. Die Vielschreiberei unseres auswärtigen Amtes ist bereits ein Stichplatz für den Volkswitz ge worden; in den ersteren, politisch reiferen Kreisen aber bedauert man es sehr, daß die Schriftstücke des Herrn von Beust so ost Veranlassung zu Zänkereien und Verbitterungen geben, die keinen praktischen Zweck haben können. Nur die Partei der Unversöhnlichen gegen Preußen findet in diesen Neckereien ihre Befriedigung, eine Partei, die am Hofe, unter Beamten, Militärs und Geistlichen Anhänger und deshalb allerdings eine Bedeutung hat, die jedoch dem Minister keine Stütze und keinerlei Unterstützung zu bieten vermag. Das allgemeine Urtheil des Publikums ist: daß es besser wäre, den ganzen Zwist und Streit zu vermeiden. „Was geht es uns an, ob Herr von Beust Herrn von Friesen oder dieser jenem den Kopf wäscht?" so hört man die Leute sprechen; „am Ende kommt da wenig heraus, und wenn unser S>taatskanzler dem sächsischen Minister seine Überlegenheit in der Manie, pikant zu schreiben, beweisen will, hat Land und Volk davon keinen Nutzen." Die Deutschen in Oesterreich hätten aber gewünscht, daß der alte Hader abgethan wäre und, wenn auch nicht das alte, doch ein freundliches Verhältniß zwischen Oesterreich und seinem Nachbar Platz gegriffen hätte. Die älteren Mitglieder der kaiserlichen Familie sehen die Entzweiung mit dem preußischen Hofe sehr ungern. Vermischtes. Ein bedauerlicher Vorgang hat sich am 7. August in Stötteritz bei Leipzig zugetragen. Daselbst wohnte ein ehem. Chaisenträger mit seinem 7jährigen Sohne. Er war seit einigen Jahren Wittwer und hatte namentlich in letzterer Zeit hin und wieder Spuren von Geisteskrankheit gezeigt. Am gedachten Morgen tritt er vor das Bett seines noch schla fenden Kindes und bringt demselben mit einem Rasirmesser einen Schnitt in den Hals unter der Kehle bei, während er sich ebenfalls in gleicher Weise in den Hals schneidet. Aber weder sich noch den Knaben verletzt er tödtlich, geht vielmehr daran, die unselige That wieder gut zu machen und verbindet seine und des Kindes Wunden. So trifft ihn eine im Hause wohnende Nachbarin, welche natürlich eilt, ärztliche Hilfe her beizuholen und den Knaben einstweilen in ihrer Wohnung verwahrt. Unterdeß hatte aber der unglückliche Vater von neuem Hand an sich gelegt und durch Erhängen seinem Leben ein Ende gemacht. Der verletzte Knabe, welcher sich noch dadurch, dass er dem Vater zur Abwehr in das Rasirmesser gegriffen, eine Verwundung an der Hand beigebracht hat, befindet sich glücklicherweise außer Lebensgefahr. In der Domkirche zu Berlin hat am 8. August ein 18jähriger, jedenfalls überspannter oder geisteskranker Mensch, O. Bieland aus Biesenthal, der auf den Wunsch seines Vaters Geistlicher werden sollte, sich aber durchaus dem Schauspieler stande widmen wollte, während des Gottesdienstes auf den Hilfsprediger Heinrici, der am Altäre das Glaubensbekenntnis; an; Schlüsse der Liturgie verlas, in einer Entfernung von nur 5 Schritt geschossen, ohne glücklicherweise zu treffen. Der Verbrecher wurde verhaftet und der Gottesdienst nahm seinen Fortgang.