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— 159 — Spanien. Französische Blätter versichern, der Verfassungsausschuß der spanischen Corteö hätte sich für die sogenannte demokratische Monarchie, v. h. die Monarchie mit ausgedehntesten Volksrechten entschieden. Diese Staatsform würde nach Lage der Sache für eine Befestigung und zugleich Fortentwickelung der Zustände «Spaniens durchaus die zweckmäßigste fein. Amerika. Der neue Präsident der vereinigten Staaten, General Grant, hat sein Amt augetrelen und dabei die übliche Ansprache gehalten. Dieselbe ist militärisch gerade, offen, fest, und bekundet gleichzeitig überall die zweifelloseste Unterordnung unter das für Alle gleiche Gesetz und unter die Grundsätze des strengen Rechtes im internationalen Verkehre, wie sie dem Bürger eines großen Gemeinwesens geziemt. Von Wichtigkeit für uns in Europa ist es, daß Grant jeden Gedanken an Nichtvollbezahlung der Staatsschuld der Union auf das Entschiedenste zurückweist, und daß er die feste Absicht ausspricht, die Rechte aller Völker zu achten, wenn diese das Gleiche thun. Veroni. Eine Walddorf-Geschichte, erzählt von C. W. (Fortsetzung.) Während ihrer Reconvaleszenz war Veroni öfters allein auf dem Zimmer, und da sie dem Vater Papier und Federn aus der Schulstube abführen konnte, so schrieb sie ebenfalls an Ferdinand. Es war ihr erster Liebesbrief, den sie schrieb. Und sie mußte sich selbst wundern, daß ihr die Worte so leicht auf das Papier Hinflossen. Waren sie ja nur der Erguß ihres vollen Herzens! Sie bat ihn, Alles zu vermeiden, was den Vater aufbringen und sie in den Schein des Ungehorsams gegen den Willen der Aeltern bringen könnte; ihrer unwandelbaren Liebe und Treue dürfe er gewiß sein, und mit der Zeit hoffe sie auch den Vater geneigt zu machen zur Einwilligung in eine eheliche Verbindung mit ihm, zumal wenn er an ein Forstamt komme und nicht in den Wald auf eine Revierstelle. Es war ein Trost für sie, sich brieflich gegen Ferdinand aus sprechen zu können, und dieser beruhigte sich auch zu nächst bei dieser Unterhaltung mit ihr, die von nun an durch fleißigen Briefwechsel fortgesetzt wurde. Aber ehe der Sommer verstrich und die Hoffnung Ferdinands auf Beförderung erfüllt wurde, sollte ein schmerzlicher Riß ihren Herzensbund lösen. Der Schulmeister hatte einen alten Freund in der „Stadt." Mit dieser allgemeinen Bezeichnung wurde der etwa zwei Stunden entfernte Landgerichtssitz genannt. Denn es gab auf einem Umkreis von sechs Stunden keine andere Stadt. Der eigentliche Name dieses Landstädt chens kam eben deßhalb so selten in den Mund der Leute, daß ihn viele Bewohner der umliegenden Dörfer wohl gar nicht kannten. Eben deßwegen brauchen auch wir ihn nicht anzugeben. Der alte Freund in der Stadt hatte aber einen Sohn, nur etliche Jahre älter als Veroni, und dieser sollte das älterliche Anwesen, wozu außer Zuckerbäckerei mit Krämerei auch einige Morgen Aecker und Wiesen gehörten, übernehmen. Natürlich brauchte er zum Be trieb dieses dreifachen Geschäftes eine Frau, und zu dieser wurde vom alten Freunde und dessen Sohn die Veroni auserkoren. Kannten sich ja doch die jungen Leute von Kindheit auf. Denn der Schulmeister von Wendenreuth kehrte immer mit Frau und Tochter bei dem Freunde ein, so oft er in die Stadt kam. Zwischen den Aeltern war die Angelegenheit bald : in'S Reine gebracht, und der junge Zuckerbäcker, Kauf- mann und Oeconow, war sich seines Sieges über das Herz der Veroni so gewiß, daß er zur Eroberung dieser Festung gar keine besondere Kriegslist in An- ; Wendung brachte. r Einige Mal kam er bei schönem Wetter an Sonn tagen nach Wendenreuth in das Schulhaus. Er unter hielt sich mit der Veroni, und diele behandelte ihn als einen jungen Menschen, mit dem sie manches Kinder spiel getrieben hatte, auf das Freundlichste und Unbe fangenste. Es kam ihr gar kein Gedanke daran, daß des Zuckerbäckers Franz aus der Stadt HeirathSab« r sichten auf sie haben könne. Desto bestimmter dachten die Dorfleute daran, und das Gerücht, daß des schul- Meisters Veroni in die Stadt hinein heirathe, kam r auch bald zu den Ohren Ferdinands. Darüber brach seine Leidenschaft in vollen Sturm i aus. Die schriftliche Zusicherung der Veroni, daß sie von einem Heirathöantrag des Zuckerbäckers nicht das Geringste wisse und einen solchen auch standhaft zurück- r weisen würde, konnte den feurigen Liebhaber nur auf kurze Zeit beruhigen. Denn selbst der Pauken-MattheS brachte ihm schon einige Tage später die Kunde, daß ' es mit der Heirath des Franz in der Stadt und der Veroni seine Richtigkeit habe. Inzwischen hatte freilich auch der Schulmeister seiner Tochter Mittheilung gemacht von den Absichten des Franz und von dem Uebereinkommen, das er selbst mit dessen Vater getroffen habe. „Das ist ein Plätz- lein für Dich, wie ich es längst wünschte!" — setzte er seelenvergnügt hinzu — „und es wird auf diese Weise auch dem Gerede ein Ende gemacht, in das Du gekommen bist wegen des Forstgehilfen. Zur Aussteuer ist nicht viel mehr nöthig, darum kann bald Hochzeit gemacht werden." Veroni mußte unter dieser Anrede einen Stuhl suchen und sich darauf niederlassen. Denn der Schreck über diese Ankündigung des Vaters brachte sie einer Ohnmacht nahe. Wie wenn alles Blut aus ihren Adern gewichen wäre, so blaß sah sie aus. In den ersten Augenblicken konnte sie nicht einmal Thränen vergießen. Der Vater sah sie starr und betroffen an. Es kam ihm vor, als hätte er die Tochter um den Verstand gebracht. Endlich erfaßte er ihre Hand und rief be stürzt: „Kind, Veroni, was ist's mit Dir?" Bei diesen Worten kam auch Veroni wieder zu sich und sagte mit schwacher Stimme: „Ach, Vater! mir ist so weh. — Ich kann noch nicht — heirathen." — „Ist's nur das?" fragte der Schulmeister ganz ermuthigt und fast heiter. „Das ist eine Grille, die Du im Kopfe hast. Grillen der Art zirpen nicht lange!" „Aber ich hab' dem Ferdinand" — Weiter ließ der Schulmeister die Tochter nicht reden. Wie ein Tarantelstich fuhr'S ihm durch den Leib, als er den Namen „Ferdinand" hörte und seine so eben erst angenommene Heiterkeit wandelte sich plötzlich in Wuth. „Der steckt Dir noch im Sinne? Du gottloses Mädel! Sch habe Dir schon gesagt, daß Du an diesen nicht mehr denken sollst. Und ich müßte ein schlechter