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dies aber besonders, weil Sendlinge der Lassalleaner vor der Wahl am 1. März im Müglitzthale und nament lich in den Dörfern den Leuten die Köpfe zu verrücken suchten (auf den Artikel „von der oberen Müglitz" in vor. Nr. d. Bl. verweisend), und weil anzunehmen ist, daß auch die Frauensteiner Gegend bei der bevor stehenden Wahl am 15. März von denselben heimge sucht werden wird, um hierdurch zur Vorsicht zu mahnen. — Ein hartes, aber nur zu gerechtes Urtheil über diese Vorgänge und daö Auftreten der Lassalleaner, namentlich das in Hohenstein, sprechen die „Chemnitzer Nachrichten" aus, dem wir ganz beipflichten müssen: Was, fragen wir, was sollen Erweiterungen unserer Frei heiten einer Partei gegenüber, welche die Gesetze der Humanität, des Rechtes nnd der Bildung geradezu mit Füssen tritt? Welche planmäßig dahin arbeitet, jede Versammlung einer andern Partei zunichte zu machen? So ist denn auch gestern wieder der ebrlichc Name der sächsischen Arbeiter auf brutale Weise gemiß- braucht worden. Jene an Zahl nicht große, aber in gedrängter Masse wirkende Corporation der Lassalleaner, jene "fanalisirte Masse hat wieder einmal, und zwar in sehr schlimmer Weise, ge zeigt, daß sie sich um Arbeiterbildung und Arbeiterehre sehr wenig kümmert. ' Dresden. Das Ministerium des Innern hat nach einem gutachtlichen Vorschläge des Laudesmediciual- Kollegiums beschlossen, in jedem Regierungsbezirke eine Lymphe-Regenerations-Anstalt nach dem Muster der in München und zu St. Florian in Steiermark beste henden Anstalten mit der Verpflichtung ins Leben treten zu lassen, alljährlich im Frühjahre eine Anzahl von Kindern zu impfen und die solchergestalt gewonnene und durch Weiterimpfung auf Kinder vervielfältigte Lymphe an die sämmtlichen Jmpfärzte des betreffenden Regierungsbezirks rechtzeitig so zu vertheilen, daß die selben ihre Jahresimpfungen mit frisch regcnerirter Lymphe ausführen können. — Am Mittwoch hat sich unweit des hiesigen (Leipzig-Dresdner) Bahnhofes ein Unglück erreignet. Als früh 4 Uhr eine Locomotive ans dem Maschinen hause zur Beförderung des Berliner Zuges nach dem Bahnhofe einfahren wollte, stieß sie auf dem Haupt gleise mit einem von Leipzig ankommenden Güterzuge zusammen, so daß die Locomotive nebst 5 beladenen Güterwagen entgleisten und umstürzten. Glücklicherweise ist Niemand getödtet; nur ein Schaffner und ein Breniser wurden beschädigt, jedoch nicht bedenklich. Die Be schädigung der entgleisten Wagen, welche ein arges Bild der Verwüstung boten, ist nicht unerheblich. Da beide Fahrgleise zerstört waren, machte sich ein Umsteigen der Passagiere nöthig, doch war ein Gleis schon am Abend, das andere am Donnerstag Abend wieder fahrbar. Leipzig. Am 7. März starb hier in Folge wie derholten Schlaganfalles der Advocat vr. Joseph, 58 Jahr alt, bekannt als vieljähriger Vorsteher der Stadtverordneten und einer der hervorragendsten Führer der Demokratie. Er war dem Adv. I)r. Schasfrath in seltner Freundschaft verbunden, und nur in ihren nationalen Anschauungen gingen beide Männner aus- einander, vr. Joseph war ein entschiedener Einheits- staatler und Freund Preußens. Der Nachruf, den ihm vr. Schaffrath widmet, lautet wie folgt: „Nach einer längeren Krankheit, die schon im Septbr. vor. Js. begann, ist am ?. März Hermann Joseph in Leipzig, seit 33 Jahren mein treuester Freund, sanft entschlafen. Er war ein großherziger, edler Mensch, dessen Herz unter der Eisdecke nur Wenige kannten. Ich kannte es! vr. Schaffrath. — Im Mai vor. Js. verlor ein Leipziger Bürger auf dem Wege nach Connewitz die Summe von 528 Thlrn., ohne über den Finder etwas zu erfahren, ohne das Geld wieder zu erhalten. Jetzt kommt aus einer preu ßischen Provinzialhauptstadt an die Redaction des Tage blattes ein Brief mit der ganzen Summe und der Bitte, sie dem Verlierer zuzustellen. Der Unbekannte schreibt, er habe das Geld damals gefunden und mit dem Vorsätze an sich genommen, es später an seinen rechtmäßigen Eigenthümer zurlickzugeben, doch sei ihm dies jetzt erst möglich geworden. Man kann sich die außerordentliche Freude dcö rechtmäßigen Empfängers denken, der das Geld längst für verloren hielt. Riesa. Im Dorfe Weida ereignete sich am 7. März das beklagenöwerthe Unglück, daß von zwei jungen Leuten, die den Sohu des dortigen Windmüllers besuchten, während kurzer Abwesenheit des letzteren der eine ein an der Wand hängendes und mit Schrot ge ladenes Gewehr ergriff, im Spaß auf den andern zielte und abdrückte. Der Getroffene, ein Sohn des Bahnwärters Zscharsig, sank sofort leblos nieder! Wilsdruff. Am 25. Febr. ist ein auf Grum- bacher Flur befindlicher Kalkbruch sammt dem darauf befindlichen Huthause eingestürzt. Letzteres sank in die Tiefe sammt dem darin befindlichen Kalkmeister Winkler, der noch seine Kuh retten wollte. Man traf sofort Anstalten zur Rettung des Verschütteten, allein die fortwährende Erweiterung des Bruches und die große Gefahr der Arbeiter nöthigten am 6. März zum Ein stellen der Arbeiten. Auch hat noch ein weitererer Bruch stattgefunden; mehrere andere Gebäude sind be schädigt, eine Scheune mehrere Fuß tief gesunken und gänzlich geborsten; das Maschinengebäude nnd der Kalkofen zersprengt und geborsten. Ein Weg über die, circa I Acker betragende gefährdete Stelle mußte ge sperrt werden, und beträgt der dem Besitzer Wetzig entstandene Schaden durch Verlust deö ganzen Kalk werkes an 20,000 Thlr. Berlin. Der Reichstag war bei seinem ersten Zusammentritt noch unvollständig und hielt erst am 8. in beschlußfähiger Zahl die erste Sitzung. In der selben erfolgte die Wiederwahl des Präsidiums der letzten Sitzungsperiode, und zwar wurde vr. Simson mit 165 von 181 Stimmen zum Präsidenten, der Herzog von Ujest mit 158 Stimmen zum ersten, und v. Ben- ningsen mit 124 Stimmen zum zweiten Vicepräsidenteu erwählt. Die nächste Sitzung fand am Mittwoch, 10. März, statt. — Der Exkönig Georg von Hannover hat einen neuen Protest gegen das preußische Beschlagnahme gesetz vom 15. Febr. erlassen. — Am 4. März fand bei dem amerikanischen Gesandten in Berlin ein Bankett statt zur Feier des Regierungsantrittes des neuen Präsidenten der Ver einigten Staaten, General Grant, bei dem Graf v. Bismarck einen Toast auf die Gesundheit des Letzteren ausbrachte. — Die Eröffnung des Kriegshafens in Hep pens steht nahe bevor; wahrscheinlich werden der König und der Kronprinz den Feierlichkeiten beiwohnen. Wien. Der Kaiser und die Kaiserin haben ihre Reise nach Kroatien angetreten und sind am 8. März Nachts in Agram eingetroffen, empfangen vom Jubelrnf deö Volkes, begrüßt durch Ansprache de« Bürgermeisters. Die Stadt war festlich beleuchtet; von Steinbrück bis Agram brannten ununterbrochen Freuden fen er aus den Bergen.