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Pienkaj,. Ar. 2V. s. März 1869. , . Preis L Weißeritz-Zeitung. G anstalten. ' Amts- M» A«zeigk-D!att der Mmglichm VerM-Amtkl Md Sladlräihr M z»,p«ldi«waldc Md /raito-ti». Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde. Tagesges ehichte. Dippoldiswalde. Wie die am 4. März in Tharandt erfolgte Zusammenstellung der im 6. Wahl kreise abgegebenen Stimmen zur Wahl eines Reichs tagsabgeordneten ergeben hat, ist keinem der Can- didaten eine absolute Majorität zugefallen. Die meisten Stimmen erhielten Hr. Hofrath Ackermann und Hr. Adv. Siegel, ersterer 1644, letzterer 1579. Es muß daher eine engere Wahl zwischen diesen beiden Candi- daten stattfinden, und ist diese bereits auf nächsten Montag, 15. März, anberaumt. — Hoffen wir, daß auch in unserm Bezirke, wie im 8. und 23., wo die liberalen Candidaten Ehsoldt und Fahnauer ge wählt wurden, diese engere Wahl im national-liberalen Sinne ausfalle. Dippoldiswalde, 8. März. Bei der am letzten Freitag erfolgten Neuwahl des Vorstandes des hiesigen Gewerbe-Vereins wurden die Herren Oberlehrer Engelmann, Lohgerbermeister Frosch, Kaufmann Schmidt, Klempner Teich er und Seifensiedermstr. Lommatzsch zu Mitgliedern des Vorstandes neu- resp. wiedergewählt, die nun unter sich die einzelnen Aemter des Vorstandes zu vertheilen haben werden. Der bis herige Vorsteher Jehne hatte wiederholt gebeten, von seiner Wiederwahl absehen zu wollen. Nach dieser Wahl gab Hr. Schneidermstr. Buse einige interessante Mittheilungen über eine kürzlich von ihm nach seiner Heimath Westphalen unternommene Reise und spendete hierauf unter die anwesenden Mitglieder von dort mit gebrachten Pumpernickel (delicates kräftiges Schwarz- brod) und westphälischen Käse neueren und älteren Jahrganges, welcher letzterer, wie krümelnder brauner Candis aussehend, sich bei Kennern großen Beifalls erfreute. — Am Sonnabend Abend nach 9 Uhr erscholl der Feuerruf in unserer Stadt. Es brannten von den am Haidewege gelegenen Scheunen die östlichste, den Knebel'schen Erben gehörige, von welcher sich aber die Flamme rasch auf die benachbarten fortpflanzte, so daß bei der furchtbaren Gluth bald alle 10 Scheunen in Flammen standen. Aus den drei letzten waren wohl alle Borräthe an Heu, Stroh und Gerätschaften, aus den früher betroffenen das Meiste gerettet worden, während natürlich aus der zuerst brennenden gar Nichts gerettet werden konnte. Die Spritzen konnten gar nicht in Thätigkeit kommen. Ein scharfer Wind aus Westen trieb ein Funkenmeer nach der Stadt, namentlich nach dem sehr feuergefährlichen Oberthorplatz, weshalb die freiwillige Feuerwehr, die Vergeblichkeit aller Löschver suche bei den Scheunen einsehend, sofort die Deckung des Oberthorplatzes und der angrenzenden Gebäude übernahm, eine Thätigkeit, die, wenn auch nicht so in die Augen fallend, doch sicher eine sehr ersprießliche gewesen ist. — Die große Feuergluth wurde in weitester Entfernung, selbst in Dresden wahrgenommen. — Der erste diesjährige Dippoldiswalder Vieh markt am 4. März war nicht reichlich beschickt mit verkäuflichem Vieh, woran wohl besonders die rauhe Witterung schuld sein mochte. Doch waren, da die Schlittenbahn gut war, sehr viele Fremde erschienen, die jedoch selten Käufer waren; denn von 24 Stück Rindvieh (Ochsen und Stieren) wurden nur 5 verkauft; von 16 Kühen uud Kalben 1 Stück, von 68 Pferden 14 Stück, und von 84 Schweinen 52 Stück. Die Preise wurden bei allen Thieren als verhältnißmäßig hohe bezeichnet. Von der oberen Müglitz. Sonderlinge einer wohlbekannten Partei haben ein und zwei Tage vor der Wahl zum Reichstage auch in den abgelegenen Dörfern unseres Gebirges ihren Umgang gehalten und durch Vorspiegelungen in Wort und Druck Leuten von ungebildetem Verstände die Köpfe verrückt. Es ist ein trauriges Zeichen der Zeit und ein Beweis von großer Unmündigkeit und Leichtgläubigkeit noch Vieler im Volke, daß solche Apostel ihrer Hörer und Thäter finden. Da könnte der erbärmlichste Lump Herkommen und das Widersinnigste und Ekelhafteste sagen, er fände Gehör und Glauben und würde als ein Heilsverkündiger auf- und angenommen, wenn er nur recht schöne Verspre chungen macht und armen gedrückten Leuten recht vor zugaukeln weiß, wovon ihnen die Ohren jucken. ES heißt: Prüfet bie Geister! und: Traue, schaue, wem! Daran denkt man nicht. Wenn nur seine Worte recht süß und lockend klingen, wird auch der Thor bejubelt und beklatscht als ein Volksbeglücker; wenn er Faulen und Müssiggängern nur goldene Berge verheißt und mißvergnügte Arme recht aufstacheln kann durch die Aussicht auf volle Beutel, da ist schon Alles gut an ihm und wird ihm Weisheit und menschenfreundliche Absicht zugetraut. Wahrlich, es beschleicht Einen das tiefste Bedauern, daß in unserem, gebildet sein wollen den Zeitalter noch solche entsetzliche Thorheit herrscht. Behüte uns Gott vor Volksbeglückern, die ihr System auf den Unverstand der großen Menge bauen. Sie bewirken nun, daß der achtungswerthe Arbeiterstand in seinem Ansehen herabgrdrückt und es mit seinen Nahrungsverhältnisien statt besser, nur mißlicher wird. In den Städten fängt man bereits an, das zu erkennen, aber leider! auf dem Dorfe noch nicht. Da machen falsche Propheten noch immer und vielleicht lange noch — einen guten Fang.