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L56 Grenzen fernerhin nicht mehr unter zollamtlichen Ver schluß gelegt. In Stelle desselben tritt die Beklebung mit einer Zollmarke von rothem Papier. Es kommen n Folge dessen auch diejenigen Bestimmungen in Weg- all, welche eine, die Anlegung des Zollverschlusses ge- tattende Umschnürung der Pakete, die Anrechnung der ogenannten Zollschnurgebühren rc. zum Gegenstände fallen. In Bezug auf die Sendungen mit Waaren- proben und Mustern bezweckt das Regulativ eine Be schleunigung in der Abfertigung dieser Gegenstände. Ebenso sind für die unter Begleitschein-Kontrole zur Versendung gelangenden Poststücke entsprechende Erleich terungen vorgesehen. Durch die eintretenden Verein fachungen rc. darf das gemeinsame Zoll-Interesse in keiner Weise beeinträchtigt werden. Es wird hierfür die gewissenhafte Mitwirkung der Postanstalten in An spruch genommen und die pflichttreue Erfüllung der in den Ausführungs-Bestimmungen des Regulativs aus gesprochenen Obliegenheiten der Postbeamten erwartet. Zwickau. 3m März wurde der Kutscher Schubert hier von einem, durch ihn keineswegs gereizten Hund in die Hand gebissen. Der Arzt (Medicinalrath vr. Günther) ließ die Wunde mit heißem Wasser aus waschen, mit Kalilösung ätzen und 4—5 Wochen in Eiterung erhalten. Da — am 10. Juli — bemerkt Schubert zuerst ein Unvermögen, zu trinken, das sich mit dem Gefühle brennenden Durstes bald steigerte, und erkannte leider der hinzugerusene Arzt die ersten Zeichen der Wasserscheu! Alle, Mittel versagten bei der Schnelligkeit, mit der die Krankheit verlief, und unter quälenden Athemkrämpsen, Delirien und Toben verschied der Unglückliche am 12. Juli. — Für das Publikum und die öffentliche Gesundheitspflege dürften sich aus den angeführten Thatsachen noch fol gende Winke ergeben: 1) Jeder Hundsbiß ist als verdächtig anzusehen. 2) Bei jedem Hundsbisse thut sofortige ärztliche Behandlung noth. Weil diese aber fast stets zu spät kommen wird, da das Gift aus der Wunde jedenfalls schneller in die Blutmasse des Gebissenen geht, als der Gebissene zum Arzte oder der Arzt zu diesem, so dürfte vor Allem wo möglich ein Umschnüren des betreffenden Theils, ein Ausdrücken der Wunde und Auswaschen derselben mit warmem Wasser und nach diesem — ich würde wenigstens als Gebissener oder als nächster Angehö riger des Gebissenen nicht Anstand nehmen, es zu thun, wenn ich auch das Bedenkliche des Mittels bei einer möglicher Weise vorhandenen offenen Stelle im Munde nicht in Abrede stellen will — das Aus sau gen de,r Wunde. Was dann noch geschehen soll, darüber mag der inzwischen herbeigerufene Arzt ent scheiden. 3) Jeder Hund, auch wenn es nicht aus drücklich bekannt gemacht worden, daß Tollwuth bei Hunden sich gezeigt hat, ist jederzeit als ein ge fährliches Thier zu betrachten, und die Humani tät gegen Menschen verlangt es, daß jeder Hund jahraus jahrein mit einem zweckentsprechenden Maulkorbe versehen sei, nicht blos aus den Straßen, sondern auch in Haus und Hof, so lange er nicht an der Kette hängt und fremde Personen dort Zutritt haben oder haben müssen. Berlin. Es bereitet sich eine Arbeitseinstellung der hiesigen Bäckergesellen vor. Sie haben schon mehrere Versammlungen gehalten und in der letzten, 700 Mann stark, folgende Forderungen an die Meister gestellt: 1) Beseitigung der Nachtarbeit und Festsetzung der Arbeitszeit von früh 4 bis Nachmittags 5 Uhr; 2) Beseitigung der Einrichtung^ welche die Gesellen nöthigt, im Hause der Meister zu schlafen und zu essen; 3) Erhöhung des Lohnes. Diese Forderungen sind dem Obermeister übergeben; falls nicht darauf einge gangen wird, wollen die Gesellen am 31. Juli kündigen. Magdeburg. Im nahegelegenen Schönbeck ist die Trichinenkrankheit ausgebrochen, bis jetzt 62 Personen daran erkrankt, so weit man es weiß, da sie ärztliche Hülfe suchten, und 5 bereits gestorben. Ein Wiener Hofarzt, auch ein Arzt aus Amerika sind hier, um die Krankheit zu beobachten. Die Behörden thun Alles, um gut zu machen, was Unkenntniß oder Ge meinheit verschuldet hat. Zur Hundefrage. Die heutige Nr. d. Bl. bringt einen, dem „Dresd. Kurier" entnommenen Bericht aus Zwickau über den erfolgten Tod eines Menschen an der Wasserscheu. Einen gleichen bedauerlichen Fall berichten die „Dr. Nachr." aus der Gegend von Königsbrück. Dort ist die 71jährige Frau des Schullehrers in Crakau, die im Mai von einem fremden Hunde gebissen ward, nach schrecklichen Leiden an der HundSwuth gestorben. Dem gegenüber muß man fragen: wie viel Menschen leben der Hundeliebhaberei noch zum Opfer gebracht werden sollen? Die Maßregel des Maulkorbtragens hat sich erfahrungsmäßig als kein glänzendes Schutz mittel bewährt. Abgesehen von der theilweise wenigstens mangelhaften Coustruction der Maulkörbe, ist eine strenge Durchführung dieser Maßregel kaum ausführbar, wenn man nicht jedem Hundebesitzer einen Polizeimann ins Haus schicken will. Welcher Hundebesitzer wäre nicht geneigt, seinen Liebling wenigstens zeitweise von dem lästigen Maulkorbe zu befreien? Ebenso hat die Hundesteuer, bei ihrem jetzigen niedrigen Betrag, zur Verminderung des Hundehaltens nicht wesentlich beigetragen. Eine namhafte Erhöhung, etwa Ver zehnfachung dieser Luxussteuer — und wir meinen, Luxussteuern vertragen am ersten eine Erhöhung — würde dem massenhaften Hundehalten eine Schranke setzen. Die allein durchgreifende Maßregel dünkt uns jedoch ein absolutes Verbot des Hundehaltens, oder wenn man sich dazu nicht verstehen will, die Ein führung einer ähnlichen Maßregel, wie sie beim Aus bruche der Rinderpest in Anwendung kommt. Beim Ausbruche dieser Pest wird bekanntlich alles Vieh in den inficirten Ortschaften, gesundes und krankes, ge- tödtet. Nur so ist eS möglich, der Weilerverbreitung dieser ansteckenden Krankheit entgegenzutreten. In gleicher Weise sollten in Ortschaften, wo sich ein toller Hund gezeigt hat, sämmtliche Hunde ohne Ausnahme getödtet werden. Man wird einhalten, daß die Tollwuth an sich nicht ansteckend sei, wie die Rinder pest. Wir geben dies zu; indeß ist dafür durch die Tollwuth das Menschenleben ungleich mehr bedroht, als durch die Rinderpest. Sage man, was man wolle, der Hund, selbst der Jagd-, Schäfer- und Fleischerhund, ist entbehrlich für den Menschen, jedenfalls durch andere Einrichtungen ersetzbar. Nicht Hundehaß, sondern innerste Theilnahme an dem Schicksale der, der entsetzlichen Wasserscheu neuerdings verfallenen Opfer, in Verbindung mit dem Wunsche, weitere ähn liche Unglücksfälle zu verhüten, lassen uns zur Feder greifen und zunächst an die öffentliche Meinung