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Dienstag. «r 41 2«. Mai 1868. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißerih-Zeitung. Preis pro Quartal 1V Ngr. Inserate die Spalten-Zeile 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Klatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Itadträthe zu Dippoldiswalde und /rauenfleiu. Verantwortlicher LeLmteur: Tart Zehne in VippoldiswalLe. x Tagesgefehichte. Dippoldiswalde, 25. Mai. Nachdem auf hiesigem Oberthorplatze das Abräumen des Schuttes der am 21. März abgebrannten Gebäude beendet und der Grund zu den neuen gegraben ist, wurde heute Morgen in Herrn Kaufmann Schmidt'S Neubau der Grundstein unter entsprechender einfacher Feier gelegt. In Herrn Schleifer Kunert's Neubau wird dies in einigen Lagen geschehen. Das der Wittwe Thonig gehörige, durch den Brand arg beschädigte, ja fast dem Einstürze nahe Haus ist, wie man hört, zum Berkaus, und wäre ein solcher, wenn damit ein Umbau verbunden, im Inter esse der geringem Feuergefährlichkeit des Oberthorplatzes sowohl, als der dadurch letzterem werdenden weiteren Zierde, sehr zu wünschen. — Aus allen Theilen unseres Landes, wie ganz Deutschlands und darüber hinaus, gehen die besten Berichte ein über den vortrefflichen Stand der Feld- srüchte. Wenn der sehnlichst erwartete Regen die selben bald erfrischt und kräftigt, wird gewiß ein noch weiteres Zurückgehen der Getreidepreise, als es in letzter Zeit bereits stattgefunden, nicht ausbleiben. Und dann werden doch auch die Brodpreise zurück gehen, die bei uns immer noch sehr hoch sind; es kostet ein 6-Pfund-Brot 1. Sorte 78 Pfg., 2. Sorte 72 Pfg., — in Dresden, wie die heutigen „Nach richten" schreiben, letztere Sorte nur 66 Pfg.! Dresden. Die 2. Kammer hat sich bekanntlich für Abschaffung der Todesstrafe erklärt, entsprechend dem Gesetzvorschlage der Regierung; die 1. Kammer hingegen hat sich mit schwacher Majorität für die Bei behaltung entschieden. Für diesen Fall besagt die Ver fassungsurkunde in tz. 91: Wenn die Kammern über die Annahme eines Gesetzvor schlags aetheilter Meinnng sind, so haben sie vor der Abgabe ihrer Erklärung das §. 131 vorgeschriebene Vereinigungsmittel zu versuchen. Das Vereinigungsmittel besteht nach stz. 131 in Folgendem: Beide Kammer haben aus ihrem beiderseitigen Mittel eine gemeinschaftliche Deputation zu ernennen, welche unter den beiden Vorständen der Kammern über die Vereinigung der getheilten Meinungen zu berathschlagen hat, und deren Mitglieder hierauf das Resultat ihrer Verhandlung den Kammern zu anderweiter Berathung vorzutragen haben. Dafern sich dieselben auch dann nicht vereinigen, so treten bei Gcsetzgebunqs- und Bewilligungs gegenständen die 92 enthaltenen Vorschriften ein. Die zuletzt erwähnten Vorschriften des Z. 92 aber lauten: Bleiben auch dann noch die Curiatstimmen beider Kammern getheilt, so ist zu der Verwerfung des Gesetzvorschlags erforderlich, daß in einer der beiden Kammern wenigstens zwei Drittheile der Anwesenden für die Verwerfung gestimmt haben. Da nun in der 1. Kammer der Gesetzvorschlag nur mit 22 gegen 15 Stimmen abgelehnt worden ist, so ist klar, daß die zur Verwerfung nöthige Majorität von zwei Drittheilen der Stimmen nicht vorhanden ist, denn diese würde bei 37 Abstimmenden mindestens 24 betragen müssen. Vorausgesetzt also, daß Regierung und II. Kammer auf ihrem Standpunkte beharren, so wird die Todesstrafe dennoch abgeschafft — trotz der I. Kammer! — Das kgl. Oberappellationsgericht hat in öffent licher Sitzung am 22. Mat gegen den wegen Mordes an der Wittwe Schaarschmidt und deren Knecht Kunze zum Tode verurtheilten Fleischer, Maurer und Hand arbeiter Wunderlich verhandelt. Wegen Mangel an genügenden Beweisen wurde vom Gerichtshöfe auf be schränkte Klagfreisprechung erkannt. Leipzig. Man ist fast allgemein mit der gegen wärtigen Verwaltung des hiesigen Theaters sehr unzufrieden. Angesehene Bürger und Abonnenten werden weitere Maßregeln ergreifen und eine Versamm lung vorbereiten, welche einen Verein gründen wird, der die bisherige Verwaltung der beiden Stadttheater zum Gegenstand ernster Erörterung machen und die Mittel besprechen soll, die zur Herbeiführung besserer Zustände angewendet werden sollen. Berlin. Die Vorstände der Kaufmannschaft und der Gewerbe Berlins gaben am 21. Mai den Mit gliedern des Zollparlament« und Zollbundesrathes in den Sälen der Börse ein Fest, das weit mehr noch, als durch Glanz des äußeren Festapparates, durch In halt und Schwung der dabei gehaltenen Reden zu einem bedeutungsvollen wurde, zu einem Verbrüderungs feste zwischen dem Norden und Süden, das ferner zu einem höchst erfreulichen harmonischen Abschluß des am 23. Mai geschlossenen Zollparlamentes führte. Der erste Toast galt dem König und dessen Verbündeten im Zollverein; l)r. Simson, Präsident des Zollparlaments, feierte den Handels- und Gewerbestand Berlins; Graf Bismarck brachte den süddeutschen Brüdern ein Lebe wohl und rief ein „frohes Wiedersehen" ihnen zu. Für die Einigung und volle Verständigung der deutschen Stämme sprach der bairische Minister v. Hohenlohe, dem für seine, lebhaftesten Anklang findenden patrioti schen Worte herzlich gedankt wurde. Das ganze Fest verlief in gehobenster Stimmung. — Da« Zollparlament ist am 23. Mai durch den König von Preußen mit einer Rede geschlossen worden. — Am 24. Abends unternahmen fast sämmt- liche Mitglieder eine Reise nach Kiel zur Besichtigung der Norddeutschen Marine, wozu sie Einladung erhielten