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— Die Spielbankgesellschaft in Wiesbaden und fortsetzen kann. — Mit Homburg ist der Vertrag EmS ist auf die Forderung der Regierung eingegangen, noch nicht abgeschlossen. nach welcher sie gegen die Erlegung von 1 Mill. Thlr. — Die Sammlungen für Ostpreußen belaufen an die genannten Städte das Spiel bi« Ende 1872 sich im Ganzen bis jetzt auf 300,300 Thlr. Eine That ohne Zeugen. Erzählung von E. H. Otto. (Fortsetzung.) Der Gehegbauer, ein braver und rechtlicher Mann, war durch diese Vorgänge tief erschüttert. Daß sein Sohn als ein Mörder angesehen und behandelt, daß er wie ein gemeiner Verbrecher gefesselt und in das Gefängniß abgeführt wurde, alles das öffentlich und vor Aller Augen, dem ganzen Dorfe zu einem Schau spiel, diese Schande drückte seine Seele zu Boden. Er glaubte an die Unschuld seines Sohnes, aber wenn diese auch an den Tag kam, so hastete doch für immer ein Brandmal auf seiner Familie, die bisher unbe scholten nnd mit Recht auf ihren guten Rnf stolz war. Der alte Mann saß stumm, vom Schmerz gefol tert, in einem Winkel, oder er ging seufzend und rin gend von Zimmer zu Zimmer, du'.ch Stall, Scheune und Hof. Er aß nicht und trank nicht, und alles Trösten war umsonst. So trieb er es mehrere Tage, dann endlich schien er zu einem Entschluß zu kommen. Er ließ sich seine Sonntagskleider bringen, kleidete sich an und nahm den Stock. „Wo willst Du hin?" fragte seine Frau ver wundert. „In die Stadt," war die kurze Antwort. „Waö willst Du dort?" „Ich muß den Criminalrichler sprechen." „Wegen unseres Bastelö?" „Ja!" „O, wenn Du den armen Jungen sprechen könn test," rief die Bäuerin. Glaubst Du nicht, daß man es Dir erlaubt?" „Ich will mehr als das," versetzte der Bauer. „Und was ist das?" fragte die Bäuerin neu gierig. „Man soll meinen Sohn frei lassen," entgegnete der Bauer mit fester Stimme. „Ich bürge für seine Unschuld; mein ganzes Vermögen, Haus und Hof, Alles was ich habe, will ich zum Pfände geben. Er soll nicht länger wie ein Verbrecher hinter finstern Mauern im Gefängniß sitzen. Bringen sie aber eine Schuld auf ihn, so will ich ihn mit eigener Hand einliefern, daß er seine Strafe bekommt." Der alte Mann hatte mit tiefer Erregung ge sprochen, reichte seiner Frau schweigend die Hand, und während diese ein „Gott Helf! und glücklichen Erfolg" nachrief, trat er gemessenen Schrittes den wichtigen nnd schweren Gang an. Einige Stunden später stand der Gehegbauer vor dem Landrichter. Er trug diesem sein Anliegen vor und bat um die Freilassung seines Sohnes gegen Bürgschaft. Der Landrichter hörte ihn schweigend an, dann und wann mit der Achsel zuckend; der alte Mann schien ihm leid zu thun. „Gern," erwiederte er, „würde ich Euern Wunsch erfüllen; aber das Gesetz gestattet es nicht. Die Anklage, welche gegen Euern Sohn vorliegt, ist zu schwer ; je nachdem die weitere Untersuchung seine Schuld oder Unschuld darthut, dar nach wird seine Freilassung erfolgen können oder nicht." Bei diesem Bescheid blieb der Landrichter trotz aller Anerbietungen, Betheuerungen und Bitten des Bauers. Auch seinen Sohn zu sprechen, wurde diesem nicht gestattet. Schmerzlich enttäuscht verließ der un glückliche Vater den Gerichtsort und begab sich auf den Nachhauseweg. Schon als er die Thüre öffnete, schon bei dem ersten Schritt in die Stube sah die Bäuerin, wie die Sache ausgefallen war. Sie war nicht einmal sehr überrascht; es schien, als habe sie diesen Ausgang er wartet. „Der Bastel soll aber doch frei werden!" sagte sie andern Tages zu ihrem Manne. „Wie denn?" entgegnete dieser kopfschüttelnd. „Wir müssen nur den rechten Weg einschlagen," fuhr die Bäuerin fort; „wir brauchen uns gar nicht um das Gericht zu bekümmern." „Und dieser Weg wäre?" „Die Evi muß den Bastel frei machen!" Der Bauer sah seine Frau voll Staunen an. „Die Evi," rief er, „die soll's thun; wo in aller Welt denkst Du denn hin?" „Laß mich nur machen, entgegnete die Bäuerin; „ich will die Sache schon fertig bringen. „Wie denn?" „Zunächst muß ich die Evi sprechen." „Sprechen," versetzte der Bauer; „Du willst die Evi sprechen, willst ihr wohl in's Gewissen reden, und davon hoffst Du etwas?" „Allerdings muß ich die Evi sprechen," fuhr die Bäuerin fort; öffentlich kann ich'ö nicht, das würde Aufsehen machen; heimlich muß es geschehen; Niemand darf etwas davon erfahren." „Dein Weg führt zu nichts," erwiederte der Bauer. „Er führt am sichersten zum Ziel!" „Was willst Du denn eigentlich mit der Cvi reden?" „Ich will nicht blos mit ihr reden," versetzte die Bäuerin; „es braucht noch mehr als Worte. Ist es Dir nicht zu viel, einige hundert Thaler für die Be freiung Deines Sohnes zu opfern, so gieb mir die Vollmacht dazu." „Dieses Geld," fiel der Bauer ein, „soll die Evi erhalten? wofür?" „Damit sie ihre Anklage zurücknimmt." „Das wird sie nicht thun!" rief der Gehegbauer. „Sie thut eS," entgegnete die Bäuerin entschieden; „ich müßte diese Dirne nicht durchschauen. Ueberlege Dir's selbst einmal, Claus, warum hat sie wohl die falsche Anklage gegen unfern Bastel gemacht?" „Der Bastel," erwiederte der Bauer finster, „hat unrecht an dem Mädchen gehandelt." „Das wußte ich nicht," fiel die Bäuerin ein. „Er hat ihr erst Betheuerungen und Verspre chungen gemacht und sie dann verlassen." „Sollte er sie denn heirathen?" rief die Bäuerin; „Du warst ja von Anfang dagegen." „Allerdings war ich dagegen," versetzte der Bauer; „allein wie es nun einmal stand, so hätte ich am Ende Ja gesagt, und er hätte sie heirathen können." „Das wäre schön!" fiel die Bäuerin spöttisch ein.