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Dienstag. Nr 52. 7. Inti 1868. KWeißerih-Zeitung.H. Postanstalten. 8 Pfg- Ms- und Allzeigk-Mt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthc zu Dippoldiswalde und /rauenstciu. VerMiwortlicher «e-acteur: Larl Lehne in Nipp oldiswnlde. Monats-Bericht. Der abgelaufene Monat brachte den Schluß des Reichstags. In kurzer Session sind eine große An zahl neuer Gesetze und Verträge angenommen worden, darunter als eins der wichtigsten die neue Maaß- und Gewichtsordnung. Man hat sich oft tadelnd über die dampfartige Geschwindigkeit ausgesprochen, mit welcher der Reichstag arbeitete. Wir können nicht in diesen Tadel einstimmen. Parlamentarische Versammlungen haben in der Regel nur über die einem Gesetzentwürfe zu Grunde gelegten leitenden Principien zu discutiren und im Uebrigen den Commissionen zu überlassen, zu prüfen, wie weit diese Principien im Detail durchge führt sind. Bei der Plenarberathvng Abänderungsvor schläge zu bringen, ist gemeinhin eine schwierige Auf gabe und führt häufig zu jener oft beklagten Gesetz- verderbniß. Die durchaus friedliche Situation hat auch in diesem Monate keine Störung erfahren. Wie im vorigen Monate Graf Bismarck unfern Nachbarn die vernehmliche Antwort gab, daß wir uns nicht vor ihnen fürchten, so erklärte in ähnlicher Weise General Moltke in der Reichstagssitzung vom 15. Juni: „Ich sehe für den Zweck des Friedens nur eine Möglichkeit, und die ist, daß im Herzen Europa's sich eine Macht bilde, die, ohne selbst eine erobernde zu sein, so stark ist, daß sie ihren Nachbarn den Krieg erwiedern kann. Eben deswegen glaube ich, daß, wenn dieses segensreiche Werk jemals zu Stande kommen soll, es von Deutschland ausgehen muß. Unsre Nachbarn wissen alle — auch die so thun, als ob sie es nicht wüßten — daß wir sie nicht angreifen wollen; aber sie sollen auch wissen, daß wir uns nicht angreifen lassen wollen." Diese Sprache ist kernig und verständlich und hat ihre Wirkung auf die ausländische Presse nicht verfehlt. Die Eng länder freuen sich darüber, daß wir nicht erobern, auf der andern Seite aber als unangreifbar dastehen wollen; die Franzosen sehen scheel dazu und meinen, daß wir die Herren in Europa spielen wollten. Allerdings hat ihr eigenes Herrenspielen in der Schlacht von Köuig- grätz ein Ende gefunden, und diesen Aerger können sie noch nicht verwinden. In dem benachbarten Oesterreich setzt sich die Geistlichkeit in schroffe Opposition gegen die Staatsge walt. Man ist gespannt auf die weitere Entwickelung dieses Conflicts. Im eigenthümlichen Contraste steht damit das Friedensfest, welches der Protestantismus unter Theilnahme deutscher Fürsten vor wenig Tagen in Wormö gefeiert hat, und wobei der katholische Bür germeister von Worms unfern Luther für den Ehren bürger seiner Stadt erklärte. Man sieht daraus, daß die Ideen und Ziele des großen Reformators immer mehr Gemeingut aller Gebildeten werden und auch in den Herzen anderer Confessionsverwandten eine Heimath haben. Die begonnene Bewegung auf kirchlichem Ge biete, und zwar in katholischen wie protestantischen Ländern, bestärkt uns in der Ueberzeugung, daß wir einer Fortsetzung oder Fortbildung der Reformation unaufhaltsam entgegengehen. Der Materialismus ist auf seinem Höheupunkte angekommen, und nach vielen Zeichen der Zeit steuern wir wieder einer Periode des Idealismus zu, wenn auch in anderer Weise, als im vorigen Jahrhundert. —r. Tagesgeschichte. * Aus Hänichen. Der in Ihrem letzten Berichte über das hiesige Kohlenwerk erwähnte Ventilator ist seit etwa acht Tagen im Gange und seine Wirkung bis jetzt eine vorzügliche. Bekanntlich hindert die schlechte Luft in den Kohlengruben nicht nur zeitweilig den Betrieb gänzlich, sondern ist auch namentlich für die Gesundheit und sogar das Leben der Arbeiter in hohem Grade gefährlich. Bisher suchte man diesem Uebelstande durch Anzünden eines Feuerkübels auf dem Boden der Schächte abzuhelfen und die schlechte Lust hinauszutreiben. Dieses primitive Hausmittel hatte jedoch nur eine sehr beschränkte Wirkung, vermochte namentlich die von den Schächten entfernten Teile des Kohlenfeldes nicht zu reinigen und war obendrein feuergefährlich. Der Ventilator besteht aus einem Schaufelrade, welches, durch Dampfkraft getrieben, in der Minute bis zu 90 Umdrehungen macht und durch einen mit dem Schachte in Verbindung stehenden Canal die in der Grube befindliche Lust mit solcher Gewalt aufsaugt, daß ein wahrhaft orkanartiges Geheul ent steht und die Grubenluft durch einen kleinen Schorn stein hinausgetrieben wird. Auf diese Weise wird die atmosphärische Luft genöthigt, durch die anderen Schächte fortwährend nachzudringen, und so den sämmt- lichen Strecken unausgesetzt frische Luft zugeführt. Man verspricht sich namentlich für die Gesundheit der Bergarbeiter die besten Wirkungen von diesem Ven tilator. Welchen Einfluß dieses Instrument auf die Temperatur der Grube haben wird, soll nächstens durch Thermometerbeobachtungen festgestellt werden, und finde ich vielleicht Gelegenheit, Ihnen künftig hierüber zu berichten. Glashütte. Der hiesige Frauenverein hat seit seiner Gründung viel Segen und Gutes gestiftet. Möge daher eine kurze Darlegung seiner Verhältnisse, wie seiner Wirksamkeit, in diesem Blatte gestattet sein.