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Nr 39. 19. 1868. KWeißer»h-Zeitung.M Postanstalten. 8 Pfg. Amts- und Meigk-Malt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und /rauenfleiu. Verantwortlicher «edacteur: Larl Sehne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. * Glashütte, den 18. Mai. Eine recht große Freude wurde uns gestern durch den Besuch einer jugendlichen Turnerschaar zu Theil. Fast in demselben Momente, als unsere Turner mit Fahne und klingendem Spiele nach Liebstadt zogen, um dort dem „Anturnen" beizuwohnen, machten uns jugendliche Turn gäste die Freude ihres Besuchs. Unter der Anführung des als tüchtigen Turnlehrers wohlbekannten Herrn Thurm aus Dippoldiswalde, kamen Mittags gegen ^12 Uhr die Turnschülerinnen des Genannten, be gleitet von einer Anzahl dem Turnen geneigter Damen, in unser im schönsten Frühlingsschmucke prangendes Müzlitzthal, um uns einige recht angenehme Stunden zu bereiten. Dieselben führten im Saale des Gasthofs „zur Post," theilweise in Gemeinschaft mit unfern jungen Turnerinnen, einige Frei-, Ordnungs- und Stabübungen, sowie allein zwei allerliebste Reigen aus, die uns durch ihre Ausführung wahrhaft überraschten. Einige durch einen aus den begleitenden Damen und Herren improvisirten Chor vorgetragene Gesänge trugen zur Erhöhung der heiteren Stimmung wesentlich bei, und mit Bedauern sahen wir die muntere Schaar von uns scheiden. Will's Gott, erwiedern wir einmal den freundlichen Besuch. f Vom Gebirge, den 17. Mai. Es ist in der That betrübend, wenn man jetzt sieht und hört, wie es mit der lieben Sabbathfeier gehalten wird. Oesters weiß man wirklich nicht, ob ein Werkeltag oder Sonn- und Festtag ist. Schon Constantin der Große verord nete, und das war schon vor 1500 Jahren, daß am Sonntage alle ordentlichen Verrichtungen jeglicher Stände, öffentliche Aemter, Künster und Arbeitsleute aushören sollten, und daß es nur dem Landmann er laubt sei, sich dieses Tages, nach dem Gottesdienste, zu bedienen, wenn an demselben Tage allein, unter vielen auf einander folgenden Tagen, fchöne Witterung einfiele, um Aecker und Weinberge bestellen ui können. Und diese Verordnung ist zu wiederholten Malen von den Regierungen ins Gedächtniß gerufen und einge schärft worden. — Wir haben in diefer Zeit daher aushaltend schöne Witterung gehabt, die wohl geeignet gewesen, die paar Ruthen Feld zu bestellen. Gleich wohl ist des Thuns und Treibens auf den Feldern kein Ende, und man fragt nicht darnach, ob es ein Wochen- oder Sonntag ist. Ein anderer Uebelstand, der nicht ohne Rüge vorübergehen kann, ist, daß so Viele, die nicht aus die schönen Worte hören: Es weihen die Glocken den Sonntag ein, Sie tönen jetzt nah und fern, Und rufen in jegliches Haus hinein: Kommt, kommt zu dem Hause des Herrn! an Sonntagen aufs Vogelsteller, ausgehe» und die be fiederten Sänger im Hain, in Wäldern und auf den Feldern wegsangen. Es ist dieser Frevel um so schmerz licher, als schon seit einigen Jahren die Singvögel, die doch die ganze Natur erst beleben, sehr in Abnahme begriffen sind, die sich Heuer noch fühlbarer zeigt. Dresden. Die erste Extrafahrt der Leipzig-v Dresdner Eisenbahn zwischen Leipzig und Dresden in diesem Sommer findet am Himmelfahrtstage statt. Au jedem folgenden Sonntage finden dann ebenfalls regelmäßig solche Extrafahrten (zu halbem Preise) statte — Die diesjährigen Wollmärkte werden ge halten werden: in Reichenbach am 8. Juni; in Bautzen am 12. Juni; in Dresden am 13. Juni; in Leipzig am 15. und 16. Juni. — Der Herzog von Nassau, der sich auf einige Wochen nach Wien begiebt, wird auf der Reise dorthin dem Dresdner Hof einen kurzen Besuch ab statten. Auch das kronprinzliche Paar von Italien wird im Laufe dieses Sommers nach Dresden kommen. — Ein in beiden Kammern eingegangenes königl. Decret setzt den Schluß des Landtags auf den 28. und die feierliche Entlassung auf den 30. Mai fest. In Abgeordnetenkreisen glaubt man aber an eine aber malige Fristverlängerung bis 15. Juni, da namentlich für die 1. Kammer die Zeit zur Erledigung der noch rückständigen Vorlagen nicht hinreichen dürfte. — Das Wechselstempel-Gesetz für Sachsen ist nunmehr veröffentlicht. Nach demselben unterliegen alle Urkunden, welche nach der allgemeinen deutschen Wechselordnung als Wechsel oder Anweisungen (Assig- nationen) zu betrachten sind, einer Stempelabgabe in der Art, daß von einer solchen Urkunde, welche auf die Summe lautet von 100 Thlr. oder weniger, der Stempel mit 1 Ngr. über 100 - bismit200Thlr. der - - 2 - - 200 - - - 300 - - - - 3 - und so fort von jedem 100 Thlr. mehr 1 Ngr. mehr zu entrichten ist, dergestalt, daß jedes angefangene Hun dert für voll gerechnet wird. Die Verpflichtung zur Entrichtung der Stempelsteuer wird erfüllt durch recht zeitige Verwendung von Stempelmarken auf der Urkunde; die Beschaffenheit derselben und die Art ihrer Verwendung wird im Verordnungswege bestimmt. Jede Hinterziehung der Stempelsteuer wird mit dem 25sachen Betrag der hinterzogenen Steuer bestraft. Der Zeit punkt, zu welchem das Gesetz in Kraft tritt, wird vom Finanzministerium bekannt gemacht werden.