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Nr. 27. Weißerih-Zeitung 3. April 1868. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die ! Spalten-Zeile Postanstalten. i ^8 Pfg. Ms- und Mtigc-Klatt der Königlichkn Gerichts-Ämter und Stadtrathe zu Dippoldiswalde und /ravensteiu. Freitag. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Verantwortlicher NeLacteur: Lari Zehne in Dippoldiswalde. Monats-Bericht. Wir sind am Ende des März angelangt, ohne daß sich am politischen Horizonte erkennbare Gewitter wolken zusammengezogen hätten und es läßt sich nun mehr mit einiger Wahrscheinlichkeit behaupten, daß der allgemeine Weltfrieden in diesem Jahre nicht gestört werden wird. Zu Anfänge des Monats erregte die plötzliche Reise des Prinzen Napoleon nach Berlin einige Sen sation; die verschiedensten Vermuthungen über den Zweck der Reise tauchten auf und am meisten wurde geglaubt, daß diese Reise mit der orientalischen Frage und der Stellung Preußens dazu, in Verbindung stehe. Wie dem sei, — jedenfalls fühlte sich Niemand beunruhigt durch diese Reise und es war im Gegentheil schmeichel haft für das nationale Gefühl, daß die Franzosen jetzt Respekt vor uns haben und unsre Freundschaft suchen. Nebenher wiegten sich auch Freunde und Gegner der neuen Ordnung der Dinge, in dem behaglichen Be wußtsein, daß die Geschicke unsres Vaterlandes in einer Hand ruhen, welche dafür sorgt, daß dasselbe nicht mehr so leicht zum Prügeljungen einer händelsüchtigen auswärtigen Macht benutzt oder über den Löffel barbiert werden kann. In Oesterreich sind in den letzten Tagen d. M. entscheidende Schläge gegen das Concordat geschehen. Das Votum des Herrenhauses vom 21. d. M. wird einen denkwürdigen Markstein in der Geschichte des Kaiserstaats bilden. Noch ist für die Ideen des 19. Jahrhunderts der Sieg über das Priesterthum nicht errungen, aber die Schlacht ist eröffnet. Wird auch das jetzige Ministerim, wie einst der Kaiser Joseph an den Bollwerken des Papstthums scheitern und wird man versuchen, das rollende Rad der Zeit noch einmal rückwärts zu drehen, oder ist es für immer aus mit den geistigen Schlagbäumen, die man den Fortschritten des Menschengeistes entgegen stellte? Die Zukunft wird es lehren. Der große Coloß Rußland verhält sich fort während ruhig und stimmt in die Friedensversicherungen der anderen Mächte mit ein. Nach mancherlei An zeichen scheint es doch nicht außer dem Bereiche der Möglichkeit zu liegen, daß von dort aus die orienta lische Frage in Scene gesetzt wird, sobald der Schnee in den Gebirgen geschmolzen sein wird. Unmittelbar berührt uns diese Frage nicht, weshalb wir vor der Hand noch nicht besorgen, in die dort drohenden Ver wickelungen hineingezogen zu werden. In Frankreich zeigt sich die Bevölkerung sehr oppositionell, man möchte sagen revolutionär gegen das neue Militärgesetz. Es läßt sich nicht weiter leugnen, daß die Stellung des Kaiserreichs wankend geworden ist, und daß in Frankreich eine innere Frage existirt, in welcher, wie kürzlich ein Publicist mit Recht bemerkte, zugleich die Kriegsgefahr für Deutschland enthalten ist. In Englaüd endlich bereitet sich ein parlamen tarischer Sturm gegen den neuen Ministerpräsidenten Disraeli vor. Die irische Frage bietet dazu die Hand habe. Allem Anscheine nach wird auch dort das Torh- ministerium den Liberalen weichen müssen, selbst wenn der gegenwärtige Premier seine Drohung der Auflösung des Hauses ausführen sollte. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. Am 30. März d. A würde an einer zwischen ReinhardSgrimma und Niederfrauen- dorf auf einem hohen Aussichtspunkte stehenden Fichte ein junger Mensch von gegen 20 Jahren erhängt aufgefunden, welcher später als der Tags vorher in Hirschbach aus dem Dienste entlaufene Knecht Donath, gebürtig aus Dippoldiswalde, erkannt wurde. Die Furcht vor gerichtlicher Anzeige wegen Bedrohung seines Dienstherrn scheint das Motiv der That zu sein. K Frauenstein, 31. März. Der gestern hier ab gehaltene erste Vieh markt war wegen der kalten Witterung wenig mit Rindvieh beschickt, während Pferde und Schweine besser vertreten waren. Die Preise sollen durchschnittlich hohe gewesen sein. Mehr als andere Viehmärkte waren diesmal besonders aber auch verschiedene Arten „Affen" vertreten, welche insbesondere in den WirthShäusern losgelaffen wurden und hier und da Carambolagen und handgreifliche Demonstrationen herbeiführten. — Heute fand hier eine Control-Versammlung der Landwehrleute des hiesigen Gerichtsamtsbezirks statt, zu welcher sich dem Vernehmen nach einige sechzig Mann eingefunden hatten. Wie man hört, ist ihnen der Fahneneid für den Norddeutschen Bund abgenommen worden. Dresden. Für die nächste 74. Landes-Lotterie ist die Zahl der Loose von 80,000 aus 85,000 erhöht, demgemäß auch die Zahl der Gewinne von 100 bis 1000 Thlr. — Bei der letzten Volkszählung hat sich ergeben, daß in Dresden 14,538 Fremde wohnen, darunter be- sanden sich 7291 Preußen, 2070 Oesterreicher, 1059 Russen, 540 Amerikaner und 463 Engländer. — Der Finanzausschuß der II. Kammer befür wortet den Bau mehrerer Staatseisenbahnen und