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.vv... ----- 234 Einheit und Macht unseres Vaterlandes gelangen können, bekunden soll. Mögen unsere süddeutschen Brüder, welche zum erstenmale auf demselben erscheinen werden, noch rechtzeitig sich erinnern, welchen Gefahren sie den Bau deutscher Einheit aussetzen, wenn sie in leeren Phrasen gegen ein Preußenthum wüthen, das nur noch in ihrer Phantasie in der gefürchteten Gemeinschädlich keit besteht. „Die Einheit Deutschlands auf wirth- schaftlichem Gebiete erreicht, muß die politische Einheit nach sich ziehen. Sorgen die Demokraten dafür, daß die wirthschaftliche Einheit auf nationaler und also auch demokratischer. Basis erreicht wird, so sind die Schöpfer der politischen Zukunft Deutschlands," sagt der demo kratische Wiener „Telegraph," und es wäre wohl gut, wenn die süddeutsche Volkspartei, welche so gern jetzt wieder mit Oesterreich liebäugelt, sich diese gesunden Worte zu Herzen nehmen und die Zollparlamentsmit glieder ihrer Farbe darnach instruiren wollte. — Die alljährlichen Manöver unserer Truppen werden in diesem Jahre im Monat August bei Dresden, Chemnitz und Großenhain stattfinden. — Man spricht in militärischen Kreisen mit ziem licher Bestimmtheit davon, daß die Garnison Grimma aufgehoben und die dort stehenden Reiterschwadronen nach Plagwitz bei Leipzig verlegt werden sollen. — In Leipzig hält sich gegenwärtig der Be vollmächtigte einer amerikanischen Gesellschaft auf, welcher für seine Auftraggeberin mit der Leipziger Communverwaltung wegen ConzessionSertheilung zu einer großartigen Pferdeeisenbahn unterhandeln soll, durch welche die volkreichen, mit der Stadt Leipzig im engsten Verkehre stehenden Ortschaften der nächsten Umgegend mit Leipzig verbunden werden sollen. — Der am 1. Osterfeiertag von Altenburg abge- gegangene Güterzug ist mit dem von Chemnitz kom menden Personenzuge zusammengestoßen. Außer einem Passagier, der den Daumen gebrochen hat, ist jedoch Niemandem eine Verletzung zugestoßen. Glauchau. Ein Eisenbahnunglück ist am ersten Feiertag Nachmittag in unserer Nähe geschehen. Der um 2 Uhr von Chemnitz abgegangene, mit 2 Lo komotiven bespannte Güterzug ist bei dem Dorfe Nieder- lungwitz ('/r Stunde von Glauchau) aus circa 20 mit Kohlen, Getreide und Steinen beladene Lowrh's gestoßen, die auf jetzt noch unbekannte Weise vom Bahnhofe Hohenstein aus sich in Bewegung gesetzt und die schiefe Ebene gegen Glauchau heruntergebraust waren. Von Hohenstein aus war zwar telegraphische Meldung nach Glauchau gemacht worden, aber der Zug hatte den Bahnhof schon 3 Minuten vor Eintreffen der Depesche verlassen, und in St. Egidien, wo man mög licherweise die Gefahr hätte beseitigen können, scheint man nichts gethan zu haben. — Der Zusammenstoß muß ein fürchterlicher gewesen sein, und man kann nicht genug von den Verheerungen berichten, die der Zusammenprall angerichtet hat. Von den Hohensteiner Wagen sind etwa 10 demolirt, umgeschüttet, Kohlen, Getreide u. s. w. liegen auf dem Bahndamm und dessen Nähe; die erste Locomotive des Zuges ist total zerstört, der Tender derselben auf die zweite geworfen, wo er natürlich auch gräuliche Verwüstungen angerichtet hat. Der Bahnkörper selbst hat ebenfalls gelitten, und wird dieganzeNacht gearbeitet, um denselben frei zu machen. — Leider ist auch ein Menschenleben zu beklagen: der Führer der ersten Maschine, Lehmann, ein allgemein — - beliebter Mann, Familien-Vater, verlcr beide Beine und starb auf dem Transporte nach Glauchau, während der Heizer Seifert mit einigen unbedeutenden Verletzungen davongekommen ist; der Bremser war vor dem Zusam menstoß herunter gesprungen. Bon dem übrigen Per sonal ist glücklicherweise Niemand verletzt worden. Berlin. Die aus 10 Titeln und 172 Paragraphen bestehende Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund ist an die Mitglieder des Reichstages im ge druckten Entwurf ausgegeben worden. (Ein Auszug folgt in einer der nächsten Nrn. d. Bl.) — Es wird versichert, daß die nord sch leswig- sche Frage, die immer noch einige, wenn auch sehr geringe Bedenken wegen ihrer friedlichen Endigung auf« ommen ließ, in allernächster Zeit durch ein sreundschaft- iches Uebereinkommen werde gelöst werden; überhaupt oll die Situation niemals friedenverheißender gewesen ein, als jetzt. Wien. Was den Stand der kirchlichen Frage in Oesterreich betrifft, so ist aus einer, vom Ministerium Auersperg veröffentlichten Correspondenz mit den Bi schöfen, sowie aus anderen zuverlässigen Anzeichen, mit Sicherheit zu entnehmen, daß dasselbe mit den Be schlüssen des ReichSrathes gegen das Concordat zu stehen und zu fallen entschlossen ist. Vereinfacht wird die letzte Entscheidung in dieser Frage dadurch, daß von Rom aus nur eine einfache Ablehnung nach Wien gelangte, also nicht einmal der Versuch gemacht wurde, durch eine halbe oder ausweichende Antwort die Sache in die Länge zu ziehen und halbentschlossene, halbzag hafte Gemüther mit der täuschenden Hoffnung auf einen doch noch möglichen Ausgleich zu kirren. Vermischtes. An die denkenden deutschen Frauen. So ist der Titel eines Buches, (bei H. Matthes in Leipzig er schienen) welches es sich zur Aufgabe macht, die Blicke und Anschauungen der gebildeten Mitwelt aus die höchsten Inter essen der Menschheit hinzulenken. Es enthält die Aussprüche unsrer größten Denker, namentlich über die Unsterblichkeit der Seele, und könnte mit ebenso gutem Recht auch an die denkenden deutschen Männer gerichtet sein. Die Verfass erin, Frau Elise v. Aßtalos, hat das Leben und die Welt kennen zu lernen Gelegenheit gehabt. Aus einer angesehenen Ham burger Kaufmannsfamilie stammend, bestimmte sie die Liebe zur Kunst, Sängerin zu werden. Nachdem sie unter anderem Namen mit Erfolg in Wien, Mailand, Turin, Triest, Berlin, Paris, Stockholm rc. aufgetreten war, gab sie das Bühnen leben, das ihren idealen Vorstellungen nicht entsprach, auf, und reiste mit ihrem Bruder, der dort zum Consul ernannt worden war, nach Brasilien. In dieser tropischen Natur, unter der Sternenpracht des Südens entstanden die ersten Anfänge ihres Werkes. Nach drei Jahren kehrte sie von dort nach Deutschland zurück und reichte ein Jahr später dem ungarischen Obristen Alexander v. Aßtalos, einem Freunde Kossuth's, die Hand. Durch einen Sturz aus dem Wagen hatte ihre Mutter ein plötzlicher Tod ereilt, eine Schwester war ihr gestorben und auch ihrem Gatten war nur eine kurze Lebensdauer beschieden. Nach kaum einjähriger Ehe fiel er, wegen Betheiligung an der ungarischen Revolution im Exil lebend, in Paris im Duell. Wenige Monate darauf ward sie Mutter und begab sich dann mit ihrem Kinde nach London, wo ihr Bruder angestellt ist. Während eines solchen erfahrungsreichen Lebens sam melte die Dame aus den Werken deutscher, englischer und