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Kraft das zu erreichen, was dem Einzelnen unmöglich sein würde. Wie manchen schönen Erfolg hat die Ge schichte des Genossenschaftswesens nicht schon aufzu zählen und wir glauben, daß dasselbe noch lange nicht aus dem Höhepunkte seiner Entwickelung angelangt ist. Es muß also die Möglichkeit der Mobiliar-Ver sicherung dadurch erzielt werden, daß Diejenigen, welche dabei am nächsten betheiligt sind, die Sache selbstthätig in die Hand nehmen. Naturgemäß haben sich in unserem engeren Kreise die obengenannten fünf Städte des Müglitzthales für dies Vorhaben zu interessiren, und wenn Alles rüstig zusammengreift, so ist das Ziel keineswegs so schwer zu erreichen, als es den Anschein hat. Allerdings würde eS zu Täuschungen führen, wenn man glauben wollte, daß die Versicherungen bei diesem Verband sich durch niedrige Prämiensätze auSzeichnen müßten. Im Gegentheil; dieselben könnten namentlich im Anfänge und da dem Verbände naturgemäß nur die gefährlichen Risiko'S zufallen müßten, kaum niedriger gestellt werden, als die der Privat-VersicherungS-Gesell- schaften, und eine Erleichterung dürfte erst nach Jahren zu erwarten sein, wenn sich mit Hülfe dieser Anstren gungen ein solider Reservefond gebildet hätte. Aber bedenken wir doch auf der andern Seite, daß bei den meisten Versicherungs-Gesellschaften zunächst eine Anzahl Capitalisten ihren Gewinn für die wirklich eingezahlten und bez. gezeichneten Capitalantheile beanspruchen; be denken wir ferner, daß ver Verwaltungöaufwand der Haupt- und Zweig-Agenturen und die ansehnlichen Ge- winnantheile der Agenten einen bedeutenden Theil der eingehenden Prämienzahlungen verzehren, so stellt sich für den vvrgeschlagenen Verband, der wenigstens im Anfänge auf die uneigennützige Thätigkeit patriotischer Männer rechnen dürfte, die Rechnung entschieden günstiger. Möge daher Jeder, der ein warmes Gefühl für das Wohl seiner Mitbürger im Herzen hegt, sich dieser höchst wichtigen Angelegenheit eifrigst annehmen. Ge- werb-Vereine und andere Versammlungen dürften zur Anregung und Berathung derselben sehr geeignet sein. Nur wenn die Betheiligung zahlreich ist, kann ein solches Unternehmen gedeihen, und deshalb würde es sogar wünschenswerth sein, wenn sich noch andere Städte demselben anschlössen. Unsere werthe Nachbar stadt Dippoldiswalde steht an dem rauchenden Trümmerhaufen mehrerer Häuser, und mit dem Brande derselben ist ein großer Theil der werthvollen Habe mehrerer achtbarer und strebsamer Bürger verloren gegangen, welche jedenfalls versichert haben würden, wenn die Möglichkeit dazu dagewesen wäre. (Einer der Abgebrannten war 15 Jahr lang bei hoher Prämie in der Leipziger Feuer-Vers.-Ges., wurde aber vor mehrern Jahren von derselben ausgestoßen.) — Auch Frauen stein und Tharandt, sowie auf der andern Seite Liebstadt und Berggießhübel, haben durch die Bauart der meisten ihrer Häuser gleiches Schicksal zu tragen. Rühre sich daher ein Jeder in den ihm zugänglichen Kreisen, um diesen gemeinnützigen Zweck zu fördern! Sobald nur die Betheiligten die Sache kräftig unter stützen, wird sich auch noch mancher andere Beistand und Zuzug finden. * Glashütte. In der am vergangenen Sonntag abgehaltenen Sitzung des hiesigen Gewerbevereins sprach Hr. Apotheker Kühnel über Leuchtstoffe. Der sehr belehrende Vortrag fand allgemeinen Anklang und machte den Wunsch rege, bald wieder eine» ähnlichen zu hören. — Ein hierauf vorgelesener Artikel „über die Gefahren des Handwerkes" aus dem Ober!. Ge- werbsbl., der wohl viele Wahrheiten enthält, veranlaßte ein Vereinsmitglied, darauf hinzuweisen, daß der „gol dene Boden" deö Handwerkstandes in unserer Zeit dort nur wieder zu finden sei, wo nach tüchtiger Schul- Bildung eine gehörige Fortbildung angestrebt und geübt werde. Er legte allen Denen, welche den Hand werkerstand ehren und ihm aufhelfen wollen, die För derung der Fortbildungsschulen mit warmen Worten an's Herz. — Die nächste und Schlußsitzung für das Wintersemester wird in 14 Tagen stattfinden und haben wir in derselben wieder einen Vortrag des Hrn. Uhren- fabr. A. Lange zu erwarten, der durch seine Mitthei lungen die Aufmerksamkeit der Zuhörer stets so sehr zu fesseln weiß. Dresden. Die Verhandlungen der 2. Kammer über die Wahlgesetz-Reform haben am Montag, 23. März, dem Tage der Eröffnung des Reichstages, begonnen. Die Verhandlungen selbst anlangend, so sind dieselben natürlich noch nicht zum Abschlüsse ge langt, werden vielmehr, nachdem die General-Debatte beendigt, in der Specialdebatte noch fortgesetzt. Die Staatsregierung hat sich für die Majorität der Depu tation erklärt, und hiernach dürften deren Anträge wohl die meiste Aussicht auf Annahme haben. — Die Betriebsrechnung der Leipzig-Dres dener Eisenbahn meist eine Einnahme von 2,753,695 Thlr. 5 Ngr. 3 Pfg., eine Ausgabe von 1,292,779 Thlr. 24 Ngr. 8 Pf., also einenUeberschuß von 1,460,915 Thlr. 10 Ngr. 5 Pf. auf, wovon an Zinsen (4°/o), Amortisation und Postentschädigung 370,517 Thlr. 8 Ngr. 7 Pf. bezahlt wurden, so daß 1,090,398 Thlr. 6 Ngr. 8 Pf. verbleiben. Nach Abzug von */» "/o Tantieme des Bevollmächtigten würde eine Dividende von 20—21°/o entfallen, mit Hinzurechnung der 4°/o Zinsen also 24—25°/o. Es ist das Jahr 1867 dem nach als ein sehr glückliches für die Aktionäre der Bahn zu bezeichnen. Berlin. Am Montag, 23. März, fand im Weißen Saale des kgl. Schlosses die Eröffnung der zweiten Session der ersten Legislaturperiode VeS Reichstages des Norddeutschen Bundes statt. In Gegenwart vieler regierender Häupter, Kronprinzen und Prinzen, die zur Taufe des jüngsten Sohnes des Kronprinzen von Preußen hier anwesend, fast aller Gesandten und des größten Theiles der Reichsrathsmitglieder las der König die ihm vom Bundeskanzler überreichte Thron rede vor, nachdem der Präsident Simson dem Schirm herr» des Norddeutschen Bundes ein dreimaliges Hoch gebracht. Die Thronrede spricht vor Allem die Zuver sicht auf Erhaltung des Friedens aus, ist sonst ohne allen Prunk und zählt nur die Arbeiten auf, mit denen sich der Reichstag zu beschäftigen haben wird. — Daö Geburtsfest des Königs ist in allen Landestheilen mit inniger Theilnahme begangen worden; der König hat die ihm dargebrachten Glückwünsche in huldreichster Weise erwiedert, wobei die Rüstigkeit seines Körpers und Geistes vielfach bewundert worden ist. — Bei der an demselben Tage (22. März) statt gehabten Taufe des kronprinzlichen Sohnes, der die Taufnamen Joachim Friedrich Ernst Woldemar erhielt, waren folgende Pathen: der König und die Königin,