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ihm wieder so wohl dabei, daß er gern von Neuem wieder seinem stillen Hoffen und Sinnen sich hinge geben hätte. Da klopfte eö an die Thüre der Werkstatt, und ehe er noch öffnen konnte, trat Auguste ein. „Das ist mir lieb, Sie allein zu finden", begann diese unter leichtem Erröthen, und trat auf den freudig überraschten Wittchenauer zu. „Das ist Ihnen lieb, Mamsell Gustel?" rief dieser zärtlich und erfaßte, der Gelievten gegenüber heute muthigcr als je sich fühlend, deren Hand. „Nun natürlich, lieber Blembel", fuhr Auguste fort, und nahm ein Papier aus ihrer Tasche, in welchem sich der Geldbetrag für die neuen Stiefelchen der Pro fessorin eingewickelt befand. „Ich muß doch meine Schuld entrichten; die Stiefelchen kosten doch nicht mehr und nicht weniger, als meine Madame gewöhn lich bezahlt?" Mit diesen Worten sah sie den aus seinen schönsten Träumen nun zur nüchternen Wirklichkeit erwachten Gesellen schalkhaft lächelnd an und drückte demselben das Geld dafür in die Hand. Dieser aber zog schnell seine Hand zurück und rief fast wehmüthig: „Darum also kommen Sie?! -- O, die Stiefel der Frau Professorin sind schon längst fertig, die habe ich noch dieselbe Nacht zusammenge näht. Darnm brauchen Sie nicht in Sorge zu sein!" „Sie guter Blembel, Sie! Also um mir gefäl lig zu sein, haben Sie eine ganze Nacht sich den Schlaf abgedarbt?" frug Auguste, von diesem Beweis seiner Liebe innig ergriffen, und drückte des Wittchenauers Hand. „Ja, Mamsell Gustel, und wenn Sie wüßten, wie gern ich das gethan, da würden Sie nicht fragen, was die Stiefel kosten!" rief der Geselle entrückt von diesem Händedruck und trat, wieder neuen Muth fas send, Augusten näher. „O, ich bin Ihnen sehr dankbar, Wittchenauer," entgegnete Auguste; „aber bezahlt müssen die Stiefel doch werden, wie kämen Sie denn sonst mit Ihrem Meister zurecht?" „Der Meister hat mir die Zuthat dazu geschenkt, also haben Sie gar nichts zu fürchten, Mamsell," antwortete Blembel beherzter und setzte dann mit einer Art von Vorwurf hinzu: „aber freilich, wenn man zu stolz ist, eine Gefälligkeit anzunehmen, da macht man Umstände!" „Aber, lieber Herr Blembel, wie komme ich denn dazu?" frug nun verlegen werdend Auguste. „Wenn ich Ihr „lieber Blembel" wäre, da würden Sie mir mit Ihrem Gelde vom Halse bleiben und kein Wort mehr verlieren!" ries dieser und sah Augusten mit wehmüthig-ernsten Blicken an. „Aber nein!" fuhr er nach einer kurzen Pause fort, als er sah, wie Auguste, um ihr Erröthen und ihre stei gende Verwirrung zu verbergen, sich von ihm abwen dete: „Nein, Sie haben mich nicht lieb, ich bin Ihnen zuwider. Jst'S nicht so?" ,,Herr Blembel! Ich verstehe Sie nicht! Ich muß fort!" stammelte Auguste, immer unruhiger und befangener werdend. „Nein! Sie dürfen nicht fort, ohne mir zu sagen, ob Sie mich lieb haben oder nicht", drängte der Wittchenauer, immer kühner werdend, jemehr Au guste die Herrschaft über sich selbst verlor. — „Gust- chen, liebes Gusich en! gestehen Sie mir es doch; haben Sie mich denn gar nicht lieb?!" Mit diesen Worten schlang Blembel den Arm um den Nacken Augustens und versuchte das zur Erde gesenkte, mit Purpurgluth überhauchte Antlitz derselben empor zu richten; aber erschrocken trat er zurück; denn über Augustens Wangen perlten Thränen, die das Entzücken der ersten Liebe ihr entlockt, die aber der furchtsame Wittchenauer für ein deutliches Zeichen hielt, daß sie ihm gram sei. „Sie weinen, Gusichen!" begann er wehmüthig und fühlte all' seinen Muth bei dem Anblicke der Thränen Augustens schwinden, während diese, im In nern so glücklich, durch diese Thränen zu lächeln ver suchte. „Sie weinen!" fuhr er mit immer weicher werdender Stimme fort: „O, das thut mir weh! — Kränken wollte ich Sie gewiß nicht. — Ich habe Sie herzlich lieb — sah Sie schon im Geiste in Wittchenau — denn ich habe dort Haus und Hof — auch ein Stück Feld — und eine alte Mutter, der Sie gewiß recht gut geworden wären — aber so, na — es sollte nicht sein — nur weinen sollen Sie meinetwegen nicht, wenn Sie mich auch nicht lieben können!" „O doch! doch!" schluchzte Auguste und sank, nicht länger ihre Gefühle beherrschend, an Blembel's Brust, dem das Weinen nun selbst nahe war. „Was!" rief dieser, durch dieses Geständniß freudig überrascht und all' seinen frohen Muth wie der gewinnend. „Jst'S möglich, Gustel! Sie sind mir nicht gram! Sie lieben mich!" „Ja! schon längst!" hauchte Auguste, den Ge liebten zärtlich umarmend. „O, nun ist Alles gut!" jubelte dieser und be deckte die ihm nicht ausweichenden rosigen Lippen der Geliebten mit glühenden Küssen. „Nun, Gustel! nun kündige ich noch heute dem Meister, reise nach Witt chenau und bestelle das Aufgebot! In sechs Wochen spätestens sind wir Mann und Frau! Juchhe!" „Aber, Blembel!" flüsterte hocherröthend Au guste; „ich bin arm und habe nichts, als was ich mir in meiner Dienstzeit gespart, und das ist nicht viel!" „Ach was! Ich habe Dich! ob Du Geld hast oder nicht! Du bist gar nicht zu tariren!" jubelte der glückliche Liebhaber und zog seine Gustel unter wie derholten Küssen an seine Brust. In diesem Augenblicke verkündete ein Geräusch an der Thür der Werkstätte den heimkehrenden Lehrbur schen, und riß die Liebenden aus secundenlanger stum mer seliger Umarmung. Mit freudestrahlenden tränen feuchten Blicken reichte Auguste dem Geliebten die Hand, welche dieser zärtlich drückte, und flüsterte, als der Lehrbursche hereintrat, sich schnell entfernend: „Ich spreche noch heute mit meiner Herrschaft!" (Fortsetzung folgt.) Vermi schtes. Was auf dem Gebiete der billigen Literatur geleistet werden kann, dafür giebt der im Verlage von A. H. Payne in Leipzig erscheinende „Zllustnrtk Fsmilien-Aalrndrr für 1869" einen schlagenden Beweis. Dieser Kalender enthält auf nicht weniger als 80 Seiten großen Quart-Formats über 100 verschiedene Erzählungen, Aufsätze, Gedichte, Recepte und ca. 40 Illustrationen und u. A. Schillers Gedichte. Außerdem aber einen reizenden Stahlstich: „Jägers Heimkehr", der an und für sich die weiteste Verbreitung verdient, und das Alles für 5 Sgr. Es ist dies allerdings nur bei