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Freitag. Nr. IS. 6. Mär) 1868. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißeritz-Ieikmg. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Svalten-Zeile 8Pfg. Amts- und Anzeige-AM der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippoldiswalde und /rauenflein. Verantwortlicher Vedactrur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. Nationale Ehre. Die Ereignisse des Jahres 1866 haben den, durch die Jahrhunderte lange Zersplitterung des deutschen Reichs ziemlich abhanden gekommenen Begriff der na tionalen Ehre wieder lebhaft in den Vordergrund ge bracht, und wir hörten jüngst bei einer Vergleichung der Verfassungszustände Oesterreichs und des Nord deutschen Bundes von einem Politiker die Aeußerung: „im Norddeutschen Bunde weiß ich die nationale Ehre gewahrt, und darum verzichte ich gern noch eine Zeit lang auf etwas mehr Freiheit und Volksrechte." Vor zugsweise erfreulich für den Patrioten ist es, in dieser Richtung anerkennende Stimmen des Auslandes zu hören. Vor einiger Zeit brachten die „Grenzboten" einen vortrefflich geschriebenen Brief des Grafen von Paris über deutsche Zustände. Ein ähnliches Zeugniß ist die Antwort, welche der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Johnson, dem preuß. Gesandten Baron Gerolt gab, als dieser seine Beglaubigungsschreiben alsDundesgesandter über reichte. Die Antwort lautet nach der „Volkszeitung": „Baron Gerolt — ein sonderbares Factum in Preußens Geschichte verdient bei dieser Gelegenheit Beachtung. Es hieß, daß, nachdem Preußen im Jahre 1807 Frieden erlangt hatte, mit Verminderung seines Territoriums und Verlust seines politischen Einflusses, der König einen Lehrer des Volkes, Fichte, aufgefordert habe, ihm zu rathen, durch welche Mittel die preußische Regiemng ihr früheres Ansehen wieder Herstellen könne. Nach langer Ueberlegung erwiderte jener: daß der Tempel deutscher Unabhängigkeit jetzt von Grund aus wieder aufgebaut werden müsse, daß der alte Namen der Freiheit verwittert, rind von dem Orkan, der jüngst über ihren Häuptern getost habe, hinweggeschleudert worden sei, daß ein neues Wachsthum eintreten müsse, einer tieferen Wurzel entkeimend, beseelt von einem neuen Strome. Das Mittel, das er zu diesem Zwecke anführte, war die Errichtung einer Schule für höhere Bildung in Berlin, frei von den Mängeln der alten Universitäten, von wo aus, als dem geistigen Herzen des gesammten Volkes, ein Strom von Leben und Energie sich durch ganz Deutschland ergießen könnte. Der Rath wurde angenommen und seither stets praktisch be folgt. Sie, Baron, werden, besser als ich, die Wahrheit in Bezug auf das eben erwähnte Ereigniß erkennen. Sicherlich aber ist es nicht bloß die neue Etablirung des Königreiches Preußen aus festern Grundlagen, als bevor, was uns heute zusammenführt, sondern auch ein großer Fortschritt auf die Einigung des deutschen Volkes zu. Bei uns ist es immer ein Grundsatz gewesen, daß Intelligenz und strenge Beobach tung des konstitutionellen Gesetzes für eine freie Regierung wesentlich sind, und in Deutschland hat es sich gezeigt, daß dort allgemeine Bildung ein Element der nationalen Einigung und Kräftigung ist. Ich wäre nicht im Stande, Ihnen ein „Willkommen" in ihrer neuen und erhöhten Stellung als Gesandter der Norddeutschen Union zu versagen, ohne den Gefühlen des gesammten amerikanischen Volkes Gewalt anzuthun. Sie waren, wenn auch nicht der einzige, so doch der hervorragendste fremde Repräsentant Hierselbst, dessen Wünsche, Rathschläge und Arbeiten beständig und ohne Furcht, während unseres Bürgerkrieges, der Sache der Verwaltung und der unzerstörbaren Einigkeit der Vereinigten Staaten von Amerika zu Gute kamen. Versichern Sie Ihren König und das Volk Deutschlands, daß sie stets auf die schätzenswerthe und sympathische Freundschaft von Regierung und Volk in den Vereinigten Staaten zählen können. Und Sie selbst, Baron, bleiben Sie versichert, daß die Hochschätzung, welche wir immer für Sie gehegt, nicht abnehmen wird. Wenn solch ein Unglück sich ereignen sollte , würden wir versucht werden, an der Möglichkeit eines Vertrauens zwischen Staats männern und aufgeklärten Nationen zu verzweifeln." Tagesgeschichte. Dippoldiswalde. In der finstern und stürmischen Nacht vom Sonntag zum Montag, 1. zum 2. März, sind in unserer Stadt und deren Nähe zwei Einbrüche verübt worden: der eine mit unglaublicher Keckheit in der, des Dresdner Jahrmarktes wegen fast die ganze Nacht belebten Schmiedegasse, wo in die Wohnung des Hrn. Schmiedemstr. Bliemel in der ersten Etage durch Anlegen einer Leiter, von der Straße aus, Eindrücken einer Fensterscheibe und Einsteigen ein kleiner Geldbe trag und ein goldener Ring von dem Diebe genommen worden sind; — der andere Einbruch geschah in dem unfern gelegenen Steinbruche des Hrn. Kirchner, und zwar in der Schmiede daselbst. Die dort befindlichen, sämmtlich mit des Besitzers Namen gekennzeichneten Handwerkszeuge scheinen dem Diebe als etwa zu ver äußernde Beute nicht passend erschienen zu sein, wes halb er in die oberhalb gelegenen Räume, jedoch ver geblich, einzubrechen versucht hat; doch würde auch beim Gelingen seiner That hier sür ihn nichts zu finden gewesen sein. Man ist dem wahrscheinlichen Diebe bereits auf der Spur. — Am Vormittag des 5. März erhängte sich in der Hofemühle zu Reichstädt der dort in Diensten stehende Friedrich Moritz Löwe aus Dresden. DaS Motiv der That ist unbekannt. — Aus das nächsten Sonntag im hiesigen Schieß haussaale stattfindende Concert des Hrn. Artillerie- Regiments-Stabstrompeters A. Böhme nebst dem Ar tillerie-Trompeterchor machen wir hierdurch die Musik freunde unserer Stadt und Umgegend aufmerksam.