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. , — —>— -— —— I Dienstag. Rr 12. 11. Februar 1868. ß MWeißeritz-Zettung-L ' Postanstalten. ' 8 Pfg. ' Ms- und Aitztigk-Matt -er Königlichca Gerichts-Aemter und Ila-träthk M DippoldisVatde und Fraveastei«. W Verantwortlicher lkedacteur: Tart Lehne in Dippoldiswalde. Monats-Bericht. * Der Januar ist vergangen, ohne daß sich in der allgemeinen Lage etwas geändert hätte und die Zeitungen leiden fort und fort Mangel an thatsäch- lichem Stoffe auf politischem Gebiete. Es wurden die friedlichsten Versicherungen zwischen Frankreich, Preußen, Oesterreich und Rußland ausgetauscht und die Börse zeigte in dem steigenden Course fast aller Papiere und dem niedrigen Bankzinsfüße am Schluffe des Monats ein freundliches Gesicht. Ebenso weisen die Übersichten der Sparkassen und Vorschußvereine für den Januar einen ganz bedeutenden Geldzufluß nach. Man scheint also im Großen und Ganzen keine Störung des Weltfriedens zu erwarten und jedenfalls ist nicht der Kapitalmangel die Ursache, daß es auf dem Gebiete des Fabrikbetriebes und der Spekulation noch nicht recht vorwärts will. Beide Gebiete arbeiten ausschließlich für eine mehr oder weniger ferne Zu kunft, der Fabrikant für den künftigen Bedarf einer ihm unbekannten Masse, der Speculant für künftige Liebhaber seines Speculationsobjectes, die er erst suchen muß. Für diese beiden Seiten der menschlichen Thätigkeit ist es daher von Belang, aus den Erscheinungen der Gegenwart mehr oder weniger sichere Wahrscheinlich keitsgründe für die Gestaltung der Zukunft zu suchen. Bei dieser Untersuchung hält man sich nun freilich weniger an Worte, als an Thatsachen. Beruhigend würde hier nur die allgemeine europäische Abrüstung wirken. So lange diese nicht erfolgt, will man den friedlichen Versicherungen keinen vollen Glauben schenken. Daneben spukt gegenwärtig in den Zeitungen das Gespenst einer Revolution in Frankreich; an Gäh- rungsstoff fehlt es jedenfalls im Kaiserreiche nicht, und es ist daher nicht unmöglich, daß sich dieser Stoff wieder einmal Luft macht. Kurz, es läßt sich nicht behaupten, daß gegenwärtig der Blick in die Zukunft ganz beruhigend und sicher erschiene. Dagegen kann man annehmen, daß, wenn die beiden Monate Februar und März verlaufen, ohne daß sich irgendwo ein Ge witter zusammenzieht, die Wahrscheinlichkeitsaründe für Aufrechthaltung von Friede und Ruhe wesentlich zunehmen. Wir werden vielleicht schon im nächsten Monatsberichte in etwas zuverlässigerer Weise der Zu kunft dieses Jahres das Horoscop stellen können. Gegenwärtig ist zu bestimmten Besorgnissen kein Anlaß. Tagesgeschichte. Dippoldiswalde, 10. Febr. Am heutigen Morgen Uhr ist in einer, zum Rittergute Berreuth ge hörigen großen Scheune ein Feuer ausgebrochen, das dieselbe in kurzer Zeit vollständig einäscherte. Sie stand ziemlich isolirt auf einer kleinen Anhöhe, so daß die umliegenden Scheunen, sowie die Rittergutsgebäude selbst, besonders bei dem günstigen, von diesen Gebäuden abwehenden Winde, ziemlich außer Gefahr waren. Die in der Scheune befindlichen Erntevorräthe an Sommerkorn, Hafer, Klee, Heu rc. find natürlich sämmt- lich mit verbrannt, waren jedoch versichert; dagegen be fanden sich in den Kellern 3000 Schfl. Kartoffeln, die nicht versichert waren, aber wohl vernichtet sein werden. Weder am heutigen Morgen, noch während der letzten Tage, hat von den, zum Rittergute gehörigen Leuten Jemand in der Scheune zu thun gehabt, so daß mit ziemlicher Gewißheit auf böswillige Brandlegung zu schließen ist. Dippoldiswalde, den 10. Februar. In lebendiger, die allgemeine Aufmerksamkeit fesselnder Weise sprach in der letzten Versammlung des Gewerbevereins Herr Kaufmann Lincke jun. über Paris, das er im vorigen Jahre, bei Gelegenheit der Industrie-Ausstel lung, besucht hatte. Nach rascher 36stLndiger Fahrt (von Leipzig aus) gelangten wir mit dem Erzähler gerade noch zu rechter Zeit nach Paris, um am Na- poleonStag (15. Aug.) die Weltstadt sich in Großartig keit des Verkehrs selbst überbieten zu sehen; wanderten unter seiner Führung über die Boulevards, bestiegen die Vendöme- und die Julisäule, eilten durch die Kus Rivoli beim Rötel äs vills vorüber nach Rotrs-Vums, thaten einen Blick in die schaurigen Räume der LlorZus, sahen uns in der Münze das Prägen der Francs- und Eentimestücke an, bewunderten das am Napoleonstage als Schlußeffect vom ^ro äs trioruplis abgebrannte großartige Feuerwerk, lernten unter Herrn Lincke's verständiger Führung die 1832 vollendete, in Form eines griechischen Tempels erbaute Kirche Naäslsius, den Obelisk äs Rougsor, den Rlaos äs la Ooueoräs, die Rsutilitö (einen Spiel- und Vergnügungsplatz na mentlich für Kinder), den ^ro äs l'ötoils kennen; durchwanderten die Zimmer und Sammlungen des Rouvrs, statteten dem berühmten Rsrs la Oliaiss (Kirch hof), der 8orbonus, dem Rautdäou, dem Jnvalidendom Besuche ab; rollten im Omnibus zur Besichtigung der Wasserkünste nach 8t. 61ouä und Versailles, feierten ein Nachtfest in ^suieres, bewunderten im Öirquv Raxolöou die Jongleur-Kunststücke der Japanesen und stürzten uns endlich mit unserm Führer in das Gewühl der Industrie-Ausstellung, von welcher Herr Lincke, das und jene Interessante herausgreifend, uns gleichfalls so angenehm zu unterhalten wußte, daß wir kaum merkten, wie die Zeit verrauscht und soweit vorgeschritten