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74 -j» Altenberg, 2. Febr. Eine stürmis che Woche liegt wieder hinter uns, und es scheint, als ob der gegenwärtige Winter alle seine Vorgänger an Menge des Schnee'S und an Stürmen übertreffen wolle. Zwar neigten sich die letzteren Tage zu Thauwetter; heute jedoch sind wieder arge Schneestürme mit Kälte und Frost eingerückt. — In der Nacht vom 29. zum 30. Januar hatte bei einem wüthenden Schneesturme ein hiesiger Berg mann, Namens Hofmann, das Unglück, nach voll brachter Schicht auf dem Wege nach seiner ziemlich entlegenen Wohnung sich zu verirren und — sei eS, daß die Vermachung vom Schnee verdeckt oder solche sonst mangelhaft gewesen — in die hier befindliche große Pinge zu stürzen. In Folge seines Hülferufes wurde er, obwohl unter großen Mühen und Beschwerden, seinem unfreiwilligen Aufenthaltsorte, in dem er leicht den Tod finden konnte, wieder entrissen. Er ist mit einer verhältnißmäßig unerheblichen Verletzung davon gekommen. * Frauenstein. Von den Stürmen in der letzten Woche, besonders von dem am Sonnabend, 1. Februar, Nachmittags und Abends bis in die Nacht, macht man sich anderwärts keine Idee. Der Post schlitten wurde aus der Hennersdorfer Höhe förmlich „um den Ring gedreht," umgeworfen und gänzlich zertrümmert; der Postillon kam darunter zu liegen, die Pferde gingen durch und konnten von dem später nacheilenden Postillon erst in der Steinbrück-Mühle wieder erlangt werden. Die Trümmer des Schlittens, Kufen, Thüren und Verdeck rc., wurden von einem Holzfuhrwann mit hierher gebracht. Ein Glück, daß die Post keine Passagiere zu befördern hatte. — Die von Freiberg hierher gehende Post mußte des Sturmes wegen von der Straße abgehen und über Lichtenberg fahren. — Am 1. Februar Nachmittags ist in der Grube „Friedrich August" zu Reichenau ein Einsturz er folgt, in Folge dessen der Ganghäuer Schmieder, Vater von 4 unerzogenen Kindern, verschüttet wurde, so daß sein Tod erfotge. Drei andere, ebenfalls mit verschüttete Bergleute konnten gerettet werden. * Dresden, 2. Febr. Viel von sich reden machte jetzt der ohne allen Abschied — wie der Fuchs vom Taubenschlage — verschwundene Opersänger Niemann aus Berlin. Derselbe war von der Generaldirection des kgl. Hoftheaters auf mehrere Monate zum Gast spiel gegen ein tägliches Spielhonorar von 200 Thlr. engagirt und hatte beim Abschluß des Contractes sich zu 4000 Thlr. Conventionalstrafe verpflichtet, wenn er solchen nicht einhalten würde, was andererseits auch der Generaldirection oblag. Als er kürzlich zur Gene ralprobe zur Oper „die Hugenotten" kommen sollte, war er früh r/r5 Uhr bereits mit dem Courirzuge nordwärts in die „jroße" Stadt abgefahren. Ob er nun wegen ContractbrucheS wirklich 4000 Thlr. Strafe wird zahlen müssen, ist abzuwarten; jedenfalls ist die Theaterwelt froh, daß er weg ist. Er soll einen miß liebigen Empfang beim nächsten Auftreten befürchtet haben, da er sich starke Aeußerungen über hiesiges Publikum erlaubt hatte. Auch soll dem Vernehmen nach Fortuna ihm beim abendlichen Verkehr sehr un günstig gewesen sein und bedeutende Leere seines Beu tels veranlaßt haben. — Gestern Abend erhob sich hier ein solcher Sturm, daß die Passage in der Stadt gefährlich wurde. Dach- und Mauerziegel, Oessenköpfe und was sonst der Gewalt des furchtbar hausenden Sturmes nicht zu widerstehen vermochte, flog auf die Straße hernieder, daß man sich blos wundern muß, nicht viel von Unglücksfällen zu hören. Der Schaden an Dächern, Zäunen, Dessen rc. ist ganz bedeutend. Dresden. Sicherm Vernehmen nach wird in den nächsten Tagen ein kgl. Decret an die Stände gelangen, welches die Aufhebung der Todesstrafe ausspricht. — Die von der Regierung beschlossene 4procentige Anleihe von 8. Mill. Thlrn. zu dem Cours von 92—93 ist von beiden Kammern in geheimer Sitzung genehmigt worden. — Es verlautet bis jetzt noch nichts darüber, wenn die Berathung über das den Kammern bereits seit mehrern Monaten vorliegende neue Wahlgesetz statt finden wird. — Preußen hat Sachsen und Baiern als nächste Nachbarn Oesterreichs zur Theilnahme an den Ver handlungen über einen mit Oesterreich abzuschließenden Handelsvertrag, welche demnächst wieder ausge nommen werden sollen, eingeladen. — Nach der Ausführungs-Verordnung zum Gesetz vom 2. Januar 1868 hat die Anmeldung der Mi litärpflichtig en den 1. August jeden Jahres, oder, wenn dieser auf einen Sonntag fällt, den darauf fol genden Wochentag bei derjenigen Ortsobrigkeit zu er folgen, in deren Bezirk der Militärpflichtige sich aufhält. Behufs dieser Anmeldung brauchen die sächsischen Staatsangehörigen, welche sich zu dieser Zeit in einem andern Staate des Norddeutschen Bundes aufhalten, nicht in ihre Heimath zurückzukehren, sondern sie können sich bei der Behörde ihres Aufenthaltsortes anmelden beziehentlich später vor der dortigen AuShebungs-Com- mission stellen. In gleicher Weise können sich die im Königreich Sachsen aufhältlichen Angehörigen anderer Norddeutscher Bundesstaaten am Orte ihres Aufenhalts anmelden resp. stellen. Bei der gedachten Anmeldung, welche auch durch einen Beauftragten erfolgen kann, ist der Geburtsschein des Gestellpflichtigen beizubringen. Die Aushebungen selbst werden im Monat September stattfinden. — Militärpflichtige, welche außerhalb des Norddeutschen Bundes sich aufhalten, sind an dem Orte gestellpflichtig, wo sie im Jnlande ihren Wohnsitz und in Ermangelung eines solchen, ihren Geburtsort haben. Die Berechtigung zum Eintritt als gewöhnlicher Freiwilliger ist fernerhin nicht mehr an die sächsische Staatsangehörigkeit gebunden. Vielmehr ist jedem Norddeutschen bei sonstiger Oualification dazu, und zwar schon nach vollendetem 17. Lebensjahre, dieser freiwillige Eintritt freigestellt. Den Freiwilligen steht die Wahl des Truppentheils innerhalb des ganzen Norddeutschen Bundes frei. — Die Direktion der Albertsbahn macht die schon erwähnte Entschließung der Regierung: die Bahn zum 23. Januar 1869 übernehmen zu wollen, bekannt und fügt hinzu, daß über die Höhe des Kaufpreises sich jetzt noch nichts bestimmen lasse, weil darauf die noch festzustellenven bez. zu erwartenden Betriebsresul tate der Jahre 1867 und 1868 von Einfluß sein würden.