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Freitag. Nr. 7. 24. Januar 1868. Erscheint Dienstagsund Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißerih-Ieitung. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile SPfg. Amts- Md Anzeige- Klatt der Königlichen Gerichts-Aemter Md Stadtrüthe zu Dippoldiswalde und Fraueusteiu. Verantwortlicher Redakteur: Carl Zehne in Dippoldiswalde. Oesterreich hat seit Neujahr sehr liberale Grundgesetze und ein sogen, parlamentarisches Ministerium. Es ist zunächst Thatsache, daß dieser an sich bedeutungsvolle Vor gang, in Deutschland sehr kühl ausgenommen worden ist und mehr mit neugierigen, um nicht zu sagen gleich- giltigen Augen angesehen wird. Ein Theil zweifelt, daß das neue Ministerium sich lange halten werde, ein andrer Theil ist der Meinung, daß es auch diesem Ministerium nicht gelingen werde, in Oesterreich andere Zustände herbeizuführen. Bloße Namen und Prin- cipien ziehen heut zu Tage nicht mehr; man will Thaten, Erfolge sehen. Soviel hält man für aus gemacht, daß, um zu besseren Zuständen in Oesterreich zu gelangen, vor Allem Volksbildung geschaffen werden muß; diese ist wiederum nur möglich durch Heran ziehung eines Stammes tüchtiger Volksschullehrer, deren materielle und intellektuelle Unabhängigkeit durch Gesetz sicher zu stellen ist. Dies Alles ist nicht das Werk eines Jahres, dazu gehört ein Menschenalter. Man muß mit einem Worte von unten anfangen zu bauen, wenn man nicht in die Fehler der Josephi- nischen Gesetzgebung verfallen will. Ohne Zweifel sind sich die Mitglieder des gegenwärtigen Ministeriums dieser Aufgabe vollkommen bewußt, und ihr Zögem bei der Annahme des Portefeuilles beweis't, daß sie mit schwerem Herzen an das Werk gegangen sind. Sie wissen, daß, um zu anderen Zuständen zu ge langen, eine lange mühe- und hindernißvolle Arbeit nöthig und bei alledem der Erfolg noch zweifelhaft ist. Daher müssen wir es als unbillig und zugleich als eine falsche Illusion bezeichnen, von der eben in Oesterreich vollzogenen Wandlung der leitenden Prin- cipien und Personen, eine sofortige Wandelung der Dinge zu erwarten. Mag man sich freuen über den gelegten Grund, aber es ist vorläufig nur der Anfang des Anfangs. Sollte es wirklich den österreichischen Staatsmännern im Laufe der Zeit gelingen, ein Re giment im Geiste der neuen Grundgesetze zu verwirk lichen und dauernd zu befestigen, so kann dies nur von guter Wirkung auf die Verfassungen der deutschen Bundesstaaten sein. Die Bundesverfassung selbst hat bekanntlich nach ihrer ganzen Struktur nur die unbe dingt gemeinsamen vaterländischen Angelegenheiten, die Wehrverfassung und die wirtschaftlichen Fragen in ihr Bereich gezogen, das Capitel der Volksrechte und Volksfreiheiten aber mit so vielem Anderen der Einzelgesetzgebung überlassen. Vorläufig können wir die Oesterreicher weder beneiden, noch in den Jubel einer Anzahl Wiener Correspondenten in deutschen Blättern einstimmen; zur Glorificirung wird es erst Zeit sein, wenn sich das neue System eine Reihe vonJahren bewährt und erhalten hat. Mag man diese Anschauung in das Capitel der politischen Skepsis verweisen, jedenfalls findet sie ihre Begründung in der Geschichte der Menschheit. Neuerdings verlautet, daß die Beziehungen zwischen Oesterreich und Nord-Deutschland sehr gute und freundschaftliche sein sollen. Wir wiederholen, daß wir eine Allianz, ein Schutz- und Trutzbündniß beider Mächte für ein wahres Glück halten würden. Beide Mächte im Verein würden das Regiment in Europa führen und den Angriffskrieg einer einzelnen Großmacht zur Unmöglichkeit machen. So bedenklich und zweifelnd Manche eine solche Allianz betrachten werden, so sehr halten wir an der Ueberzeugung fest, daß die Wucht der politischen und wirthschaftlichen Interessen, welche beide Staatencomplexe auf einander weisst, endlich den, bekanntlich der Paulskirche ent stammenden, in der Reichsverfassung von 1849 aus gesprochenen Gedanken: „eines mit Oesterreich engverbundenen Deutschlands" doch noch zur Verwirklichung bringen wird. — r. TageSgefchichte. Dippoldiswalde. Die seit dem 1. Januar ver änderten Expeditionsstunden beim hiesigen Post-Amte sind wieder aufgehoben und treten die früheren bis auf Weiteres wieder in Kraft. Es sind dies an Wochen tagen die Stunden von früh 7 bis Mittags 12 und von Nachmittags 2 bis 7 Uhr; an Sonntagen von früh 7 bis 12 und von Nachmittags 2 bis 4 Uhr. — Der in Oberfrauendorfer Staatswaldung am 19. erhängt Aufgefundene ist der vormalige Nacht wächter Liebscher aus Ulberndorf, welcher zuletzt der Versorgung halber in hiesigen Armenhause unter gebracht war und vor etwa 3 Wochen von da entfernt hatte. Nach dem Zustande der Leiche ist zu vermuthen, daß die Entleihung sogleich uach der Entfernung aus dem Armenhause stattgefunden habe. Liebscher war 79 Jahre alt und ein Veteran von der Beresina, auch Inhaber der Heleua-Medaille. — Die Landwehr der königlich sächsischen und großherzoglich hessischen Armee ist, den preußischen For mationsbestimmungen entgegen, anstatt per Regiment mit zwei, in einer Stärke von je drei Bataillonen zu sammengestellt worden. Der Bestand in dieser Waffe stellt sich für Sachsen mit 12 und für Hessen-Darm stadt mit 6 Bataillonen heraus.