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ler'schen Eheleuten verübt wurde, das Urtheil gesprochen. Der Handarbeiter und Dachdecker Zeißler, 31 Jahr alt, aus Eilenburg gebürtig und in Wolkenburg hei- mathSangehörig, war des Mordes beschuldigt, gestand in der Untersuchung und Hauptverhandlung seine böse That ein und wurde wegen Mordes zum Tode ver- urtheilt. Oesterreich. Der neue Finanzwinister hat in einem an die unter seiner Leitung stehenden Behörden erlassenen Circular der Wahrheit die Ehre gegeben und — alle herkömmliche Schönfärberei verschmähend — offen bekannt, „daß die Einnahmen des Staats noch immer in grellem Mißverhältniß zu den Ausgaben stehen, während die Steuerkraft des Volkes durch verschiedene Ursachen am Aufschwung verhindert wird." Der jetzige Minister des Innern, vr. Giskra, hat auf die tröst liche Erfahrung hingewiesen, „daß freie Völker Lasten tragen können, die von unfreien niemals erschwungen werden." Es wird aber jedenfalls noch eine geraume Zeit verfließen, bis die Befreiung der Volkskraft von den polizeilichen, militärischen, bureaukratischen und klerikalen Fesseln die gewünschten national-ökonomischen Früchte trägt. Die Verhältnisse vieler Jahrzehnte macht man nicht in einem Jahre gut. Vor der Hand muß das Deficit auf kürzerem Wege gedeckt werden. Das zweckmäßigste Mittel wäre der Verkauf der Kirch en güt er (die Besitzungen des deutschen und Johanniterordens inbegriffen), deren Werth 500 bis 600 Millionen Gulden betragen soll. Leider hat das Abgeordnetenhaus in einer schwachen Stunde einen Grundgesetzparagraphen genehmigt, welcher den Besitz der todten Hand für heilig und unverletzlich erklärt; es bleibt also nur eine höhere Besteuerung jener Güter übrig. In zweiter Linie stehen die Staatsdo m äne n. Der jetzige Reichsfinanzminister hat kurz vor dem Schlüsse der vorjährigen Reichsrathssession die Ermächtigung nachgesucht, 17 Domänen in Böhmen und Galizien für 15 Millionen Gulden an ein Konsortium verkaufen zu dürfen. Gegen den Verkauf selbst hatte der Bud getausschuß kein Bedenken. In der That ist es sehr Wünschenswerth, das mit Ausnahme eines gewissen Komplexes von Staatsforsten die meisten Staatsgüter in Privothände übergehen, denn die bureaukratische Ver waltung der Domänen ist in Oesterreich noch unvor teilhafter, als in andern Ländern. — Aus Wien schreibt man, daß am 15. Januar die Brüder des Kaisers nach Triest gereist seien, um die Leiche des Kaisers Maximilian abzuholen. Die Beisetzung soll am 18. hier stattfinden. — (Auch Prinz Georg von Sachsen hat sich nach Wien begeben.) Frankreich. Dem Kaiser Napoleon ist eine starke Demüthigung bereitet worden. Zu einem Balle in der Tuilerien hatte er 4600 Personen einladen lassen, und es erschienen nur 1500—1600! Durch dies Ausbleiben von zwei Drittheilen ist er äußerst unangenehm berührt worden; er sieht darin eine gegen ihn gerichtete De monstration, obgleich seine Räthe ihm vorstellten, das schlechte Wetter sei schuld. Es war eigentlich keine Demonstration, doch blieben alle Diejenigen weg, die mit dem jetzigen Regiment nicht mehr shmpathisiren, die sich aber früher, unter andern Verhältnissen, nach den Tuilerien drängten. Dazu gehören vor Allem die großen Pariser Fabrikanten; die vornehmen Kaufleute, welche wegen der Politik der Regierung, besonders wegen der römischen Expedition, die den Geschäften keineswegs günstig ist, grollen. Dazu kommt noch, daß Viele in Folge der schlechten Zeiten die großen Ausgaben, die ein solcher Ball mit sich bringt, scheuen. — Ein ganz unerwarteter Krieg wird jetzt für Frankreich in. Ostasien entstehen. Die hiesige Regierung hat in Uebereinstimmung mit England beschlossen, den von der Revolution bedrohten Taikun von Japan auf seinem Throne zu erhalten. Bereits werden Schiffe für diese Expedition ausgerüstet. Diese gemeinschaftliche Unternehmung der Westmächte scheint nicht ohne einen den Bestrebungen Rußlands in Ostasien feindlichen Hintergedanken beschlossen zu sein. England. Die Londoner Blätter bringen jetzt Aufrufe eines Hilfsausschusses zur Milderung der Noth und des Elends in den östlichen Districten Londons, die von 650,000 ärmeren Personen bewohnt sind, von denen über 12000 ohne Beschäftigung ; an 15000 Kinder laufen barfuß und halb nackend in den Straßen umher. Die Wohnungen sind schaurig anzusehen; kein Tag vergeht ohne Sterbefälle, die durch Hunger, Kälte und Entbehrungen hervorgerufen sind. Der Hilfsverein be darf 50,000 Pfd. Sterl., von denen aber erst 3000 Pfd. St. gesammelt sind. Eine That ohne Zeugen. Erzählung von E. H. Otto. Es war früh Morgens. Kaum begann das Dunkel der Nacht vor der anbrechenden Dämmerung zu weichen; tiefe Stille lag über Wald und Flur. Aus öder, unterschiedsloser Fläche stiegen wie schwarze Schatten die Bäume, die Dächer, die Häuser des Dorfes auf. Wie todt und auSgestorben waren die Wohnungen, die Gassen, der Dorfplatz mit der Linde und dem großen Gemeindebrunnen; nirgends war eine Thüre geöffnet, noch stieg ein Rauch aus irgend einem Schornstein auf, man sah keinen Menschen, selbst von den Thieren in den Ställen regte sich keines. Es war die Zeit der Erndte, den Tag vorher hatte es heiße Arbeit gegeben, darum war das Dorf so einsam still und schlafesmüde. Seitwärts von der Dorflinde mit dem Gemeinde brunnen stand ein großes Bauernhaus. Hier schien zuerst Leben zu werden. Das Hofthor ging auf, und eine Magd trat heraus, den Eimer in der Hand, um Wasser zu holen. Die Magd war ein munteres, kräf tiges Mädchen, nicht mehr gar zu jung; sie trillerte ein Liedchen vor sich hin und blickte mit ihren schwarzen Augen fröhlich in den dämmernden Morgen hinaus. Plötzlich blieb sie stehen; sie war betroffen, sie lauschte. Es war ihr, als hätte sie einen Hülferuf gehört irgendwo in der Nähe, sie wußte nicht, ob aus einem Hause oder im Freien. Jetzt hörte sie ihn wieder deutlich, unverkennbar, den angstvollen flehenden Ton. Aber woher kam er? Er kam nicht aus einem Hause, nicht aus dem Freien, sondern er klang dumpf und hohl wie eine Stimme aus der Tiefe. Die Magd war erschrocken, sie fürchtete sich, sie wollte umkehren. Da faßte sie sich jedoch ein Herz, nahm ihre beiden Eimer und eilte dem Brunnen zn. Dort stand eine leere