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596 Berlin. Der König ist in Schleswig-Hol stein, besonders aber in Hamburg mit außerordent lichem Glanze empfangen worden. Hier hat er auch, wie in Kiel, wahrhafte Worte des Friedens gespro chen. Als er in der Börsenhalle, in der an 8000 Menschen versammelt waren, erschien, wurde er mit donnerndem sechsmaligen Hurrah begrüßt und sprach zu dem Präses der Handelskammer Folgendes: „Was Sie, meine Herren, brauchen, brauchen wir Alle: den Frieden, und daß dieser nicht gestört werde, habe ich die sicherste Hoffnung. Meine Worte in Kiel sollten dieser Friedenszuversicht schon den kräftigsten Ausdruck geben, und unerklärlich bleibt es mir, wie die entgegengesetzte Auffassung auch nur einen Augenblick ein treten konnte." — Am 21. September Nachts ist der König wieder nach Berlin zurückgekehrt. Spanien befindet sich im Aufstande, und zwar in ernstlicher Weise. Die Revolution ist förmlich or- ganisirt; sonst getrennte Parteien haben sich diesmal geeinigt, und zwar zum Zweck der Beseitigung nicht nur eines Ministeriums, sondern der Dynastie. Die namhaftesten Generäle, die nach den Canarischen Inseln verbannt waren, sind in Andalusien gelandet, stehen an der Spitze des Aufstandes, der von den Provinzen her gegen Madrid vordringt. Der bekannte, in London lebende General Prim hat sich dort mit seinem Stabe eingeschifft, wird die Oberleitung des Aufstandes übernehmen; auch Militär und Marine scheinen zum großen Theil in denselben verflochten. Die Bewegung geht von Cadix aus, wo auch die spanische Revolution von 1820 ihren Anfang nahm. Daß es um die Sache der Regierung schlecht steht, beweist der Abgang des Ministerpräsidenten Gonzales, der geschworen haben soll, die Krone zu retten oder mit ihr unterzugehen, — er hat die Sache aufgegeben. Der neue Premierminister General de la Concha hat energische Maßregeln gegen die Jnsurrection ergriffen, überall den Belagerungszustand erklärt. Madrid selbst soll noch ruhig sein. Man spricht, die Königin wolle abdanken. — Siegt die Revolution, so giebt eö der Candidaten für den Thron mehrere: Serrano, Herzog de la Torre, wird von der „liberalen Union," welche die Beseitigung der Königin wünscht, empfohlen; der General Prim empfiehlt den Herzog von Montpensier. Der Königin würde es schwer fallen, sich selbst in der Person ihres Sohnes (Kronprinz Alphons, geb. 1857) am Ruder zu erhalten. — In Pariser officiellen Kreisen hat die Nachricht von der Revolution natürlich große Bestürzung erregt, namentlich die Candidatur des Herzogs von Montpensier. Es werden auch an der französisch-spanischen Grenze großartige Vorsichtsmaß regeln von Seiten Frankreichs getroffen. Vermischtes. In Berlin haben die Fleischcrmeister beschlossen, ihre Gesellen nicht mehr, wie bisher noch üblich gewesen, mit „Du," sondern fortan mit „Sie" anzureden. Gesellen, welche sich vom 1. October an noch mit „Du" anreden lassen, zahlen Strafe, d. h. auf Deutsch (und ganz richtig): sie sollen selbst für die Wahrung ihrer Rechte sorgen. In Lengenfeld ist am 14. Septbr. beim Prämien- schicßen der Schützen ein 13jähriger Knabe mitten durch den Kopf geschossen und sofort getödtet worden. Derselbe hatte während einer kurzen Abwesenheit des Zielers unterhalb der Scheibe nach Kugeln gesucht. Das preußische Heer zählt jetzt 1342 General- und Stabs-Offiziere. Darunter befinden sich: ein General-Feld- marschall (der 84jährige Graf Wrangel), ein General-Feld- zeugmeister mit dem Feldmarschallsrange (Prinz Karl von Preußen), 51 Generale der Infanterie und Kavallerie, 72 General-Leutnants, 92 General-Majors, 278 Obersten, 227 Oberst-Leutnants, 620 Majors. Von diesem 1342 sind 8 Prinzen des Königshauses, 5 Großherzöge, 28 fremde Prinzen, 12 Herzoge, 12 Fürsten, 45 Grasen, 80 Frei herren, 824 gewöhnliche Adelige und 328 Bürgerliche. Kirchliche Nachrichten. Dippoldiswalde. Am 16. Sonnt n. Trin. pred. Herr Sup. Opitz. Vorher Communion: Herr Diac. Mühlberg. Nachmittags Betstunde. Fraucnflein. Am 16. Sonnt, n. Trin. predigt Vorm. Hr. Sup. Hasse. Sonnabend, den 26. Septbr., Nachm. 1 Uhr, Beichte und Communion: Hr Diac. Weichert. Altenberg. Künftigen Sonntag (16. n. Tr.) Communion und Beichte (8 Uhr) durch Herrn Pastor Friedrich. Vormittagspredigt über 2. Sam. 12, 18—23 Derselbe. Nachmittags über Av.- Gesch. 11, 19—23 Hr. Diac. Kleinpaul. Ebenso findet Ka techismus-Examen mit de» Jungfrauen der Kirchfahrt statt. Allgemeiner Anzeiger. Verordnung des Justizministeriums. DaS Justzministerium fordert mit Bezug aus tz. 9 des Gesetzes vom 14. September 1868 die Stadträthe und Gemeindevorstände hierdurch auf, in ihren Gemeinden der Aufstellung der Urlisten für die Geschwornen- Wah len mit thunlichster Beschleunigung sich zu unterziehen, da die öffentliche Auslegung des Listen zu Jeder manns Einsicht während einer vierzehntägigen Frist nach tz. 10 des angezogenen Gesetzes noch im Laufe des nächsten Monats stattfinden soll. Ministerium der Justiz. Dresden, den 19. September 1868. Dr. Schneider. Bekanntmachung. Die im Jahre 1848 geborenen, mithin im laufenden Jahre militärpflichtigen, einem Staate des Norddeutschen Bundes, beziehendlich dem Großherzogthum Hessen angehörigen Mannschaften, die im hiesigen Bezirke wohnhaft sind, sowie diejenigen Leute aus früheren Altersklassen, welche ihrer Militärpflicht noch nicht genügt haben, ferner die wegen zeitlicher Untauglichkeit, wegen eines Ernährerverhältnisses oder