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Picnstag. Ur. SV. 30. Juni 1868. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Postanstalten. Weißerih-Zeitung. Preis pro Quartal 10 Ngr. Inserate die Spalten-Zeile SPfg- Amts- und Anzeige-Klatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadtrüthe zu Dippoldiswalde uud /raueufleiu. vrrantwortlkcher «edarteur: Lari Fehnr in Dippoldiswalde. Tagesgesehiehte. Dippoldiswalde. Das neueste Gesetz- und Ver ordnungsblatt enthält das Wechselstempel-Gesetz vom 11. Mai, die Ausführungsverordnung zu demselben vom 4. Juni und eine Verordnung, die Einführung von Wechselstempel-Marken betr., vom 5. Juni. Das Gesetz selbst wird mit dem 15. Juli ds. Js. in Kraft treten. Einen Auszug des Wissenswerthesten aus diesen Gesetzen werden wir in einer der nächsten Nrn. unseres Blattes bringen. Freiberg. Noch vor kaum fünfzig Jahren waren die Kuxe vom „Berggebäude Himmelfahrt" das Stück zu 2 Gr. zu haben, und Niemand wollte sie kaufen. Wer damals alle 124 Kuxe aufgekauft hätte, hätte die ganze Grube für 10 Thlr. erwerben können. Heut und schon seit Jahren giebt jeder Kux über 600 Thlr. (1867 640 Thlr.) Ausbeute, und es könnten noch viel mehr gezahlt werden, wenn man nicht so vorsichtig wäre, den bei Weitem größten Theil des Reingewinnes zu kapitalisiren und der Zukunft aufzu bewahren. Die Himmelfahrt hat im vorigen.Jahre wieder für mehr als eine Viertelmillion Werthpapiere angekauft. Ihr Baarvermögen beträgt nach dem kürzlich erschienenen Geschäftsbericht über das Betriebsjahr 1867 über 600,000 Thlr., ihr Gesammtvermögen aber weit über eine Million. Die Kuxe der Himmelfahrt werden also immer auch dann noch eine reiche Ausbeute geben, wenn wider Erwarten die jetzt so reichen Gänge plötzlich arm werden sollten. Auch der jährliche Umsatz beträgt eine Million. Allein die an die König!. Hütten werke angelieferten Erze wurden einschließlich der beim Verkehr zwischen den Gruben und den Hütten üblichen Nach- und Rückzahlungen mit beinahe 900,000 Thlr. bezahlt. Die Himmelfahrt ist eben die Perle vom Ge- sammtbergbau Sachsens; ihr Ausbringen beträgt allein die Hälfte vom Gesammtausbringen aller 300 Berg gebäude des Landes. Es ist aber auch ein ungeheures Werk; es beschäftigt beinahe 3000 Arbeiter; das Areal, welches ihm gehört, erstreckt sich über 3500 Acker Landes, also mehr als ein hübsches Rittergut besitzt, und wollte man, abgesehen von den Strecken und Stollen, nur die zahllosen Gänge, welche über und unter einander nach allen Richtungen hin laufen, in eine gerade Linie bringen, so würde deren Länge 25 Meilen betragen. Doch sind es von diesen vielen Gängen nur zwei Arten vorzüglich, welche diese unge heuren Erträge liefern, nämlich die ktesig-bleiischen Gänge und die Gänge der Schwerspathformatton. Aus den ersteren, den kiesig-bleiischen Gängen, hat das Lachter einen Werth von 48 Thlr. Die Schwerspathgänge werden auf gewissen Stellen, wo sie sich mit derben, zumeist aus Rothgiltig und Glaserz zusammengesetzten Erzen anreihen, so edel, daß der durchschnittliche Werth des Lachters sich auf 919 beziffert: ja, es giebt sogar einen Gang von so kostbarer Beschaffenheit, daß das Quadrat-Lachter den ungeheueren, in Sachsen wohl noch nicht dagewesenen, Werth von über 3600 Thlr. erreicht. Für die Grube berechnet sich aber die Ren tabilität dieser Gänge noch ganz anders. Um aus den kiesig-bleiischen Gängen einAusbringen von 390,000Thlr. zu erzielen, mußten über 700 Mann angelegt werden; auf den Schwerspathgängen dagegen brachten noch nicht 70 Mann über 440,000 Thlr. aus. Der einzelne Arbeiter hat also auf den ersteren Gängen jährlich etwas 550 Thlr., täglich über 1 Thlr. 15 Ngr. aus gebracht; auf den Schwerspathgängen dagegen hat der einzelne Mann mit seiner Arbeit der Grube im Jahre 6300 Thlr., den Tag 21 Thlr. erworben. Er für seine Person aber bleibt natürlich trotzdem der arme Häuer, der die Schicht für 8 Ngr. 3 Pf. zu befahren hat. Köln. Eine Arbeiterversammlung, welche für Sonntag, den 28. Juni, angesetzt war, und in welcher über die Europäische Arbeiterfrage, sowie die Stellung des Norddeutschen Bundes zu derselben und die Arbeitseinstellungen in Barmen und Elberfeld besprochen werden sollten, ist (angeblich der Sonntags feier wegen) polizeilich untersagt worden. München. Der Graf Chvrinskv ist wegen Begünstigung des Giftmordes an seiner Gemahlin für schuldig befunden worden und zu zwanzigjähriger, auf einer Festung zu verbüßender Zuchthausstrafe ver- urtheilt worden; ferner ist auf Landesverweisung nach verbüßter Strafe, sowie auf Verlust des Adels erkannt worden. (Warum der Mensch die „Zuchthaus"-Strafe nicht auch auf einem Zuchthause abbüßen soll, sondern auf einer Festung, die eben kein Zuchthaus ist, be greifen wir nicht! Doch nicht etwa, weil er ein „Graf" ist? FestungS- und Zuchthausstrafe reimt sich nicht zusammen!) Wien. Der Reichskanzler Frhr. v. Beust wird die päpstliche Allocution (Ansprache) mit einem Pro teste beantworten, welche die Römische Curie an die Grenzen erinnert, innerhalb deren ihr Einfluß auf die inneren Angelegenheiten Oesterreichs sich geltend machen dürfe, und welcher die durch die Allocution versuchte Ueberschreitung dieser Grenzen energisch zurückweist. — In Wien sind 1867 11850 eheliche Kinder (6155 Knaben und 5695 Mädchen) und 12152 un eheliche (6300 Knaben und 5852 Mädchen) geboren worden.