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79V Nach Vorlesung der Thronrede gelangte durch den Geh. Reg.-Rath Roßberg die „Urbersichtliche Mit- theilung zur Eröffnung des zwölften ordentlichen Land tages" zum Vortrag, aus der wir als das Wichtigste Folgendes entnehmen: Die Arbeiten der Zwischendeputationen, welche zux Berathung der bürgerlichen Proceßordnung, der Con- curSordnung, der Gerichtsordnung, des Publicationsge- setzeS zu denselben und der Taxordnungen gewählt worden waren, sind leider durch die kriegerischen Ereig nisse des vergangenen Sommers unterbrochen worden. Es wird aber auch die Wiederaufnahme dieser Arbeiten nicht rathsam sein, weil die bürgerliche Proceßordnung und die Concursordnuug auf dem Programm des 'Nord deutschen Bundes stehen. Unter den dem gegenwärtigen Landtage zum Theil anderweit vorzulegenden Gesetzentwürfen stellt sich der Entwurf eines Gesetzes über die Erweiterung der Be- fugniß zum Protokolliren als derjenige, dessen Erledi gung vorzugsweise dringlich ist, deshalb dar, weil von demselben eine Abhilfe des überaus fühlbaren Mangels an Arbeitskräften in den Gerichten und bei den Ver waltungsbehörden erwartet werden kann. Dieser Ent wurf wird daher der Ständeversammlung in nächster Zeit zugehen. Später werden die Entwürfe zu folgenden Gesetzen vorgelegt werden: zu einem Gesetze, die Einführung derSchwurgerichte betreffend, mit den durch das selbe bedingten Abänderungen der Behörden-Organisa- tion und des Strafgesetzbuches, ferner zu einem Gesetze, die Mortification gewisser inländischer öffentlicher Werth papiere betreffend, weiter zu einem Gesetze über die OrtSgerichtöpersonen und polizeilichen Organe auf dem Lande mit Taxordnung, endlich zu einem Gesetze wegen Aufhebung der Meßferien. Die Ergebnisse des Staatshaushaltes waren den beiden ersten Jahren der lausenden Finanzperiode durchaus günstig und hätten einen erfreulichen Abschluß mit Sicherheit erwarten lassen, wenn nicht durch die politischen Ereignisse dieses Jahres erhebliche Störungen herbeigeführt worden wären. Abgesehen davon, daß in deren Folge manche Ein künfte, insbesondere die von den Eisenbahnen, den Posten und den Forsten, im laufenden Jahre hinter dem Voranschläge Zurückbleiben werden, hat die Staats kasse so außerordentlichen Anforderungen zu begegnen gehabt, daß keine Ueberschüsse von den Einkünften ge genwärtiger Finanzperiode in Aussicht stehen. Der Entwurf eines Berggesetzes ist der dafür gewählten Zwischendeputation vorgelegt, die Berathung darüber jedoch durch die eingetretenen politischen Er eignisse dieses Jahres unterbrochen worden. Aus dem Departement der Finanzen werden außer den im Vorstehenden schon erwähnten noch folgende Vorlagen an die Stände gelangen: LtaatSbudjet für die Jahre 1867,1868 und 1869, provisorisches Finanzgesetz auf das Jahr 1867 u. a. Den von der Ständeversammlung ausgesprochenen Wünschen und Bevorwortungen entsprechend, ist nicht allein aus der Staatskasse den betreffenden Stadtge meinden das nach dem Entschädigungsgesetze zum Ge werbegesetze von den letzteren verlagsweise zu bestreiten gewesene Zehntheil der Entschädigungssummen für Jn- nungs-Verbietungsrechte restituirt worden, sondern Man hat auch mit denjenigen Berechtigten, deren früher zurückgewiesene Ansprüche von den Ständen zur Be rücksichtigung und beziehentlich Erwägung an die Staats regierung abgegeben worden sind, Verhandlungen ge pflogen und infolge derselben noch an 12 Innungen im Ganzen noch 231,666 Thlr. ausbezahlt. Den Entwurf eines Wegegesetzes hat Man den ständischen Wünschen gemäß drucken lassen und allen dabei interessirten Behörden und Organen noch beson ders zur Begutachtung vorgelegt. Die höchst abwei chenden Urtheile und Ansichten, welche infolge dessen zu Tage gekommen sind, haben Veranlassung zu noch maliger eingehender Erwägung aller einschlagenden Fragen geben müssen. Ebenso wird der der vorigen Ständeversammlung vorgelegte, aber durch Decrei vom 22. Juli 1864 zurückgezogene Entwurf eines Gesetzes über Ausübung -der Fischerei einer nochmaligen Ueber- arbeitung unterzogen werden müssen. Ebenso wird der bereits dem letzten ordentlichen Landtage vorgelegte Gesetzentwurf über die Ausübung der Heilkunde wieder vorgelegt werden, sobald die in- mittelst angeordneten weiteren Vorbereitungen der be treffenden Angelegenheit, insbesondere durch gutachtliches Gehör der ärztlichen Kreisvereine und des Landesme- dicinalcollegiums zum Abschluß gediehen sind. Anlangend die von den Ständen bei dem letzten außerordentlichen Landtage zur Erwägung übergebene Petition des Stadtrathü zu Freiberg wegen Errichtung einer AnSgleichungskasse für Kriegsschäden und Lasten, so sind die zunächst zu veranstalten ge wesenen Erhebungen zu Ermittelung der in Frage kom menden Objecte ihrem Abschlüsse nahe gerückt und eS werden nach gewonnener Uebersicht über den Gegenstand alsbald der Ständeversammlung die bezüglichen Vor schläge zugehen. Der Beitritt des Königreichs Sachsen zu dem Norddeutschen Bunde macht den Erlaß gesetzlicher Vor schriften über die Wahlen zu dem zu Berathung der Bundesverfassung einzuberufenden Reichstage erforderlich und wird ein bezüglicher Gesetzentwurf ungesäumt vor gelegt werden. Wenn hierbei zu einer Revision der bestehenden Gesetzgebung über den Verlust gewisser staatsbürgerlicher Rechte infolge begangener Verbrechen erneuerter Anlaß gegeben worden ist, so wird ei» Gesetzentwurf, der diese Revision zum Gegenstände hat, zur Vorlage »och während des gegenwärligen Landtags vorbereitet. Aus dem Departement des Kriegs wird der Ent wurf eines neuen Gesetzes über Erfüllung der Militär pflicht, sowie der Entwurf eines Gesetzes, einige Abän derungen und Zusätze zu den MilitärpensiönSgesetzen von 1837 und 1852 betreffend, an die Stände gelangen. Den Entwurf einer Kirchenvorstands- und Synodal ordnung für die evangelisch-lutherische Kirche des König reichs Sachsen und den Gesetzentwurf über die Vertre tung der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinden, wel cher der vorigen ordentlichen Ständeversammlung vor gelegt worden sind, haben die Zwischendeputationen beider Kammern unter Zuziehung von Commissarien der Staatsregierung berathen und zur Verhandlung in der gegenwärtigen Ständeversammlung vorbereitet. Endlich ist noch zu erwähnen, daß verschiedene, zum Theil in volkswirthschaftlicher Hinsicht wichtige Verträge mit anderen Staaten abgeschlossen worden sind. Hieraus erklärte der Herr Minister v. Falkenstein den Landtag für eröffnet, und schloß die Feierlichkeit in gewohnter Weise. Nachmittags 4 Uhr fand königliche Tafel unter Zuziehung der Mitglieder beider Kammern statt.