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zu, sich auch zu setziMPGlur stellte fie mit leiser Handbewegung ihm vor: „Ala«a, meine ^chter.^ , Klara entfernte fich nach stummer Verbeugung Beider: dann setzten Gräfin und Prediger fich einander aegenüver, und nach kurzer, etwa- verlegener Pause begann die Gräfin wieder: „Unsere Unterredung bat sehr sonderbar begonnen." „Ja wohl, Frau Gräfin. Ihre erste sonderbare Frage." — Die Gräfin warf etwa- piquirt die Lippen auf und machte mit der Hand eine Art vornehm abweh rende Bewegung; dann aber meinte fie gut und treu herzig: „Sie haben Recht, Herr Pfarrer! ich wurde nur bei Ihrer Anmeldung stutzig, ich wußte nicht: will rin Pfarrer wirklich Hauslehrer werden, und das, — offen gesagt, stand nicht so ganz in meiner Inten tion; oder will dieser Pfarrer mich vielleicht wegen meiner Anzeige inquiriren — man hat Beispiele." „Freilich, freilich! man hat deren," bestätige der Pfarrer, indem er gedankenvoll mit der Hand über die Stirn fuhr; dann erinnerte er bescheiden: „Doch nun wohl zur Hauptsache, Frau Gräfin, wenn es Ihnen beliebt." „Lassen Sie nnS auf verschlungenen Wcgeu zu ihr hinkommen, verehrter Herr Pfarrer, und bitte, — wenn es nicht indiScrel ist, — sagen Sie mir doch, waS ist daS mit Ihrem Spitzbuben?" „Ganz einfach, Frau Gräfin! Als ich Gefäugniß- Prediger war, gehörte er zu meinen Beichtkindern; er büßte seine Zeit ab, wurde frei; ich betraf ihn auf neuem Diebstahl, beorderte ihn zu mir, statt ihn an« züzeigea, und von mir aus ging er, um dies selbst zu thun. Ich werde ihn noch heute im Gefäugniß besuchen und behaupte, daß ich einen rechtschaffenen Menschen auS ihm machen werde, wenn man mir freie Hand läßt." „Warum gelang Ihnen daS nicht schon früher mit ihm?" „Weil wir zu rasch getrennt wurden. Er be hauptet, man hätte bei ihm wieder ruinirt, was ich bereits gut an ihm gethan. Es ist daS keine Schmei chelei, sondern eine Thatsache." — Mauritius sprach das Alles eben so unschein bar und absichtslos natürlich, als bestimmt und präcis auS. Die Macht einer bedeutenden Kraft, einer außer ordentlichen Persönlichkeit trat der Gräfin daraus ent gegen, und Hie Sache selbst machte sie, zumal bei einer etwas idealen Auffassung, edel erglühen. Sie stand auf,-reichte Mauritius die Hand und sagte mit etwa« aristokratisch entschiedenem Tone: „Herr Pfarrer, Sie find mein Hauslehrer!" Mauritius faßte nur kurz und spitz die dar gebotene schöne Hand, trat dann einen Schritt zurück und entgegnete: „DaS ist noch nicht ausgemacht, Frau Gräfin!" Eine fliegende Hitze verletzten Stolzes fuhr über die Züge der reizenden Gräfin; stolz warf sie den schönen blonden Kopf zurück; dann meinte fle trocken und vornehm: ^,Sie suchen eine Stelle als Hauslehrer — nicht?" „O — o — ja!" „Ich biete Ihnen eine solche an — da meine ich, wäre die Sache kurz gemacht. Ihre Forderungen de« willige ich Ihnen im Vorau«. Was nun weiter?" „Sir haben mich vorher sehen, sprechen wollen, ob ich Ihnen gefiele, Frau Gräfin, nicht?" „Ja wohl!" „Und ich habe Ihnen gefallrn, — so scheint'« wenigstens, — denn sonst —" „Nun ja, nun ja! Aber was ttun?" „Nun, ich habe auch Sie erst sehen und sprechen wollen, — ob — ob —! ! „Ob ich Ihnen gefiele?" „Sie sagen eS." „Nun, und ich gefalle Ihnen nicht?" „Nicht so ganz, als ich e« von der Frau gedacht hatte, die jene Anzeige schrieb, noch weniger von derje nigen, die dazu den so liebevollen, echt liebevollen Befehl gab." — Die Gräfin erröthete wieder, aber eS war dies ein ganz anderes Erröthen, als das von vorher. Sie fühlte die ganze Eonsequenz von des seltsamen Manne« fast strafenden und doch so bescheiden und anspruchslos gegebenen Worten ; ste fühlte fich in der ganzen Schwäche ihrer vornehmen Launen getroffen. Den Blick zu Boden gesenkt, verlegen mit einer Schleife spielend, dazwischen doch noch einige Male aufflammend und mit den trotzigen Lippen zuckend, so erwartete sie von Mauritius die Unterbrechung der eingetretenen Pause. Dieser aber schwieg, beobachtete indessen, ebenso so sicher als von der Gräfin unbemerkt, jeden feinsten Zug ihres Mienen- SpielS, was ihm zugleich immer mehr da« klarste Seelen-Spiel dieser ihm so merkwürdigen Fra» wurde.— Er wollte einen Augenblick lang ihre Verlegenheit be enden und selbst wieder beginnen; er besann fich in dessen und schwieg. Endlich begann die Gräfin: „Nun, und was, — waS wollten Sie doch noch sagen?" „Ich? — o nichts mehr, ich habe Ihre Frage beantwortet und erwarte nun Ihre weiteren Fragen." „Sie wollen also die Ihnen angebotene Stelle nicht annehmen?' „Das habe ich noch nicht gesagt." „Dann werden Sie es, — da« weiß ich jetzt, das fühle ich jetzt, — oder ich müßte mich sehr täuschen;" so sprach dir Gräfin jetzt rasch, herzlich und dringend. Da klärte fick da« ernste Antlitz des Pfarrer« hell auf; er trat wieder näher zur Gräfin heran und sagte mit milder, warmer Stimme: „DaS war ein anderer Ton als der von vorhin, Frau Gräfin. — Ich darf so sprechen; — zu Ihnen so sprechen, das sagt mir eine schöne Ahnung, oder auch ich müßte mich täuschen." „Sie täuschen fich nicht." „Sie stehen über der Oberfläche; ich auch. Wir begegnen uns auf höherem Boden, — da fällt so Manches hinweg, was sonst die Menschen so lange scheidet, leider auch scheiden muß. — Indem ich so ernst, so bart mich Ihnen gegenüber stellte, gab ich Ihnen den ernsten Beweis, daß ich Sie höher achte, als ich Frauen Ihres Standes bisher achtete, achten konnte." „Herr Pfa — oder — bitte, Ihren Namen?" „Mauritius." „Herr Mauritius, ich suchte einen Lehrer für mein Kind und finde, daß ich selbst noch Vieles ler nen muß." „Haben Sie daS erkannt, so brauchen Sie e» nicht mehr. — Doch nun zu Ihrem Kinde; sagen Sie mir jetzt gütigst