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Vermischtes. Die Tollwuth der Hunde im Königreich Sach sen. Nach den dem „Dresd. Joutn." zugetzangenen Notizen sind im Königreiche Sachsen, mit Ausnahme der Städte Leip zig und Dresden, binnen Jahresfrist, und zwar vom I. Juni 1865 an, aus Vorsichtsmaßregeln wenigstens 2615 Hunde getödtet worden. Bei 369 Hunden ist die Wuthkrank- heit bezirksthierärztlich constatirt öder' doch mit Gewißheit an zunehmen gewesen, und wurden von denselben 152 Menschen gebissen. Die Zahl der von den für wuthkrank erkannten Hunden gebissenen oder berührten und infolge dessen getöd- teteii Thiere beträgt 2288 (und zwar 2107 Hunde und 181 Aus Ungarn. Nach brieflichen Mittheilungen. (Fortsetzung.) Früh Morgens, bei guter Zeit, erklingt der Horn- -ruf des Hirten, in Folge dessen sich sämmtliche Thore und Stallthüren öffnen und alles Vieh herausgelassen wird, worauf dann Büffel, Kühe, Ochsen, Ziegen, Schafe und Schweine höchst zahlreich und einträchtig mit einander auf die Weideplätze vor die Stadt spa zieren und Abends eben so friedlich wieder heimkehren. Erstere, nämlich die Büffel, sind, wie dies oft mit den Geschöpfen der Erde der Fall ist, weit besser als ihr Ruf; zwar blicken sie etwas tückisch unter der breiten Stirn hervor, doch ist ihr Benehmen stets tadellos und still gemessen. In den späteren Morgenstunden, nachdem bereits der Gesang der Schulkinder verhallt ist, den wir alle Morgen zu hören Gelegenheit haben und der unseren sächsischen Ohren etwas seltsam klingt, beginnt das regste Leben auf den Straßen und auf dem Markt platze. Auch wir betreten letzteren oft und benutzen ihn zugleich als Sprachinstitut, indem wir unsere lehrreich sten Studien der ungarischen und walachischen Sprache den Ungarn und Walachen verdanken, die hier ihre Maaren feil bieten. Diese Maaren sind nun allerdings sehr gemischter Art; so verfolgte uns neulich ein altes Walachenweib, das einen großen Truthahn, wahrschein lich ihr einziges, geliebtes Hausthier, an einen Bind faden gebunden neben sich wie einen Hund führte, mit der Bitte, ihren Liebling zu kaufen. Andere stehen mit einigen Melonen, einem Körbchen voll Blumen, Waldbeeren oder Früchten als Verkäufer da, noch andere bieten Geflügel, oder selbst geschossenes Wild den Käufern dar; aber das größte Marktrecht beanspru chen die Milch-, Butter- und Gemüseleute, die ihrem Gekreisch kein Ende wissen. An Früchten und allen den Gegenständen, welche die Natur ohne große Bei hülfe menschlicher Hände hervorbringt, kann man für wenig Kreuzer schon große Einkäufe machen, dagegen sind die Erzeugnisse der Industrie gar nicht zu bezahlen und dazu auch durchgängig sehr leicht gearbeitet. Trotz dem sind die Jahrmärkte, welche hier ziemlich oft statt finden, sehr besucht; an zahlreichen Händlern und Käufern fehlt es nicht, so daß für uns Ausländer solch ein Jahr markt ein höchst beachtenSwerthes Ereigniß ist. Vom frühen Morgen an kommen die Verkäufer aus den benachbarten Gegenden, zuerst die sogenannten polnischen Juden mit ihren viereckigen Waarenkarren, die von zwei bis drei Pferden oder Büffeln gezogen werden. Diese Leute sind in Tracht und Sitte ganz ihrer VolkSthümlichkeit treu geblieben; ihre großen Bärte reichen bis an den Gürtel herab und die zwei langen Locken neben den Ohren sind die einzige Frisur, welche andere Thiere, darunter besonders Katzen und Federvieh). Schließlich sind zu verzeichnen 139 herrenlose, als der Toll wuth verdächtig von der Gendarmerie erschossene Hunde. (Neue Erfindung.) Die papiernen Kragen und Va termörder sind eine amerikanische Erfindung; jetzt hat man dort angesangen, Strümpfe aus einer Mischung von Pa pier und Mousseline zu verfertigen, welche nicht so viel kosten als das gewöhnliche Waschgeld für wollene oder baumwollene Strümpfe beträgt. Wie man aus Amerika schreibt, wird dort zum großen Verdruß der Wäscherinnen ein bedeutendes Geschäft mit diesem neuen Handelsartikel gemacht. zu tragen, sie sich befleißigen. Ihnen folgen andere Händler in buntem Gemisch und kommen meist als stattliche Reiter und Reiterinnen herbei gesprengt. Nach kurzer Zeit entfaltet sich das yöllige Marktgewühl, die Verkäufer bieten in den verschiedensten Mundarten ihre aufgestellten Maaren aus und die Käufer beschauen, handeln, lachen, stoßen, zanken, freuen und ärgern sich, gerade wie es aus deutschen Märkten auch geschieht. Hier steht ein stolzer Maghare bei seiner Bude, die in's Auge fallende, allerliebste Kleinigkeiten enthält, wie Gurte mit blitzenden Schlössern, hochrothe, mit langen bunten Fransen versehene Shlipse, weiße Storchflügel mit stählernen Agraffen zu Hutverzierungen, Pfeifen mit glänzenden Beschlägen, bunte Ketten, Knöpfe, Bänder, Schnüre und alle diese tausend Kleinigkeiten, die der Ungar zur Verschönerung seines Anzugs braucht. Ein zahlreiches Publikum ist davor versammelt; Wenige kaufen, Viele befriedigen nur ihre Neugier, und so mancher arme Zigeunerbursch, der keinen größeren Wunsch kennt, als seinem schwarzäugigen Schatz ein Band oder eine Kette zu kaufen, geht seufzend vorüber, stemmt die Geige, jene treue Gefährtin der meisten Zigeuner, an und geigt eins der zahlreichen ungarischen National lieder, die so tief ergreifende, melancholisch klagende Melodieen haben. — Dort arbeitet sich eine stattliche deutsche Dame, der ein betreßter Diener folgt, durch die Menge; ihre Toilette macht Aufsehen, zerlumpte Weiber jagen ihr bettelnd nach, und junge Stutzer, welche Menschenrace auch hier ihre Vertreter findet, folgen ihr aus dem Fuße nach. Sie nimmt ihren ganzen Sprachvorrath zusammen und sucht sich unter lebhafter Gesticulation verständlich zu machen; theilweis gelingt es ihr, doch muß sie al« Fremde derb zahlen und darf einmal Auslachen nicht übel nehmen. Die Frauen der Ungarn scheinen ein gewisses Vorrecht zu genießen; mit ernster Sicherheit, stolz und gravitätisch schreiten sie einher, die großen, breiten, bandreichen Hauben, die sich wie Windmühlenflügel über den oft schön geformten dunkeln Gesichtern er heben, mit einem gewissen Selbstgefühl tragend. Ihr übriger Anzug, die weiße Blouse, über welche ein schwarzes, bunt geschnürtes Mieder gezogen ist, der kurze, bunte Rock, die weiße Schürze, die feinen Strümpfe, die mit hohen Absätzen versehenen, den zierlichen Fuß eng umschließenden Schuhe, zeichnen die echte Magyarin vor den deutschen und walachischen Frauen jederzeit deutlich aus. Letztere sind um ihre Toilette sehr wenig besorgt ; sie, wie die Zigeunerinnen, sind froh, wenn sie einen Pelz und darunter ein aus grober Leinwand ge nähtes und mit bunten Seidenfäden verziertes Hemd besitzen; über letzteres wird im günstigen Fall noch eine Art Joppe gezogen und so ist der Anzug nach ihren Ansichten auf das Glänzendste bestellt.