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515 jestät würdig zu bewähren, daß Oesterreichs Völker sich nie größer zeigten, als im Unglücke. Ja die Vertreter der ge treuen Stadt halten an der Ueberzeugung fest, die Völker Oesterreichs werden dies — sie werden sich als dieselben be währen, welche wiederholt zahlreichen und glücklichen Feinden gegenüber den Muth nicht sinken ließen, sondern sich treu und fest um ihren Monarchen schaärten. Sie halten sich jedoch zu der Erwartung berechtigt, daß ihr Kaiser, in Ver wirklichung jener Grundsätze, die er wiederholt als die leiten den Gedanken seiner Regierung ausgesprochen hat, unter Mitwirkung von Rächen, welche in der Volksvertretung die sesteste Stütze des Thrones und Reiches sehen, und im Einklänge mit dieser eine kraftvolle und wahrhaft freisinnige Politik ins Leben rufen werde. Eure Majestät haben in Ihrer hohen Einsicht sich veranlaßt gesehen, die Führung Ihrer tapsern Armee andern, hoffentlich glücklicher» Händen anzuvertrauen. Möge Eure Majestät zu dem segensreichen Entschlüsse kommen, auch zur Leitung der Staatsge schäfte solche Männer zu berufen, deren entschiedene Thatkraft und politische Gesinnung den Völkern Oesterreichs die Gewähr einer bessern Zukunft zu geben geeig net ist. Dadurch würde in uns Allen jenes Selbstvertraum und jene Thatkrast entflammt, welche den größten Gefahren gewachsen ist und die schwersten Wunden des blutigstm Kriegs in kurzer Zeit zu heilen vermag. Auch die Reichshauptstadt Wien wird sich ihrer Vergangenheit würdig zeigen. Wien ist keine Stadt von gestern; ost schon hat sie sich von feind lichen Schaaren umringt gesehen, aber niemals hat in solchen Tagen die Treue der Bürger geschwankt. Eine ruhmvolle Vergangenheit, große Erinnerungen erheben eine jegliche Brust, und umrschüttert in schwerer Stunde, vertrauend auf das Wort des Monarchen und den endlichen Sieg des Rechts, sieht die Bevölkerung Wiens der Zukunft muthig entgegen. Gott segne, Gott schütze, Gott erhalte Eure Majestät!" Vom Kriegsschauplatz in Böhmen. Nach der Schlacht von Königgrätz ist allem An schein nach die Hauptmasse der österreichischen Infan terie, die leichten Cavalleriedivisionen, sowie die Sachsen, auf Olmütz, und das 10. Corps und die schweren Ca valleriedivisionen über Brünn auf Wien zurück ge gangen. Das Vorgehen der preußischen Armee über Brünn hat die Oesterreicher bewogen, auch die nach Olmütz gegangenen Truppen nach der Donau zurück zunehmen. Große Theile der Truppen gingen per Ei senbahn von Olmütz nach Wien; als aber in Folge des Gefechts bei Tobitschan die Benutzung der Bahn nach Süden unmöglich wurde, blieb für den ferneren Rück zug nur der Fußmarsch übrig. Aus Wien schreibt man: „Wir müssen nun ernst lich besorgen, daß der Versuch einer feindlichen Invasion gemacht werden wird, bevor noch die Ver handlungen ihr Ende erreicht haben. Schon ist uns die Fronte deö Feindes so nahe gerückt, daß man mit einem Wagen das feindliche Lager in zwei Stunden erreichen kann. Vom Stephansthurme, sowie vom Le- opoldSberge, sieht man deutlich die Bewegungen der längs der Eisenbahn und Donau ausgestellten preußi schen Truppen. Sollien die Preußen den Uebergang der Donau bei Presburg versuchen, was man hier für wahrscheinlich hält, so werden sie uns nicht unvorbe reitet finden. Wie wir vernehmen, befindet sich das Hauptquartier Benedeck's, der sich mit den Resten seiner Armee von Olmütz aus nach Ungarn durchgeschlagen, in Freistadt nächst Tyrnau." — Nachrichten ausBerlin zufolge stehen die Preußen bereits bei PreSburg. Die inzwischen eingegangenen Nachrichten von der fünftägigen Waffenruhe und den Friedensunter handlungen beseitigen die oben ausgesprochenen Be sorgnisse wegen einer Schlacht bei Wien. DaS preußische Hauptquartier ist am 18. Juli von Brünn nach Nikolsburg verlegt worden. Die Abreise des Königs war für den Vormittag .be stimmt und bereits Handpferde und die schweren Ge päckwagen dahin abgegangen, als beschlossen wurde, die Abreise auf Nachmittags zu verlegen; man vermuthet, wegen der erfreulichen Nachrichten, welche vom Rheine her einliefen und über die Besitznahme Frankfurts be richteten. In Folge der dadurch günstiger gewordenen politischen wie militärischen Situation, und da zugleich Berichte von den Vortruppen einliefen, daß der Vor marsch gegen Wien in stetem Fortschreiten begriffen sei, erfolgte der Abgang nach dem, von Brünn sechs Meilen entfernten Nikolsburg erst gegen Abend. — Hier war von Wien bereits der französische Botschafter Benedetti eingetroffen, der alsbald mit dem Grafen v. Bismarck eine Conferenz hatte. Die Stadt Brünn hat sich übrigens in der für sie gewiß schweren Zeit sehr gut benommen. Ohne ihrer Treue und ihrer ehrenwerthen Anhänglichkeit an ihr Kaiserhans etwas zu vergeben, hat sie Alles gethan, um die unwillkommenen Gäste freundlich aufzunehmen. Die Einwohner haben selbst Mangel gelitten; selbst in den Hotels und in den wohlhabendsten Familien war oft kein Brod, keine Milch oder sonstige Lebensbedürf nisse zu haben. Landleute brachten nichts zur Stadt. Nach dem Abmarsche der 45,000 Mann Preußen nahm erst Alles wieder den gewohnten Gang an. — Die Transporte schwerer preußischer Be lagerungsgeschütze nach Böhmen sind jetzt fast beendet, und den zur Operation gegen'die böhmischen Fe stungen gebildeten BerennungscorpS ist ein furchtbarer Belagerungspark zur Disposition gestellt. Die neuesten Nachrichten vom Kriegsschauplätze sind enthalten in einer, vom 24. Juli datirten amtli chen Meldung aus Berlin. Dieselbe lautet; „Am 22. trafen die preußische 7. und 8. Division bei Preß bürg auf etwa 35,000 Oesterreicher. Das Gefecht nahm einen so glücklichen Gang, daß die Besetzung PreßburgS wahrscheinlich eine Folge desselben gewesen wäre; dasselbe mußte indessen Mittags 12 Uhr wegen eintretender Waffenruhe abgebrochen werden. Die preußischen Trup pen blieben bis zum 23. früh auf dem Schlachtfelde und wurden dann bis auf die bestimmte Grenzlinie bei Stampfen (2 Meilen nördlich von Preßburg) zurückge nommen. Die preußischen Verluste gering, die der Oesterreicher bedeutender. Vom mitteldeutschen Kriegsschauplatz. Nach einer aus Werdau in Berlin eingegangenen amtlichen Meldung hat die Avantgarde des von Leipzig abgerückten zweiten Reservecorps der Preußen mittelst forcirter Märsche und unter theilweiser Benutzung der Eisenbabn, am 23. Juli Hof (in Baiern) erreicht und dort 60 Mann gefangen genommen. Aus Frankfurt a. M. wird gemeldet, daß sich die Auferlegung der neuen Contribution von 25 Millionen Gulden (s. vor. Nr. d. Bl.) bestätigt. Die Frist zur Zahlung ist auf 4 Tage bemessen, nach deren Ablauf Execution eintreten soll. Die herrschende Bestürzung ist kaum zu beschreiben; man sieht einem