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Leipzig. Bon dein kgl. preuß. Militärgouverneur von Sachsen, Generallieutenant v. d. Mülbe, ist der Ver trieb der „Gartenlaube" für das Königreich Sachsen verboten und solches dem hiesigen Verleger Ernst Keil durch die preuß. Commandantur allhier eröffnet worden. Berlin. Die Wahlen der Abgeordneten haben am 3. Juli stattgefunden. — Wider Erwarten hat die Cholera in Berlin in letzter Woche an Aus dehnung gewonnen; vom 30. Juni bis 1. Juli sind 24 neue Fälle vorgekommen. Die Gesamnttzahl der Erkrankten beträgt jetzt 76, davon sind 2 genesen, 50 gestorben, 24 noch in Behandlung. Seiten der Sani- tätScommission sind 2 neue Cholera-Lazarethe eröffnet worden. — Von der preußischen Armee und von Preußens Bundesgenossen ist als gemeinsames Wahrzeichen die weiße Armbinde angelegt worden. — Am 1. Juli trafen in Berlin die eroberten hannöverschen Ge schütze, Lazarethwagen rc. ein. Frankfurt a. M. In der Bundesversammlung am 27. Juni wurde auf den Antrag von Oesterreich und Baiern beschlossen, daß der Oberbefehl über sämmtliche, den mobilisirten 4 Armeecorps angehörigen Bundestruppen, mit Ausnahme der sächsischen, dem Prinzen Carl von Baiern übertragen werde. Die oberste Leitung der Armeen Oesterreichs und des deut schen Bundes hat vom Feldzeugmeister Ritter v. Be nedek, dessen Befehlen zugleich die sächsische Armee unmittelbar unterstellt ist, auszugehen. — In derselben Sitzung zeigte der kurhessische Gesandte an, daß Se. kgl. Hoh. der Kurfürst nunmehr von der kgl. preuß. Regierung als Kriegsgefangener nach Stettin gebracht worden sei. — — Das hiesige Oberpostamt macht bekannt, daß der Fahrpostverkehr mit Preußen eingestellt ist. Hannover. In der hannöverschen Armee, welche sich nach einer, alle Begriffe übersteigenden Bravour übergeben mußte, ist die Noch grenzenlos. In Langen salza fehlte es alsbald nach der letzten Schlacht (bei Merxleben) an Allem zur Verpflegung und Labung. Bon Hannover aus wurden alsbald Wagenladungen voll Brod, Wein, Fleisch, Gemüse, Erquickungen, Ver bandzeug, Stroh rc. per Eisenbahn dahin geschafft, und Aerzte spendeten die nöthige Hilfe. Auch aus Göttingen und andern Städten wurden die Truppen unterstützt; dieselben gingen nach Gotha und über Magdeburg nach Lehrte, wo sie entlassen wurden. Der Preuß. Staats- Anzeiger sagt: „Die hohe Selbstverleugung, mit welcher die hannöversche Armee, treu dem geleisteten Eide, ihr hartes Loos getragen, muß ihr die Achtung der preu ßischen Armee sichern." — Der König von Hannover ist in Frankfurt a. M. eingetroffen. Baiern. Am 27., 28. und 29. Juni sind bai rische Truppen, ca. 1500 Mann Infanterie, Artillerie und Cavallerie, in kampfbereiter Weise in Meiningen eingerückt. Der militärische Streifzug bezog sich we niger auf einen Angriff gegen einen nicht vorhandenen Feind, als auf Zerstörung des Telegraphenapparates und Aufreißen von Schienen; bald darauf verließen die Truppen Meiningen wieder. Auch in Schleu singen (zwischen Suhl und Hildburghausen, in dem preuß. Theile der Grafschaft Henneberg) sind bairische Truppen eingerückt. — Aus Koburg schreibt man, daß am 29. Juni bairische Trnppen eingerückt seien, uud zwar, da die Eisenbahn zerstört sei, zu Fuß. Nach RecognoScirung der Stadt durch ChevauxlegerS mar- schirte im Eilmarsch das Jnfanterieleibregiment, direct von München kommend, eine Abtheilung des Regiments Herzog Max, Jäger rc. durch Koburg und ohne Rast nach Norden zu, über Hildburghausen nach Eisenach. Das bairische Hauptcorps rückt von Westen an die preußische Grenze vor. Wetzlar. Die süddeutschen Truppen (Bun- deStruppencorps) sind am 2. Juli Nachmittags hier eingerückt, etwa 4000 Mann Infanterie und Jäger mit 6 Geschützen, vom Corps des Prinzen Alexander von Hessen. Sie requirirten 2100 Flaschen Wein, 4200 Portionen Fleisch, 800 Brode, 200 Rationen Fourage, 20 Ctr. Hafer und 12 Ctr. Heu. Die Truppen verließen Abends die Stadt, sämmtlich in der Richtung auf Gießen zu. — Ein Telegramm des „Mainzer Anzeiger" lautet: „Bingen, 30. Juni. In verwichener Nacht 1 Uhr griffen die Hessen-Darmstädter die hier einmar- schirten, auf dem Marktplatz bivouakirenden Preußen an und trieben sie nach kurzem Kleingewehrfeuer über die Nahe zurück. Die Preußen hinterließen Todte, Verwundete und mehrere Gefangene." — Aus Asch vom 29. Juni läßt sich das „Frank furter Journal" telegraphiren: „Die Baiern rücken nach Sachsen vor." Schleswig-Holstein. Die Besatzung der Herzog- thümer Schleswig-Holstein besteht jetzt aus ca. 6000 Mann. Die Ausgabe, welche diese Truppen den Her- zogthümern machen, ist pr. Tag auf 25000 Mark zu veranschlagen. (1 Mark — 4 Ngr.) Florenz, 29. Juni. Der Krieg, welcher begonnen hat, wird lang, sehr lang werden. So ist die Mei nung der Regierung, welche demnach ihre Anstalten trifft. Selbst vor Eröffnung des Feldzugs hatte man sich auf einen langen Kampf gefaßt gemacht. Heute zweifelt Niemand mehr daran. Italien giebt den Ge danken nicht auf, für den es die Waffen ergriffen hat. Es liegt auf der Hand, daß eS zum Kriege durch eine so zu sagen fatale Nothwendigkeit geführt wurde; es ist durch noch dringlichere Beweggründe gezwungen, bis zum Ende auszuharren. Aber es ist jetzt klar, daß die Aufgabe keine leichte ist, und daß man einen Feind zu besiegen hat, der sich mit Muth und Geschicklichkeit vertheidigt. Der öffentliche Geist ist heute wieder voll Zuversicht, und der erste Eindruck, welchen die Kämpfe vom 24. Juni hervorgerusen, ist vollständig verwischt, und in dem Maße, wie die Einzelnheiten über die Schlacht bekannt werden, woraus man ersieht, daß die italieni schen Truppen ihre Pflicht gethan, kehrt das Vertrauen zurück. Dies ist die Hauptsache. Obgleich man volles Vertrauen zu dem individuellen Muthe der Offiziere und Soldaten hatte, so zweifelte man doch ein wenig an der Widerstandskraft' der Armee. Dieser Zweifel ist heute nicht mehr erlaubt, und das Mißlingen einer strategischen Bewegung verliert dadurch viel von seiner Wichtigkeit. Man muß nicht die Affaire vom 24. in einen Sieg umwandeln; aber man muß constatiren, daß der Kampf vollständig ehrenhaft für die italienische Armee war, die eher moralisch gestärkt, als geschwächt wurde. Man bereitet gegenwärtig einen neuen Angriff