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462 der Preußen war unübertrefflich. Theile des Leibreai- mentS schlugen ohne Quarröformation wiederholte Ca- vallerieangnffe zurück. Das Hauptquartier der Armee des Prinzen Friedrich Karl ist über Gitschin hinaus verlegt worden. Die Verbindung der ersten und zwei ten preußischen Armee ist vollständig hergestellt. Die Einbringung von Gefangenen dauert fort. Die öster reichischen Regimenter König von Hannover, Martini und Ramming sind fast ganz, das 18. Jägerbataillon ganz aufgerieben. Weiter wird aus Gitschin hierher gemeldet: Der Gesammtverlust der Oesterreicher, welche der Armee des Kronprinzen (bei Trautenau, Nachod, Skalitz, Ja- romirsch) gegenüberstanden, beträgt 25,000 Mann, der Gesammtverlust derjenigen österreichischen Truppen, welche mit der Armee des Prinzen Friedrich Karl (bei Reichenberg, Turnau, Podol, Münchengrätz, Gitschin) engagirt waren, 15,000 Mann. Seit ...(?) ist die Flucht der Oesterreicher eine so eilige geworden, daß auf einer neunstündigen Recognoscirung keine Fühlung zu gewinnen war. In Folge des glücklichen Sturmes der preußischen Truppen bei Gitschin ist die wichtige Vereinigung der beiden Armeen des Kronprinzen mit der des Prinzen Karl von Preußen (erstere von Josephstadt, letztere von Münchengrätz her sich entgegenkommend) vollständig hergestellt. Die österreichische Armee zieht sich in Folge davon in der Richtung auf Königgrätz zurück. AuS Braunau, 30. Juni (unweit Trautenau in Böhmen), wird der „Schles. Ztg." geschrieben: Ge stern rückte die Proviantcolonne des Gardecorps hier ein und fuhr ihre Wagen auf dem Marktplatze aus, um eine Stunde zu füttern. Im Augenblick hatten sich mehrere Menschen als Neugierige um sie versam melt, man betrachtete wiederum die unbekannten Uni formen, trotzdem erst vor wenig Tagen die buntesten Uniformen den sonst stillen Ort belebten. Der Kauf mann Nowack begnügte sich jedoch damit nicht, sondern schimpfte: „Preußenpack" rc. Kaum hatte er jedoch dies ausgesagt, so fielen auch die Fahrer der Colonne über ihn mit ihren Reitpeitschen derart her, daß, hätte er sich nicht in ein Haus geflüchtet, er unrettbar zu Mus gehauen worden wäre. Dreißig Trainsoldaten zogen blank und hieben nun so lange in die schnell zugewor fene Thüre, bis sie aus ihren Angeln ging. Sämmt- liche Läden der Stadt wurden geschlossen. Die Be satzung alarmirte, und nur mit Mühe gelang es dem umsichtigen Benehmen des Commandanten, Premierleut nants v. Richthofen, die Trainsoldaten von dem Demo liren des Hauses abzuhalten. Das Haus wurde besetzt und untersucht; da flogen aus den obersten Fenstern Steine auf die Truppen. Die Wuth derselben stieg dadurch noch mehr. Im rechten Moment ließ jedoch der die Colonne commandirende Offizier aufsitzen und verließ die Stadt, um die wuthentbrannten Preußen zu beruhigen und einem Gemetzel vorzubeugen. Nowack wurde nickt gefunden. Leutnant v. Richthofen ließ da her den Bürgermeister und die Frau des Nowack ver haften, sein Haus schließen und sein Vermögen mit Beschlag belegen. Gegen Abend stellte sich Nowack; die Frau und der Bürgermeister wurden entlassen, er selbst aber heute mit MilitäreScorte nach Glatz geschafft, woselbst er vor« Kriegsgericht gestellt werden wird. Den Mcklicherweise sich bet dem Exceß passiv verhaltenden Bürgern Braunaus ist es zuzuschreiben, daß die Stadt nicht dadurch in namenloses Elend gebracht wurde. Hätte nur ein Einziger für Nowack Partei genommen, so erfolgte das schrecklichste Blutvergießen. — Die Re quisitionen nach Wein, Leinwand, Vieh, Brod und Ci garren nehmen noch fortwährend ihren Fortgang. Noch gegen Abend wurden wiederholt im Kloster tief im Kel ler versteckt hinter geheimen Thüren 4000 Flaschen Tokaher und Malaga vorgefunden. -- Ein Commando vom Schweidner Landwehrbataillon 2. Aufgebots requi- rirt soeben Wagen und fährt auf die Dörfer, um die dort vorhandenen Kühe, Schafe und alles Brod, was sie vorfinden, mit Gewalt zu requiriren. — Cigarren sind nicht mehr zu haben, der Wirth meines Hotels hat selbst seit drei Tagen nicht mehr das Vergnügen des Rauchens, und selbst sein Wein (3000 Flaschen) ist schon der Armee nachgesandt. — Niemand von den Bewohnern der Stadt darf dieselbe verlassen; nieder gedrückt schleichen sie einher, sie haben nicht die gering sten Sympathien für uns, weshalb leider Alles mit äußerster Strenge herbeigeschafft werden muß. — Den Kronprinzen von Preußen hat man bei seinem Durch marsch am 27. sehr lieb gewonnen, allgemein gefiel seine Leutseligkeit. Bei seiner Suite befand sich Prinz Albrecht (Sohn), der leider schwerverwundet von Po litz nach Kamenz geschafft sein soll. — Die Nacht vom 28. zum 29. bivouakirten die königl. Prinzen selbst und schliefen auf Stroh. — Der Kronprinz war beim An blick der ersten Verstümmelten tief bewegt und erschüt tert. Man gab heute den beiderseitigen Verlust auf mehrere Tausende an, wobei ^/s auf die Oesterreicher kommen, deren erste Reihen wie umgemäht zusammen stürzten; es sind daher auf des Feindes Seite mehr Todte, bei uns viel Verwundete.— Die vom Kampf platz zurückkehrenden Fouragewagen mußten sich oft auf der Straße die Todten bei Seite legen, um vorüber fahren zu können. — Man sagt allgemein, daß, wenn das so fort geht, sich beide Armeen aufreiben! Die neuesten Nachrichten (amtliche Mitthei lung deö k. preuß. Militärgouvernements zu Dresden) enthält das „Dresdner Journal" vom 5. Juli. Wir theilen dieselben hier mit: Berlin, 4. Juli, Vormittags 10 Uhr. So eben geht hier folgende (vom 3. Juli Abends datirte) De pesche Sr. Maj. des Königs an Ihre Maj. die Königin Auguste ein: „Vollständigen Sieg über die österreichische Armee nahe der Festung Königgrätz zwischen der Elbe und der Bistritz heute in achtstündiger Schlacht erfochten. Ver lust des Feindes und Trophäen noch nicht gezählt, aber bedeutend; einige und zwanzig Kanonen. Alle unsere acht Corps haben gefochten; aber große, schmerzliche Verluste. Ich preise Gott für seine Gnade, wir sind Alle wohl. Wilhelm." Berlin, 4. Juli, Nachm. In der aestrixen Schlacht nahmen unsere Gardefüsiliere 20 Geschütze, das Regiment Königin Elisabeth 10, das erste Garde regiment 8; von den übrigen noch keine Meldung; 3 Fahnen. Die Oesterreicher auf der Flucht in der Festung Königgrätz und gaben Pardubitz auf. Sie sind von unserer Cavallerie verfolgt, aufgelöst; der Weg ist mit abgeworfenen Waffen und Gepäck bedeckt. Gegen uns standen dem Anschein nach 5 Corps Oesterrelcher in sehr starker Stellung. Der beiderseitige Verlust ist bei der Ausdehnung der Aufstellung erst morgen zu constatiren. Allein von Horzitz aus sind bisher 10,000 Gefangene zu zählen.