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Geist und Kraft, seines Volkes Tapferkeit, Hingebung und Gesittung es emporgehoben haben. Flehen wir den Allmächtigen, den Lenker der Geschicke der Völker, den Lenker der Schlachten an, daß er unsere Waffen segne! Verleiht uns Gott den Sieg, dann werden wir auch stark genug sein, das lose Band, welches die deutschen Lande mehr dem Namen als der That nach zusammenhielt, und welches jetzt durch diejenigen zerrissen ist, die das Recht und die Macht des nationalen Geistes fürchten, in anderer Ge stalt fester und heilvoller zu erneuen. Gott mit uns! Berlin, 18. Juni 1866. (Gez) Wilhelm. — Es steht ein gemeinschaftlicher Aufruf an die Nationen, unterzeichnet von Mitgliedern der Fortschritts- und ver conservativen Partei, bevor. — Die Ordres zur Einberufung der Land wehr des zweiten Aufgebotes und zur Ausfüllung der Bataillone derselben durch Mannschaften der Er satzreserve sollen schon ausgegeben sein. — Der Erlaß einer könizl. Bestimmung wegen Erneuerung des Ordens vom eisernen Kreuz wird erwartet. — Für den 27. Juni ist aus Anlaß des begin nenden Krieges ein allgemeiner Buß- und Bettag in Preußen angesetzt worden. — Die „Voß'sche Zeitung" schreibt aus Berlin: „Durch den Ausbruch des Krieges haben die mit den gegnerischen Regierungen abgeschlossenen Zollverträge von selbst ihr Ende erreicht, ohne dies erst aussprechen zu müssen. Es sind deshalb von hier aus keine Maß regeln getroffen worden, wodurch das Aufhören der Verträge constatirt wird. Bisjetzt sind die betreffenden Zollbehörden nur angewiesen worden, die Interessen Preußens zu wahren. Später sind aber ins Einzelne gehende Bestimmungen zu erwarten. — Die preußische „Provinzial-Correfpondenz" be spricht die rasche und ohne Widerstand vollzogene Be setzung SachsenS, Hannovers und KurhessenS durch die Preußen, fügt aber hinzu: Niemand wird freilich glauben, daß diese vorläufigen Erfolge schon ein schließ liches Gelingen verbürgen. Die größten Aufgaben sind noch unberührt. Die österreichische Armee rückt eben erst gegen Preußen an; ihr gegenüber muß sich unsere Kraft erst vollauf erproben. Oesterreicks Heer ist treff lich ausgerüstet, im Kriege geübt unv von tüchtigen Feldherren geführt. Es wäre thöricht und vermessen, die uns bevorstehenden Proben zu unterschätzen. Aber ganz Preußen sieht den Ereignissen gehobenen MutheS entgegen. Das erste Vorgehen unserer Regierung hat dem Volke überall neue Bürgschaften einer mächtigen Thatkraft, rascher Entschlossenheit und hoher Umsicht gegeben — die überraschenden Erfolge in ganz Nord deutschland sind als Unterpfand einer weitern glücklichen Entwickelung freudig begrüßt worden. — Preußen wird in Hannover, Sachsen und Kur hessen in nächster Zeit die Wahlen zum Parlament vorbereiten. — Nach zuverlässigen Mittheilungen aus Berlin sind die früher abgebrochenen, vor einigen Tagen wieder angeknüpften Verhandlungen der preußischen Regierung mit Frankreich, über deren Stellung zu dem preußisch- österreichischen Streit „für gewisse Eventualitäten," auf dem Punkte, zum Abschluß zu kommen. Hannover. Der größte Theil der hier am 17. eingerückten preußischen Truppen ist weiter südlich mar- schirt. Ein Theil der hannöverschen Truppen ist nach erfolgter Abnahme ihrer Waffen per Urlaubspaß in die Heimath geschickt worden. In Stade ist den Preußen das umfangreiche Festungsmaterial und der ganze Inhalt des Zeughauses in die Hände gefallen, und zwar 8 gezogene 12Pfünder, 7 gezogene 24Pfünder, 8 Haubitzen, 6 Mörser, viele eiserne Kanonen, 14,000 neue gezogene Gewehre, 2000 Ctr. Pulver, 1 Million Patronen, 11,600 neue wollene Decken rc. — Der König ist bei der Armee im Süden. Die Königin und die Prinzessinnen sind noch in Hannover. Erstere hat den conimandirenden General v. Falcken- stein empfangen; auf das Bedauern, welches dieser da rüber ausdrückt, berufen zu sein, Ihrer Majestät so viel Sorge zu bereiten, soll die Königin kein Hehl ge macht haben aus ihrer Zuversicht, Seine Majestät den König, Ihren Gemahl, an der Spitze siegreicher Truppen in seiner Residenz wieder einziehen zu sehen. — Der Finanzminister ist mit 85 Packeten Metallgeld in Lon don eingetroffen. — Eine bedeutende Kriegscontri- bution wurde gefordert, die bis ändern Tags zu lie fern war. Als Betrag wird genannt: 5000 Ctr. Roggenmehl, 3000 Ctr. lebendes Rindfleisch, 12,500 Ctr. Hafer, 3300 Ctr. Heu, 5000 Ctr. Stroh, 700 Ctr. Reis, 250 Ctr. Speck, 117 Ctr. Kaffee, entspre chend Salz u. s. w. Indessen soll auf Vorstellung zugesichert sein, daß diese Contribution als solche daS ganze Land, nicht allein die Residenzstadt, treffe; nur die Besckaffung ist dem Magistrate übertragen. — Auch Harburg ist eine Kriegscontribution von täglich 3000 Thlrn. auferlegt, jedoch nicht in baarem Gelbe gefordert, sondern als solche die Verpflegung der preußischen Truppen angerechnet. Kurhessen. Den sämmtlichen knrhessischen Trup pen ist es gelungen, ihren Rückzug über Fulda und Hanau zu bewerkstelligen, ehe die preußischen Truppen dies hindern konnten. Der Thronfolger des Kurfürsten Prinz Friedrich (ein Sohn des Landgrafen Wilhelm und entfernter Vetter des Kurfürsten) befand sich fort während bei den Truppen. Auch der Kurfürst ist in Hanau, das jetzt Sitz der Regierung werden soll. Es stehen jetzt in und um Hanau 15,000 kurhessische Trup pen; über deren fernere Bestimmung, ob Anschluß an das 8. Bundesarmeecorps oder was sonst, verlautet noch nichts. Gotha. Die Staatsregierung hat sich entschlos sen, der Aufforderung zu einem Bündn iß mit Preu ßen nachzukommen. Sie hat diesen Entschluß in einer am 20. Juni an den gemeinschaftlichen Landtag gelang ten Vorlage ausgesprochen. Das koburg-gothaische Contingent wird auf den Kriegsfuß gesetzt und dann zur Disposition des preußischen KriegsministeriumS gestellt werden. Dessau. Behufs Vereinigung mit der preußischen Armee marschirten am 20. Juni die anhalt-dessauischen Bataillone ab. Kiel. Die hier liegenden preußischen Kriegs schiffe erwarten täglich Ordre, in See zu gehen. Man vermuthet, daß sie ihren CourS südlich nehmen werden, um mit der italienischen Flotte gemeinschaftlich gegen die österreichischen Küstenländer zu operiren.