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Freitag. Nr. ltz 23. Februar 1866. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Preis Weißerih-Zeitnng. M Amts- und Anzeige-Matt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadträthe zu Dippotdiswalde. Frauenstein und Attenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne in Dippoldiswalde TageSgefchichte. j Von der Grenze. Bis jetzt hat die öster reichische Finanzwirthschaft eine horrible Be rühmtheit erlangt, um welche sie von keiner Regierung des Continents beneidet wird. Aus allen Theilen des Kaiserstaates treffen Nachrichten über Veruntreuungen von fiskalischen Gütern ein, und es werfen diese Er scheinungen ein eigcnthümliches Licht auf die inneren Zustände. Die öffentliche Meinung wird durch die fast epidemisch gewordene Wiederholung ähnlicher Fälle nicht mehr irritirt. In dem böhmischen Silberbergwerke Przibram, aus welchem jährlich 55,000 Mark Silber gewonnen werden, wurde von Dienern des finanziell -art bedrängten Staates seit Jahren Silber ge- tohlen und an unsolide Mäkler verschachert. Die irdischen Händler Feigel und Taußig aus Prag wurden im Besitze von 115 Pfund Silber betreten und dem Prager Landesgerichte eingeliefert. Es hatte sich unter dem Przibramer Hüttenaufsehern ein wohlorganisirtes Defraudations-Eonsortium gebildet, welches in nahezu 8 Jahren das ansehnliche Quantum von 3600 Pfund Silber veruntreut haben soll, die technisch als Mani pulationsabgang bezeichnet und als solcher zeither ver rechnet wurden. Aufseher, die arm und beinahe nackt zur Hütte kamen, haben sich in kurzer Zeit ein sehr ansehnliches Vermögen gesammelt. Aufseher, die einen Wochenlohn von fünf Gulden bezogen und eine zahl reiche Familie hatten, machten nur für ihre Person einen Aufwand, der einem kleinen Cavalier gut ge standen hätte. Die eingeleitete Untersuchung dürfte leider ohne Resultat bleiben, weil zwei der Hauptschul digen sich zu entleiben für gut fanden. Altenberg. Wie wir bestimmt erfahren, beruht der in vor. Nr. enthaltene Artikel übel einen Einbruch und versuchten Diebstahl nicht allenthalben auf Wahr heit, weshalb wir ihn widerrufen. Altenberg. In vor. Nr. dies. Bl. war viel zu lesen, in welcher beklagenswerthen Weise sich hier der Aberglaube zeige, und wie gar Viele von hier, die sich zum Theil zu den Gebildeten rechnen, die dermalen in Zinnwald sich aufhaltende Wahrsagerin aufsuchen. Wenn dabei hervorgehoben wurde, daß in hiesiger Ge gend ein großer Theil leider abergläubisch sei, gleich sam als wenn dies anderwärts nicht oder nicht in dem Umfange bestehe, so müssen wir doch, so sehr wir dies neuerliche Vorkommniß tief beklagen, erwähnen, daß anderwärts derselbe Unsinn vorkommt, wie hier. Wir wollen z. B. erwähnen den Jahre lang in Dippoldis walde stattgefundenen Unsinn wegen Hebung eines Schatzes in dem früher Fritzsche'schen Hause, wo der Aberglaube sich in einem solchen Umfange geltend machte, wie man kaum für möglich gehalten hätte, auch bei Leuten sich zeigte, welche ebenfalls zu den Gebil deten sich rechnen. Wir wollen des großartigen Un sinns mit dem Geisterverkehr gedenken, der dort ge trieben wurde. Also nicht blos hier, sondern auch an derwärts, kommen solche Erscheinungen vor, die den Menschenfreund mit Wehmuth erfüllen. Es ist er freulich, daß die Presse unnachsichtlich solche Vorkomm nisse bespricht, Belehrungen ertheilt und das Publikum warnt, weil in der Regel Betrügerei und Schwindel damit verbunden ist. Altenberg. Vor wenig Tagen hielt der hiesige Gewerbeverein die erste Sitzung in dem nun be gonnenen 9. Lebensjahre ab, wozu sich über 30 Mit glieder eingefunden hatten. Der Vorsitzende eröffnete solche mit einer Ansprache, in welcher er unter Bezug nahme auf das abgehaltene Stiftungsfest einen Blick der Dankbarkeit auf die Vergangenheit und einen Blick der Zuversicht auf die Zukunft richtete. Statu tengemäß erfolgte die Neuwahl des Vorstandes. Da bei wurde der bisherige Vorsitzende Herr Adv. Riedel einstimmig, mit Ausnahme seiner Stimme, und Herr Bürgermeister Fritzsch in Zinnwald zu dessen Stellver treter mit Majorität erwählt. Zum Schriftführer wurde wiederum Herr Schichtmeister Schmidhuber und zum Kassirer Herr Stadtkassirer Gäbler ernannt. Es sind daher tüchtige Kräfte in den Vorstand gewählt worden, die sich zum Theil schon bewährt haben, und theils bewähren werden. Daß Herr Bürgermeister Fritzsch bei der Wahl berücksichtigt wurde, hat viele Freude erregt. Wir wissen Alle, daß er eine so thätige als geistig befähigte Kraft ist, der in sich eine Fülle des Wissens trägt, wie solche in Zinnwald nicht gesucht wird. Nachdem die sonstigen nöthigen geschäftlichen Vereinsangelegenheiten geordnet waren, hielt Herr Bürgermeister Fritzsch einen Vortrag über den Liebig- schen Fleischextract, in einer dem geläufigen Sprecher eigenen Klarheit und Ausführlichkeit, der mit allge meiner Aufmerksamkeit ausgenommen wurde. Er ge dachte der Erfindung dieses FleischextractS durch den berühmten Liebig, dessen Gewinnung und Bereitung, dessen gewaltige Nahrungskraft, dessen Verwendung. Er theilte mit, daß jährlich in der bairischen Hofapo theke unter Liebigs und des Hosapotheker Pettenkofer Leitung und Aufsicht 5 bis 6000 Pfund Rindfleisch zu Gewinnung von Fleischextract verbraucht werden und daselbst das Pfund über 11 Thlr. koste, führte an, daß eben der hohe Preis der allgemeinen Verbreitung entgegenstehe und gedachte, daß in Frah Bentos La-Plata ein Deutscher eine Fabrik zu Gewinnung von Fleisch-