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Freitag. 85. 28. Oktober 1864. Erscheint ' Preis '' Dienstags und MM pro Quartal ÄL-Weißerrh-Ieituna. ZL anstalten. I 8 Pfg. Amts- «ab Anzeige-Dlatt der Königlichen Gerichts-Innter und Stadtrüthe zv Dippoldiswalde, /raneuflein vnd Attenberg. Verantwortlicher Redakteur: Carl Jehne in Dippoldiswald«. TageSgesehichte. Altenberg. Obschon nach dem klaren Buchstaben der Städteordnung tz. 144 bestimmt ist, daß „nach Ab lauf der zu den Abstimmungen festgesetzten Zeit von der Wahldeputation zur Eröffnung der Behältnisse ver- schritten werden soll, in welchen die Stimmzettel ver« wahrt find, und sodann die Stimmzählung zu erfolgen hat," so ist dies bei NnS noch nicht erfolgt. Acht Tage find verstrichen, und man kennt nicht einmal den Grund dieser auffallenden Erscheinung, über welche seiner Zeit die Wahldeputation Rechenschaft zu gebe» verpflichtet ist. Denn eben nur diese, nicht etwa Einer, ist ver pflichtet, das zu thun, was die Städteordnung vor schreibt. Im Uebrigen bildet selbstverständlich auch hier das Wahlversahren fortwährend den Gegenstand sehr lebhafter Besprechung, wobei eS an Mittheilungen nicht fehlt, die kaum zu glauben find. Der Zudrang zur Wahl war ein außerordentlich großer, und nur einige Stimmberechtigte blieben aus; man erzählt sich, daß von ohngefähr 200 Stimmberechtigten nur 21 ge fehlt hätten. Die Furcht vor der Geldstrafe, gegen welche in der gesammten Bürgerschaft eine Mißstimmung herrscht, läßt diese Erscheinung nicht erklären, wohl aber hielt man es von vielen Seiten an der Zeit, durch die Wahl seine Stimmung auszusprechen. Wir glauben indeß kaum, daß sich diesmal die Gelegenheit dazu ge funden haben wird, denn es scheint noch sehr zweifelhaft, ob eS überhaupt zu einer Stimmzählung kommt, dasern man mit solcher noch länger Anstand nehmen sollte, oder ob nicht die ganze Wahlhandlung kaffirt werden dürfte, wie von Männern befürchtet wird, denen man über die vorliegende Angelegenheit ein richtiges Urtheil zutrauen kann. 2 Bon der böhmischen Grenze bei Frauenstein wird unö Folgendes geschrieben. Die Klagen, die sich schon vor längerer Zeit beziehendlich des ungünstigen Ernte- wetterS in unsrer Gegend verlauteten und sich jüngst immer mehr und mehr hören ließen, sind seit letztem Dienstag einigermaßen verstummt. War es doch der Tag, welcher uns die sehnlichst gewünschten wenigen Tage brachte, welche Sonnenschein und warmen, trockenen Wind im Gefolge hatten. „Nur drei Tage," hieß es allenthrrlben, brauchen wir und unsre Ernte ist geborgen. Und dieser allseitige Wunsch, welcher die bekannte Be scheidenheit der Gebirgsbewohner hinreichend kennzeichnet, er wurde erfüllt. Ueberall, wohin man sah, erblickte man geschäftige Hände, um die Erzeugnisse, die man hier und da dem Boden förmlich abgezwungen hatte, unter Dach und Fach zu bringen. So hat man denn beute, den 22. Oktober, die bis noch vor Kurzem leeren Scheuern gefüllt und nur hier und da sieht man noch ein Stückchen Hafer, dessen man trotz größter Umsicht und regsten Fleißes nicht habhaft werden konnte. Und wirklich muß man sich des unheimlichen Ausdruckes „habhaft werden" bedienen, denn wohl lange hat unsre Gegend keinen so ungünstigen Sommer gehabt, welcher so viele, verhältnißmäßig kalte und regnerische Lage mit sich führte. Trotzdem ist jedoch die Ernte so un günstig nicht ausgefallen, als man zu Anfang glaubte, namentlich als zur Zeit, wo man frühere Jahre schon eingeerntet hatte, dieses Jahr das Meiste noch nicht die nothdürftigste Reife erlangt batte. Während nun die hiesige Gegend einen Ueberfluß an trüben und nassen Tagen hatte, machte stch in dem 3—4 Stuuden von hier Entfernten Theile Böhmens ein Mangel an solchen merklich fühlbar, daher dort Alles zu früh reifte, die anhaltenden heißen Tage trockneten das Erdreich und traten, anstatt das WachSthum fördernd, hindernd ent gegen; dieß bewirkte Futtermangel, daher die Futter preise steigen, der Wertb des Rindviehes aber fällt. Berlin. Die drohende Gefahr einer Zersplitte rung des einzigen volksthümlichen EinigungsbqndeS, des Zollvereins, ist für die deutschen Stämme, welche demselben zur Zeit angehörten, glücklich vorüber gegangen. Alle Staaten, welche sich von ihm lossagen wollten, haben vor der ihnen gestellten Frist ihr Ver bleiben beim Zollvereine angemeldet, und diese Erklä rungen sind in Deutschland mit großer Befriedigung ausgenommen worden. Die Unterzeichnung hat am 12. Octbr. in Berlin stattgefunden. Der Abschluß der Vereinsverträge auf weitere 12 Jahre erhält da durch noch ganz besonder» Werth, daß die Annahme des deutsch-französischen Handelsvertrages gesichert ist. Der Zollverein kehrt damit zu der freisinnigen Handels politik zurück, der er seine Entstehung verdankt. Mehr als 30 Jahre mußten vergehen, ehe eine umfassende Tarifreduction durchgesetzt werden konnte, und während bei der Gründung des Zollvereins der damalige Tarif seiner niedrigen Sätze wegen überall verdiente Be wunderung erregte, haben wir geschehen lassen, daß England, die Schweiz, Holland und Belgien und selbst das schutzzöllnerische Frankreich mit handelspolitischen Reformen uns den Vorrang abgelausen haben. Der neu einzuberufenden Zollconferenz stehen aber noch wichtige Aufgaben bevor: die einheitliche Repräsentirung des Zollvereins nach außen; die angemessene Vertretung der deutschen HandelSintereffen; der Schutz d«r Handels- güter und Kaufleute im Auslande; die einheitliche Re« gulirung des Münz- und Maßwesens, die Vereinfachung der Tarife, so daß die wenig einträglichen Artikel später vollkommen zollfrei sind; die gleichmäßige Bertheilung der Zollvereinsrevenuen; — die Beseitigung der Se paratverbände rc.