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26. Z«Ii 1864. »>-i» pro Opartat LV Ngr. Inserat« di« Spaltm-Zeile 8 Psg. Dienstag. Erscheint . MWeißeritz-Zertung AM- mi» Aychk-Mt der MMe» «enchls-ImIkk mi» AM«he M»oldi«wal»k, FkmeiiM rnd Altenberg Verantwortlicher Redacteur: Carl Ich ne In Dippoldiswalde. Das SchüHenwesen. Ein Kenner und wohlmeinender Freund des Schützenwesens bevorwortet in Nr. 56 d. Bl. dessen Reorganisation unter Aufstellung einer Anzahl darauf abzielender Vorschläge. Wir erkennen mit dem geehrten Hrn. Verfasser die hervorgehobenen Uebelstände an und halten die zu deren Abstellung gemachten Vorschläge im Wesentlichen für zweckmäßig. Allein wenn es die Absicht des Hrn. Verfassers sein sollte, das in unver kennbarem Verfalle begriffene Schützenwesen neu zu beleben, so thut es uns leid, dies als eine Danaiden arbeit bezeichnen zu müssen. Die Schützengilden sind (gleich den Innungen, den Cantoreien und anderen von den Altvordern auf uns vererbten Instituten) Kinder ihrer Zeit, hatten dermaleinst ihre volle Berechtigung und ihren Glanzpunkt, als die churfürstlichen Durch lauchten die großen Reiterschießen in Freiberg und Dresden, unter Theilnahme zahlreicher Schützengilden des Landes, abhielten; — sie fallen aber nunmehr als das Opfer der anders gewordenen Zeit. Es ist dieser Verfall nichts, als eins der vielen Symptome des sich vor unseren Augen vollziehenden großen socialen Aus- einandersetzungsprocesses, um nicht zu sagen Zersetzungs- processes. Mit dem Wegfalle der obligatorischen Ver pflichtung jedes jungen Bürgers, in die Schützengilde einzutreten, verloren die Schützengilden ihre ursprüng liche Bedeutung, sanken zu Privatvereinen für gesellige Vergnügen herab und erlangten nur da noch eine ephemere Bedeutung, wo sie es, wie in Dippoldiswalde unter trefflicher Leitung des Hrn. Bürgermeister Mauckisch, verstanden, sich zu Trägern von Volksfesten zu gestalten. In diesem Streben hat sie jener, in den letzten Jahr zehnten begonnene große sociale Zersetzungsproceß über rascht, der sich in einem Uebergewicht der materiellen Interessen und des dadurch bedingten Egoismus kenn zeichnet. Die im Gegensatz zur alten Zeit, so unend lich vervielfältigte Gelegenheit, sich zu amüsiren, der gesunkene Geldwerth, die Vergnügungs- und Reisesucht, der bis in die kleinsten Kleinigkeiten gesteigerte Luxus veranlassen nicht nur jedes Familienhaupt, dem das Gleichgewicht seines Hausbudgets am Herzen liegt, zu zeitgemäßen Einschränkungen, sondern sie machen auch — und dies ist die Hauptsache —- dergleichen Ver gnügungen, Wieste die Volksfeste bieten, entbehrlich. Unsere Altvordern lebten Monate lang wie die Maul würfe; kamen aber die wenigen Festtage, wie die Schieß feste, Kirmsen, Fastnächten rc., dann tobten sie gehörig aus, und die Thaler dazu lagen längst aufgespart in der Lade. In unserer hochcultivirten Zeit vergnügt sich das Individuum so häufig daß es so besonderer Gelegenheiten, wie die Volksfeste, nicht mehr bedarf Man erblickt darin weiter nichts, als das Streben einiger speculativer Köpfe, auf geschickte Weise die Taschen des Publikums zu leeren; — wie denn bekanntlich die Dresdner Vogelwiese zu einer der großartigsten Finanz operationen in dieser Richtung geworden ist. Diese Erkenntniß des Publikums hat jenen Volksfesten zugleich den poetischen Reiz genommen. „Man merkt die Ab sicht und wird verstimmt," sagt Göthe. Liegt also, unseres Erachtens, in der, durch die allgemeinen Zeitverhältnisse bedingten Entbehrlich keit der Schützengilden und der von ihnen getragenen Volksfeste, der wesentliche Grund ihres allmäligen Ver falls, so wird es einer Reorganisation kaum gelingen, den Zerstörungsproceß zu sistiren. In einigen Städten, z. B. in Zittau, Glauchau rc., hat man unter Führung des intelligenteren Theils der Bevölkerung, neben den alten Schützengilden, sogenannte Freihandschützenvereine unter Anschluß an den allgemeinen deutschen Schützen bund begründet. Ob diese, als Ausflüsse des nationalen Einheitsgedankens sich darstellenden Vereine eine Zu kunft haben werden, wird wesentlich von der weiteren Entwickelung unserer politischen Verhältnisse abhängen. Schleswig-Holstein. Am 17. Juli haben in einem Tanzlocale zu Rendsburg Schlägereien zwischen preußischen Soldaten einerseits und Sachsen und Hannoveranern andererseits stattgebabt, und diese boten Anlaß zu bedauerlichen Ex ess en am 18., welche leider für beide Theile nicht ohne mehrfache Verwundungen vorüber gingen. Da sich das Gerücht verbreitet hatte, die Hannoveraner hätten es auf eine Erstürmung mehrerer in Rendsburg befindlicher preußischer Lazarethe abgesehen, so wurden von letzterer Seite mehrere Compagnien zum Schutz der Lazarethe requirirt, ohne den hannoverischen Kom mandanten in Rendsburg darum zu fragen. Dem Prin zen Friedrich Karl von Preußen mögen nun über diese bedauerlichen Excesse sehr lebhaft gefärbte Berichte zu gekommen sein; denn alsbald erließ derselbe an den Obercommandanten der BundeStrnppen in Holstein, General v. Hake, die Meldung: wegen der Angriffe auf preußische Wachtposten in Rendsburg und wegen Bedrohung der Lazarethe daselbst durch hannoverische Soldaten werde (auf Befehl Sr. Maj. de- Kö nigs von Preußen) die Festung Rendsburg durch 6000 Mann Preußen besetzt werden! General v. Hake wies diese Besetzung Rendsburgs durch preußische Truppen entschieden zurück, Preußen allein die Ver tretung dieses Schrittes überlassend; er könne sich mit der schwachen Garnison dem Einmärsche der Preußen