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Freitag. Nr 2. . 5. Januar 1866. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. - Preis Weißerttz-Zeitmlg. M Amts- «ad Meige-Klatt der Königlichen Gerichts-Aemter und Stadträthe zu Dippoldiswalde, /rauenstein und Ittenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Jehne In Dippoldiswalde. Die deutsche Lebensversicherung. Niemand verkennt heute noch die Hohe wirthschaft- liche Bedeutung des Versicherungswesens. Nur durch die Versicherung können die materiellen Verluste er setzt werden, die fortwährend durch die Vernichtung des Eigenthums und des Lebens entstehen; nur mit Hilfe des Schutzes, den die Versicherung gewährt, konnten Industrie und Handel den Aufschwung nehmen, den sie gegenwärtig genommen haben. Man denke sich die Versicherung weg, und es fehlt eine der wesent lichsten Bedingungen des gesawmten modernen Wirth- fchaftölebens! Bei der Lebensversicherung kommt zu der wirth- schaftlichen Bedeutung, die allen Versicherungszweigen mehr oder minder gebührt, noch die, daß sie in der Familienversorgung, die sie bietet, den sittlichen Zwecken der Familienliebe dient. Wenn daher in neuester Zeit die Betheiligung an der Lebensversicherung in Deutsch land eine immer regere und allgemeinere geworden, so ist dies eine Erscheinung, von der man mit besonderer Genugthuung Akt nehmen darf: einmal um der wirt schaftlichen Vortheile willen, die hieraus nothwendig für die Einzelnen und die Volksgesammtheit entspringen, daun aber auch deshalb, weil aus der wachsenden Teil nahme an der Lebensversicherung die Thatsache sich documentirt, daß der sittliche Gehalt des deutschen Fa milienlebens dauernd wächst, und zwar wächst auf dem Grunde einer Selbsthilfe, die um so bedeutungsvoller ist, je schwerer die Opfer sind, die sie meistens erfor dert. Freilich ist die Lebensversicherung bei uns noch nicht Familiensitte, wie in England; aber nach der Er fahrung der letzten Jahre verspricht sie es zu werden und hoffentlich stehen wir dem Zeitpunkte nicht mehr fern, wo die Lebensversicherung auch in Deutschland zu einem allgemeinen Volksbedürfniß, zu einem wirk lichen Volksinstitut geworden ist. Die nachfolgenden Zahlen mögen dafür sprechen, daß diese Hoffnung nicht ohne Berechtigung ist. Am Ende des Jahres 1863 waren bei sämmtlichen deutschen Lebensversicherungs-Anstalten in den Bran chen der Kapital-Versicherung im Ganzen 293,854 Personen 215,839,941 Thalern Capital versichert. Im Laufe des Jahres 1864 stieg die Betheiligung so bedeutend, daß am Schluß desselben Jahres 342.661 Personen mit 248,479,133 Thalern Capital versichert waren. Es stieg also in dem einen Jahre die Zahl der Versicherten um 48,697 Personen, und es wuchs der Betrag des versicherten Kapitals um 32,639,102 Thaler, ein Zuwachs, der im Vergleich zu den früheren Jahren, besonders in Bezug auf die Personenzahl, ein außerordentlicher zu nennen ist. Wenn wir nun schließlich noch darauf Hinweisen, daß von den deutschen Gesellschaften im Jahre 1863 für 4905 Todesfälle 3,422,078 Thaler und im Jahre 1864 für 5495 Todesfälle 3,726,289 Thaler Capital ausbezahlt wurden, so thuen wir dies, um neben der wachsenden Ausbreitung auch den wachsenden Segen der Lebensversicherung in Zahlen veranschaulichen, hof fend und wünschend, daß die Betheiligung an der Le bensversicherung im Jahre 1865 die des Jahres 1864 weit überbieten möge. Wir entlehnen diesen Artikel der Volkszeitung, nicht um Reclame für das Versicherungswesen zu ma chen, das geschieht schon ohne unser Zuthum sattsam; sondern weil wir die hohe Bedeutung und die wohlthätige Einwirkung desselben auf unser sociales Leben aus voller Ueberzeugung anerkennen und aus Erfahrung wissen, daß gerade Diejenigen, die es vor allen Andern ihren Familien schuldig wären, ihr Leben versichern, dieses nicht thun. Für den Kleinbürger, für die Angestellten, die nicht mehr als ihr Auskommen haben, ist die Lebens versicherung geradezu eine Pflicht des Familienvaters, ein recht herzhafter Trost, wenn das Leben des Er nährers in Gefahr ist. Nur vor dem Fehler hüte man sich, eine höhere Summe zu versichern, als die Verhältnisse gestatten und man sicher durchführen kann. Für kleine Verhält nisse haben auch kleine Summen großen Werth. Tagesgeschiehte. Dippoldiswalde. Bezüglich der Notiz über die am 18. Decbr. hier stattgehabte Stadtverordneten-Er- gänzungswahl (Nr. 99 d. Bl. vom vor. I.) müssen wir berichtigend bemerken, daß am 30. Dec. eine Nach wahl stattgefunden hat, da mehrere der Gewählten die erforderliche Stimmenzahl nicht erlangt hatten. Die Einweisung der neugewählten Stadtverordneten, deren Namen wir veröffentlichen werden, sobald entschieden ist, wer als solcher oder als Ersatzmann eintritt, sowie die Einweisung zweier Rathsmitglieder, fand in üb licher Weise am 2. Januar statt. — Nächsten Sonntag Nachmittag wird der Ge sangskomiker Louis Dittrich, der in letzter Zeit in Dresden aus der Brühl'schen Terrasse und im Schil lerschlößchen rc. musikalisch-declamatorische Unterhaltun gen gab, eine solche im hiesigen Schießhaussaale ver anstalten. Wir machen Freunde derartiger Genüsse hierauf besonders aufmerksam, da Herrn Dittrich in