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Freitag. Ak « 2 10. August 18«0. Erscheint Dienstags und Freitags. Zu beziehen durch alle Post anstalten. Weißerih-Aeitrmg. Preis pro Quartal 10 Rgr. Inserate die Spalten-Ztile 8 Pfg. Amts- und Anzeige-Blatt der Königlichen Gerichts-Ämter und Stadtrüche zu Dippoldiswalde, /raucnstein und Altenberg. Verantwortlicher Redacteur: Carl Ich ne in Dippoldiswalde. Tagesgeschichte. Possendorf, den 4. August. Es ist ein erfreuliches Zeichen des practischen Zeitgeistes, daß hier und da Institute bestehen und auftauchen, von denen man vor nicht langer Zeit noch keine Ahnung hatte, und die den Zweck haben, die, wie im Schooße der Erde, so auch im Schooße der menschlichen Gesellschaft und der einzelnen menschlichen Kraft, bisher verborgen gelegenen Schätze an's Tageslicht zu fördern und zu Nutz und Frommen jedes einzelnen Menschen, wie der ganzen Menschheit, auszubeuten. Zu diesen Institute» gehören z. B. die Lese- und Fortbildungsvcreine, Sonntags und Abendschulen, Strick- und Nähschulen rc. Alle dergleichen Institute haben im ganzen Großen bisher meist nur in Städten Anklang und Eingang gefunden, und das aus sehr natürlichen Gründen. Wie wohl- thätig, ja dem herrschende» Zeitgeiste gemäß, wie nothwendig deren Bestehen aber auch für die Land bewohner ist, das liegt auf der Hand. Wenn nun jedoch in den Dorfgemeinden leider ein fast gänzlicher Mangel solcher Institute zu bemerken ist, so hat diese Erscheinung wohl weniger ihren Grund in der örtlichen Zerstreutheit der einzelnen Kräfte, als vielmehr in den Landbewohnern selbst, die — wir müsse» es gestehen — nicht gerade gern von ihrer alten Weise abgehen, und guten Neuerungen mit einem gewissen Mißtrauen begegnen. Nach Ostern d. Js. bildete sich in den Dörfern Possendorf und Wilmsdorf ein Fra neu verein, der es sich zur Aufgabe machte, eine Strick-, Näh- und Häkel sch ule für die beiden genannten Dörfer in's Leben zu rufen und zu erhalten. Und gewiß ist dieser Zweck ein sehr trefflicher, dem Zeitgeiste angemessener. Es sollten und sollen in dieser Schule die Mädchen ebensowohl für ihren künftigen Beruf als Hausfrauen ausgebildet, als auch zugleich ihnen Mittel und Wege an die Hand gegeben werden, durch dergleichen weibliche Arbeiten entweder sich selbstständig ernähren, oder dem künftigen Ehegatten im täglichen Erwerb thatkrastig zur Hand gehen zu können. Beides sind gerechte Anforderungen unserer Zeit, die wir vollständig aner kennen müssen, um so mehr, wenn wir bedenken einer seits, wie mangelhaft im Allgemeinen unsere Frauen und Mädchen auf dem Lande die nöthige» Nadelarbeiten fertigen, und andererseits, wie nöthig es in der neueren Zett geworden ist, dem weiblichen Theile der Bevölkerung die nöthigen zeitgemäßen Erwerbsquellen aufzuschließen. Der junge Verein wurde — es muß dies rühmlich anerkannt werden — von dem größten Tbcil der hiesigen Bevölkerung mit Freuden begrüßt, und muthig ging man an's Werk. Eine junge Dame aus einer Mittel stadt Sachsens wurde für das Amt einer Lehrerin gewonnen, und unter ihrer tüchtigen Leitung nahm die Schule, die — beiläufig gesagt — im Pachterhause der Pfarre zu Possendorf sich befindet und höchst nett und bequem eingerichtet ist, einen Anfang, der zu den glänzendsten Hoffnungen berechtigte. Leider sah sich der Verein bald in fernen Hoffnungen getäuscht, indem schon im zweiten Monate von 65 Schülerinnen, die die Schule Anfangs besuchten, nur noch die Hälfte am Unterrichte Theil nahm. Ja, es gab nicht wenig Fälle, wo man die übernommene Verpflichtung zur Theilnahme auf eine bestimmte längere Zeit rücksichtslos brach. Bei den geringen Beiträgen, die die Schülerinnen zu leisten haben, — der Verein trägt die Hauptkosten, — ist diese Erscheinung unbegreiflich, und kann dieselbe, da von Seiten des Vereins oder der Lehrerin keinerlei Anlaß zur Unzufriedenheit gegeben worden ist, nur in der Geringschätzung und Gleichgültigkeit ihren Grund haben, mit der dergleichen gemeinnützige Institute von den Landbewohnern betrachtet zu werben pflegen. Für die künftige Zeit, schon für den künftigen Winter, erfordert das Fortbestehen der Schule eine weit größere Summe, als bisher, da die für den Anfang von Seiten der wenigen Vereinsmitglieder nicht unbedeutenden Privatbeisteuern in dieser Höhe nicht ihren Fortgang nehmen können. Es wäre daher im Interesse der Sache recht dringend zu wünschen, daß der Schule recht viel neue Schülerinnen zugeführt würden, aber auch nur solche, die nicht nach einem Monate schon die Schule wieder verlassen, weil sie entweder ein schnelleres Erlernen der Fertigkeiten er wartet hatten, oder weil ihnen die an sich geringe Beisteuer für die, natürlich noch nicht allzugroßen Fortschritte während eines Monates zu bedeutend erschienen, oder auch, weil sie sich für ihren Hausbedarf schon ausgebildet genug dünken mögen. Noch aber ist die Hoffnung auf ein Fortbestehen der gemeinnützigen Anstalt nicht aufzugeben, und wünschen wir, zur Ehre der hiesigen Gegend, recht bald Erfreulicheres berichten zu können. Königstein, den 2. August. Auch in unserer Stadt, wie in der Umgegend, hat das Wasser außer ordentlich viel Schaden gemacht, und es soll in manchen Orten wahrhaft schaurig auSsehcn. Unser Bach hat am Dienstage Abends Stege und Ufermauern weg gerissen und ganze Strecken von Gärten, Feldern und Wiesen mitgenommen. Beim Kaufmann Franke hat wiederum, wie vor 2 Jahren, das mit Quadermauern aufgeführte Waschhaus, sammt dem Kessel und einem Theile des Hofraums, den Fluchen weichen müssen. Bienert'S Schneidemühle, gerade über, hängt oben in