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Dohnas Untergang, oder das Kastaoiendörschkn. Line historische Erzählung au» dem 14. und 15. Iahrh. (Fortsetzung.) Nach und nach wurde der bunte Kreis, in dessen Mitte erst eine ehrerbietige Stille herrschte, lauter; der Markgraf hatte die Gemahlin des tapfern und beliebten Ritters, Kaspar von Schönberg auf Reinsberg, als Tischgenossin zur Seite; nächst ihnen saßen die Burggrafen von Leisnig und der alte Burggraf von Dohna und dessen Söhne, von denen Jeschke, wahr scheinlich seinem Feinde Rützschel zum Hohn und Aerger, dessen Gemahlin, die schöne Jutta, und Maul mit zagender und zitternder Hand Mechthilde von Bünau zur Tafel geführt hatten. Um die Tafel sah matt außerdem die edelsten Geschlechter des Meißner Adels, als die Köckeritze, Schleinitze, Pflugke, Karlo- witze, Schönfelde, Duda, Körbitze, BarbiSbvkfer, Vitz thum Heinitze, Miltitze u. a. m„ nebst Frauen, Töchtern und Söhnen in bunter Reihe versammelt. Sehr leb haft schien sich Jeschke mit seiner Tischnachbarin zu unterhalten; er flüsterte ihr vielmals Worte halbheimlich zu, nach denen man sie abwechselnd errölhen sah, und eS schien seine Unterhaltung immer lebhafter zu werden, je mehr er trank. Rützschel von Körbitz, der Gemahl der schönen Jutta, welcher, vielleicht nicht ganz ohne Eifersucht, schief gegenüber saß, warf wüthende Blicke auf Jeschke, die dieser jedoch nicht zu bemerken schien. Maul und Mechthilde dagegen saßen meist still und in sich gekehrt neben einander, und es sagten sich nur ihre Augen, wenn sie sich begegneten, waS die Herzen fühlten. Kein Wort, keine Frage wurde unter Beiden gewechselt, waS ihr gegenseitiges Verhältniß und ihre stillen Wünsche betraf; denn dies hatte sich noch zu Keines Gunsten geändert, da der alte Burggraf auf die Bitten Maul'S, fest und beharrlich die Wieder einsetzung Büna u'S in seine Güter verweigerte. Nur eine schwache Hoffnung hegte Maul noch von der Zukunft. Als die Heiterkeit an der Tafelrunde immer all gemeiner und lärmender wurde, und als die Kerzen im Tanzsaale hell brannten, gab der Markgraf daS Zeichen zum Schluß der Tafel, und die Gäste erhoben sich Paarweise, der Markgraf voraus, um den ersten Reigen mit der Tischgenoffin zu halten. Mehrere Ritter, ergötzten sich beim Würfelspiel, andere beim Pokal; die Meisten und jüngsten am Tanz. Nach kurzer Zeit forderte der schon etwas betrunkene Jeschke, die schöne Jutta, welche an der Seite ihres Gemahls saß, zum zweiten Tanze auf. Die Gemahlin sah be deutungsvoll ihren Mann an; doch dieser, wahrschein lich, um nicht den Ritter Jeschke zu reizen, winkte derselben mit den Augen, ohne den Dohna im Ge ringsten zu betrachten. Sie stand auf, um Jeschke zu folgen, als dieser mit einem ziemlich höhnischen Seitenblick auf Rützschel halblaut sprach: „Schöne Frau, Euer Eheherr führt wohl ein sehr strenges Regiment im Haus — und eS plagt ihn wohl baß die Eifersucht höchlich?" „Mein Herr Burggraf, mein Herr hat noch nie zu erkennen gegeben, daß er eifersüchtig sei — am allerwenigsten auf Euch, und sein HauSregiment ist 383 ein solches, wie man eS von einem gerechten Haus herrn nur erwarten kann!" „Wie steht Euch die Verth,idigung Eures Ge mahls so schön! Ihr seid noch einmal so hübsch, wenn Ihr bös zu werden beginn«, und ich möchte Euch immer so sehen. Ihr seid, so stolz Ihr einst als Jungfrau wäret, doch daS schmuckste Weib geworden!" „Herr Ritter, Ihr werdet ungalant; Ihr vergeht Euch! Und ich glaube, eS ziemt einer ehrbaren Haus frau nicht, solch Geschwätz mit anzuhörrn!" „Ei, mein Gott!" erwiederte Jeschke; „ich glaube gar, Ihr beginnt zu zürnen! Ich versichere Euch, Euer Eheherr kann stolz darauf sein, wenn Ritter wie ich, Euch hübsch finden Und mit Euch kosen!" „Ich werde Euch verlassen, Herr Jeschke, wenn Ihr fortfahrt, mich und meinen Eheherrn zu beleib—. In diesem Augenblick begann derTanz undJeschke flog mit der Jutta in die Reihen. Wutschnaubend stand Rützschel da, denn er hatte von Jeschke unbemerkt daS Gespräch, indem er Beiden gefolgt war, mit angehört. Vor Zorn bebend, wußte er, vielleich« ebenfalls im leichten Rausche sich befindend, nicht, was er beginnen sollte, wie er sich an der, von Jeschke angethanen Schmach rächen sollte, ohne daß er den Markgrafen erzürnte. Als daher Jeschke mit seiner Gemahlin an ihm herantanzte, stellte er ihm ein Bein,*) so daß derselbe Dröhnend auf den Saal hinflog. Bei dem lauten Gelächter, welches allenthalben erschallte, standJeschke so schnell er konnte auf, und in einem Nu erhielt Rützschel eine kräftige Ohrfeige*). Rützschel packte Jeschke und gab ihm einen solchen Stoß, daß er weithin auf dem Saal taumelte. Augenblicklich bildeten sich zwei Partheien, die sich drohend gegenüber standen, und Dolche blitzten im Kerzenlicht. Die anwesenden Frauen flohen bereits in die Nebengemächer, und ein dicker Kreis von Unbetheiligten. hatte sich um die die Streitenden und Tobenden gesammelt. Wie ein wilder Tieger hatte sich Jeschke eben bereit gemacht, mit dem Dolche auf den unbewaffneten Rützschel zu stürzen, als Der Markgraf mit kräftigem Arme demselben Die bereits auSgestreckte Hand hielt und ihn selbst zu- rückdrängle, indem er sich zwischen die Partheien stellte und mi« donnernder Stimme Ruhe gebot. „Die Waffen in die Scheiden!" herrschte er durch die, seinem Ruf folgende Stille, „und bei meinem Zorn gebiete ich Ruhe und Frieden! — Ich werde Schiedsrichter werden und Euren Streit schlichten. Sagt, waö gab eS?" Viele Stimmen begannen, durch einander zu er zählen. Auf einmal trat wuthschnaubend Jeschke einen Schritt herrvor und schrie: „Solchen Schimpf kann nur Blut abwaschen — und ich schwöre hiermit dem Körbitz ewige Fehde!" „Stille!" gebot der Markgraf. „Herr Jeschke, Ihr habt dem Landfrieden zu gehorchen!" „Weder Euch, noch den Landfrieden werde ich ach ten, wo eS die Ehre der Burggrafen von Dohna gilt!^ „Begeht Ihr Landfriedensbruch, indem Ihr von Neuem den Körbitz mit Fehde überzieht? Dann wißt, Herr Jeschke, dann habt Ihr es mit mir zu thun! Ich will den Frieden streng in den Marken aufrecht erhalten wissen!" *) Geschichtlich.