Volltext Seite (XML)
zum Verlassen drs Ortes zu nöthigeu. Diese Uebel- stchide mahnen recht dringend an eine Aenderung der Bestimmungen , über dqs Hrimath-recht und die Armen- Pflege. Nur durch Modlficatiou dieser Gesetzgebung kann die Freizügigkeit und Gcwerbefreiheit eine Wahr heit werden, und wieder nur dann, wenn ste nicht aus unser kleine- Sachsen beschränkt bleibt, sondern eine allgemeine deutsche Gesetzgebung, gleiches Hecht für jeden Deutschen zum Aufenthalte und zur Niederlassung, sowie zum Gewerbebetriebe imganzen deutschen Vaterlande, schafft, Die Hexe vom See. Erzählung aus dem bairischen Hochlande. ' ' r '— , -ii Wenn man je von einer Gegend sagen kann, daß sie bis jetzt noch immer nicht nach Verdienst ge kannt und gewürdigt, wird, so ist dies gewiß Vorzugs« Weise auch bei jenem reizenden Stück deS Landes der Fall, daS sich von der alten Tiroler-Veste Aufstein stromabwärts an Heiden Usern deS Inn gegen die große yberhairische Hochebene hinauSzieht, und daS zum Unterschied von den zwei Tiroler Thälern gleichen Namens wohl schicklicherweise daS bairische Innthal genannt werde» dürfte. Schroffe FelSgebirge wechseln da mit grünen sanft ansteigenden Walbhügeln und Wiesenhöhen, stattliche Berghöfe mit weiten, gqr freundlich gelegenen Dör fern, und wer nur ein einziges Mal Gelegenheit hatte, da- reizende Oberaudorf mit seinen schmucken Häusern und üppig prangenden Obstgärten näher kennen zu lernen, dem wird es dort gewiß unendlich gefallen habe», und wäre er selbst mit den kühnsten Erwar tungen hingekvmmen. Wer hat wohl außerhalb Baiern schon einmal vom „Weber an der Wand" etwas reden hören, von jenem wunderbaren Häuschen, darüber thurmhohe Felswände hängen, als wollten sie eS mjt jedem Augenblick in Grund und Boden schmettern sammt all seinen tausend Blumen und Blüihen? Wem ist wohl der „wilye Kaiser" bekannt mit seinen schroffen KelSzackrn, die bis jetzt nur wenige kühne Gebirgs jäger zu ersteigen gewagt, ober der „Wendelstein," dieser König der bairischen Vorberge, mit seiner frommen .Kapelle, von wo man gar weit hinaussteht ins blaue Land, bis an die tannenreichen Höhen des Schwarz waldes dieserseitS, oder andererseits bis an die düstern Kclsenaipfel der böhmischen Gebirge? Und doch ist das Alles so wunderschön, und eS dürfte wohl keine von all' den vielgepriesenen und besuchten Gegenden de- bairi schen Hochlandes mit diesem großartig lieblichen Thal einen Vergleich auShaltenl Menn auch nicht einer der großartigsten, so doch einer her lieblichsten Punkte in nächster Umgebung von Oberaudorf ist her NulSberg, ein grüner Walbhügel poy mittlerer Grüße, an dessen südlichem Abhang eine sogenannte Niederalm lieg'; ?aS ist ein großer üppi- ger Weideplatz^ wohin i s Weh im Frühling und Herbst getrieben wird, wenn nämlich auf den Hoch almen daS Kutter nicht hinreichend, oder die Tem peratur zu rauh und kalt ist. Sine kleine, freundliche Sennhütte, Seht in Mitte der tiefsten Walde-ejnsam- leit, uny «in paar Schritte weiter oben eine stille Kapelle, Hara» ein ärmliche- Hau- gebaut ist, bä hen Sommer über einem alten Schneider zur Woh. nung dient, der auch zugleich da- Amt eine-Küster- zu persehen h-t..,... Wenig« Schritte oberhalb der Sennhütte, dort, wo der Wald nach der einen Seite hin sich öffnet, Und die Aussicht freier wird, liegt ein wunderbar stilles Plätzchen, und so ganz wie zum Träumen ge. schaffen. Hohes GraS wuchert dort in die Weite mit großen breitgezackten Farrenkräutern, dazwischen wieder hie und da eine GenzianSblüche ihren blauen Kelch wiegt, oder ein paar weiße Waldblümlein ihre Köpfchen neugierig in die Höhe strecken, als wollten sie dem Ge sänge der Lerchen lauschen, oder dem fernen Ruf deS Kukuks aus dem benachbarten Tannengrund. Tiefe, geheimnißvolle Ruhe herrscht dort den ganzen Tag über, und erst gar an einem klaren Sommerabend, wenn die Luft so recht lau und mild ist, und wenn der Vollmond über'm Kaisergebirge langsam und weit hinschimmernd heraussteigt, da ist es wohl eine recht große Lust, dort oben zu liegen und zu träumen, bis das Glöcklein in der Kapelle zum Abendsegen ruft, und daran erinnert, baß man doch nicht so ganz allein und verlassen ist, als man'- dort oben glauben möchte. — Ein kleines, aber unsäglich schönes Bild ist es, was den Träumer gar so sehr zu jenem stillen Plätz chen hjnziehl, und wie oft er auch dort oben liegen mag, er wird sich nimmer daran satt sehen können. Da lacht denn tief unten ein freundliches Thal mit frischen, blumenübersäten Wiesen und duftigen Buchen wäldchen, daraus dort und da zerstreute Bauernhöfe hervorschauen und mit grünen Fensterläden und jenen malerischen Galerien verziert, die prangend im reichsten Blumenschmuck um den ganzen Bau Herumlaufen, und worein der GebirgSbauer seinen größten Stolz setzt. „Schöffau" heißt man daS Thal, und auf einer kleinen, von Buchen und Ahornbäumcn umzäunten Wiesenhöhe steht der Bichler-Hof, der stattlichste unter all' seinen Nachbarn. Eine wunderbare Einsamkeit umgiebt das freund liche HauS, und gleich einem riesenhaften Wächter ragt im Westen die Felskuppe deS „Pentling," um entweihenden Schritten den Eingang in diese fromme Einsiedelei zu verwehren. Dem HauS gegenüber stei gen schroffe Felswände, dort und da mit Tannenbäu men spärlich beseht, ein paar hundert Schritte in die Höhe, und hinter diesen, nur ein klein wenig tiefer, träumt ein grüner Waldsee, einsam und rings von düsteren, tannen bewachsenen Walbhügeln eingeschloffen. Man heißt ihn den „Hechtsee," und die Leute in der Gegend erzählen sich gar viel wunderliche Geschichten von dem stillen Wasser, vom Seefräulein und von verhexten Fischen — und selbst die beherztesten Bur schen wagen eS nicht, wenn einmal die Nacht einge brochen, auf dem See zu fahren, oder auch nur in der Nähe dieses verrufenen Wassers sich aufzuhalten. Eine einzige Hütte steht am Ufer, -de und verlassen, darin ein armer Fischer wohnt sammt Weib und Kin dern: die einzigen Menschen in der düsteren Wildniß. Der Mann wohnt schon seit vielen Jahren dorr, ganz zufrieden und glücklich, und wenn ihn jemand fragt, ob er sich denn nicht fürchte, so Tag und Nacht in der Nähe des geisterhaften See'S zu sein, da lächelt er verstohlen vor sich hin und meint, man könne sich ja an Ueberirdische» auch mit der Zeit gewöhnen, so gut wie an manch' Andere- im Leben. Der gute Mann steht im Dienst «»«-'wohlhabenden Kaufmann» au» München, dem der See zu eigen ist, nebst zwei stattlichen Höfen hinter den südlich gelegenen Walbhügeln, und der Ruine Thierberg, die unweit Ufer, in beträchtlicher Höhe, au- den» Wglde--