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Jugend in Erinnerung gebracht worden, fand an dem heutigen Sonntage, nachdem die Feier am gestrigen Abende mit allen Glocken eingeläutel worden, die kirch liche Jubelfeier hier in ivlgendtr Weise Statt. In der an Kanzel, AktaDult und Altkrtisch schwarz bekleideten Kirche war die Rifikwand des Altar» bis zum »deren Gesimse durchgängig schwarz überkleidet, und trug diese schwarze Ueberkleidung die weißen Buchstaben ?. kl., während auf dem Altartische außer den beiden großen Kerzen noch sechs kleinere Kerzen auf einer pyramidalen Estrade flammten. Der Gottesdienst begann mit dem Liede Nr. 815, worauf nach Eollecte und Epistelver lesung das Lied 869 und die Evangelicnverlesung folgte. Hierauf ward vom Orchelchore aus eine für diesen Tag eigends gedichtete Arie nach der Melodie „Wie sie so sanft ruh'n" gesungen. Nun trat der Geistliche am Altäre auf und trug, nach einer kurzen Ansprache, das Geschichtliche über PH. Melanchthon'S letzte Lebens stunden, Tod und Begräbniß vor, woran sich der Ge meindegesang 337 schloß. Die Festpredigt über Hebr. 13, 7—9, hatte folgende Disposition: „Erbaulicher Rück blick auf Philipp Melanchthon'S Leben am Tage seiner dreibundertjährigen TodeSfeier: 1. WaS er gewesen (u. seiner Abkunft, l>. seinem Geiste, c. seinem Herzen nach); 2. Was ergethan (a. als Lehrer, b. als Kämpfer, e. als Freund und Genosse LutherS); 3. Was er ge litten (».am Körper, b. im Geiste, e. im Gemüthc)." Nach dem Gesänge 301 und der Altarcollecte nebst Segen schloß das Lied 298 die erhebende Feier. Hannover. In diesem Lande, wo man, wie wir vor einiger Zeit berichteten, diejenigen Männer syste matisch verfolgt und hudelt, welche, in Betracht der trostlosen Lage, in der sich unser deutsches Laterland einem mit Kraft und Energie anftretenden äußern Feinde gegenüber befinden würde, für die innere Erstarkung und Einignng Deutschlands zu wirken suchen, in Han nover fängt man jetzt an, sehr fromm zn werden. Man hat nicht nur zu diesem Zwecke zwei neue Feiertage geschaffen, die da heißen: des Königs und der Königin Geburtstag, die kirchlich begangen und bei welcher Ge legenheit an des Königs Geburtstage allemal über den bekannten Paulinischen Ausspruch (Römer 13, 1—7) „Jedermann sei Unterthan der Obrigkeit rc." gepredigt werden soll; sondern man hat auch einen Jesnitenpatcr herbeigezvgen, der durch seine Predigten großes Auf sehen macht. Sogar der unglückliche blinde König hat mit seiner Familie diesen Predigten wiederholt beige wohnt, obgleich er der anglikanischen Kirche angehört und seine Gattin die Tochter eines protestantischen Fürsten (des Herzogs Joseph von Sachsen-Altenburg) ist. Oesterreich. Ein edler Mann, dem ganz Ungarn viel zu verdanken hat, der Graf S zech en yi, hat seinem Leben ein freiwilliges Ende gemacht. Aus einer alten edeln ungarischen Familie stammend, 1791 zu Wien geboren, hatte er an allen bedeutenden Schlachten gegen Napoleon I. Theil genommen und machte dann die Beförderung des geistigen und materiellen WoblcS Ungarns zu seiner Lebensaufgabe. Er kämpfte gegen das damalige Feudal« und Frohnwesen, bewirkte den Bau von neuen Straßen und Eisenbahnen, regulirte die Donau und Theiß, rief regelmäßige Dampfschiff fahrten auf der Donau ins Lebe», schuf die große Ketten brücke zwischen Ofen und Pesth, machte sich um die Pferdeveredelung verdient, stiftete eine ungarische Akade mie der Wissenschaften u. s. w. 1848 wurde er Mi nister der öffentlichen Arbeiten im ungarischen Ministerium. Der damalige Aufstand in Ungarn erregte ihm tiefe Be sorgnisse, die sich bei ihm bis zu einer Art von GemüthS- krankheit steigerten. In Angelegenheiten seines Vater landes reiste er einmal plötzlich nach Wien, kam dort wahnsinnig an und wurde in die Irrenanstalt von Döbling in der Nähe von Wien gebracht. Obgleich längst wieder hcrgestellt, weilte er noch immer in dieser Anstalt, beschäftigte sich mit literarischen Arbeiten und wurde der gegenwärtigen Regierung von Oesterreich verdächtig. Dieselbe ließ bei ihm und seiner Familie Haussuchungen vornehmen. Dieser Zweifel an seiner Loyalität undseinem Patriotismus gingen ihm so zu Herzen, daß er in einem Anfalle von Schwermuth sich das Leben nahm. Man fand ihn am andern Morgen mit zer schmetterten Kopfe in seinem Schlassesscl. Die nicht officiellen ungarischen Journale erschienen zu Ehren des verdienstvollen Tobten mit schwarzem Trauerrande und die ungarische Akademie, sowie mehre lanbwirth« schaftliche Vereine und geschlossene Gesellschaften haben beschlossen, um den Grafen eine mehrwöchentliche Trauer anzulcgeu. — Merkwürdiger Weise ist neuerdings auch der Sekretär des Grafen Szcchenyi als geisteskrank in eine Irrenanstalt gebracht worden. Schweiz. Der Bundesrath Hal eine Conserenz derjenigen europäischen Mächte, die den Vertrag von 1815 unterzeichnet haben, beantragt, um über die An sprüche Frankreichs ans Nord-Savoyen zu entscheiden. Wird wohl nicht viel daraus werben! Neapel. Die Rechtsznständc in diesem von der Natur so gesegneten Lande sind sehr betrübend. Kürzlich theilte die englische Zeitschrift „Times" (spr. Teims) ein Vcrzeichniß von 57 Personen mit, die rein auf politischen Verdacht hin seit Jahren in den Gefängnissen schmachten, ohne noch bis jetzt die Gnade eines Verhörs erhalten zu haben. Der älteste von diesen Unglücklichen, ein 87jährigcr Greis, sitzt bereits seit 1850. Am 31. März wurden wieder 30 angesehene Personen als abschrecken des Beispiel geknebell durch die Hauptstraße Neapels geführt, um nach der Insel Capri in die Verbannung geschickt zn werden. — Auf der Insel Sicilien ist ein schon lange drohender Aufstand zum Ausbruch gekommen. In den Straßen und Häusern von Palermo und nament lich bei dem von den Insurgenten besetzten Kloster Gancia entbrannte ein heftiger Kampf mit den königl. Truppen. In Messina und Catanea haben ebenfallSAusstandsversuche statt gesunden. An 10000 Insurgenten haben sich im Innern der Insel concentrirt. Die Regierung hat von Neapel aus neue Truppenverstärkungen hinüber geschickt, denen die Aufständigen unterlegen find. Das Aufruhr- comits ist zum Tobe verurthcilt, der König hat die Hinrichtung befohlen. In Neapel selbst herrscht große Aufregung, vor des Königs Palast ist eine Bombe von schwerem Caliber geworfen worden, durch deren Platzen sämmtliche Fenster dervordern Fronte zertrümmertwurden. Spanien. Im südlichen Spanien hat zu Anfang dieses Monats eine schnell unterdrückte „Carlistische" Schildcrhebung stattgefunden. Es hat mit diesen Car listen folgende Bewandtniß. In Spanien galt früher das „salische" Thronfolqegcsetz, wonach erst nach dem AuSsterben des ganzen ManneSstammeö die Regierung auf die weibliche Linie überging. Allein König Ferdi nand VII., der Vater der jetzigen Königin von Spanien, änderte dieses Gesetz dahin ab, daß, wenn der König keine Söhne habe, der Thron auf seine älteste Tochter übergehe. Dadurch schloß er seinen Bruder Carlos,