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Dresdner Journal. Verantwortlicher Redaeteur: I. G. Hartmann. . -M/P Dies«« Blatt erscheint mtt A»«»ahme «»..»...,» Sonntag, den 22. Januar. V MM durch alle Paßaastalten zu beziehe». " Preis für da« Vierteljahr 1H Thaler. Jnsertton«» Gebühre» für de» Raum eturr gespaltene» Zelle 1 Re»groschen. 1854 Amtlicher Lheil. Dre-d««, 21. Januar. Wegen erfolgten Ablebens Ihrer Durchlaucht der verwiltweten Fürstin Wilhelmine Friederike Karoline zu Schwarzdurg - Sonders hausen wird am Königlichen Hofe morgen, den 22. d. aus drei Lage Trauer angelegt. Nichtamtlicher Theil. Nrdersicht. Tagetgeschichte- Wien: Die Antwort des St. Peters burger CabinetS auf die Notifikation des Flotteneinlaufs wird erst gegen Ende Januar erwartet. — Berlin: Verlobung des Prinzen Friedrich Karl Nikolaus. General leutnant v. Maffow -f. Sympathien für die Münchner Industrieausstellung. — Karlsruhe: Die Mission des Bischofs v- Ketteler. — Weimar: Die Weim. Zeitung über den Beamtenstand. — Oldenburg: Der Vertrag mit Preußen vom Landtage genehmigt. — Wiesbaden: Der kirkliche Conflirt in Baden soll beigelegt sein. — Frankfurt: Sitzung des Bundestags.— Paris: Ver mischtes. — Madrid: Hofnachrichten. Entlassungs gesuche. — Lissabon: Sklavenhandel. — Kopen hagen: Der Text deS Neutralitätsvertrags veröffentlicht. — Konstantinopel: Einzelnheiten über das Aus laufen der Flotten. Anzeige Lord de Redcliffe'S an die britischen Staatsangehörigen. Konstantinopel soll von der Landseite befestigt werden. Omer Pascha in Widdin. Angriff der Russen auf Matschin. — Trapezunt: Nachrichten vom Kriegsschauplätze in Asien. Local- und Proviuzialangelegenheiten. Berichte aus Dresden, Leipzig, Chemnitz, Freiberg, Kirch berg und Zschopau. Zur obererzgebirgischen Eisenbahnfrage. Feuilleton. Anzeigen. Börsevnachrichten. rr-ergeschichte. Wie«, 19. Januar. Die „Cop. Atg. Corr." berichtet: Nachdem nun unzweifelhaft feststeht, daß der am 16. d. M. auS St. Petersburg eingetroffene Courier die Antwort Sr. Maj. deS Kaisers von Rußland aus die Notifikation in Betreff d?S Einlaufens der Schutzflotten nicht überbracht haben kann, heißt eS heute wieder, es sei dennoch der Ent wurf dieser AntwortSnote hier eingekommen. Auch diese Angabe ist rein auS der Luft gegriffen, und werden vor 8 bis 10 Tagen Depeschen auS St. Petersburg nicht er wartet. Berlin, 20. Januar. (Z.) Am 15. d. M. erfolgte auf dem herzoglichen Schlosse zu Dessau die Verlobung der Prinzessin Maria Anna von Anhalt mit dem Prinzen Friedrich Karl Nikolaus von Preußen, einzigem Sohne des Prinzen Karl von Preußen. Der Bräutigam ist am 20. März 1828 geboren; die Braut, Tochter des regieren den Herzogs von Anhalt-Dessau und dessen am 1. Januar 1850 verstorbenen Gemahlin Friederike, einer geborenen Prinzessin von Preußen, ist geboren am 14. September 1837. — Der Generalleutnant a. D. v. Massow auf Stein höfel ist in der Nacht vom 18. zum 19. d. M. nach kur zem Krankenlager gestorben. — Für die Industrieausstel lung in München wachsen die Sympathien unter den hiesigen Gewerbtreibenden von Tag zu Tag. Die Beschickungen derselben von hier aus werden von bedeutendem Belange sein. Man verspricht sich von der Ausstellung so große Vortheile, daß bereits eine Anzahl von Gewerbtreibenden zusammengetreten ist, um aus ihrer Mitte sachkundige Per sonen dorthin zu senden, welche nicht allein ihre Interessen in Bezug auf ihre Ausstellungsgegenstände, sondern auch dadurch vertreten sollen, daß sie für sie zweckmäßige Be richte hierherschicken. , -j- Karlsruhe, 18. Januar. Ueber die Motive zu der Audienz, welche Bischof v. Ketteler von Mainz bei Sr. königl. Hoheit dem Regenten hatte, laufen die verschieden artigsten Angaben und die Sache verhält sich einfach fol gendermaßen. Die Nothwendigkeit, sich mit der Kirche in billiger Weise zu verständigen, drängte sich bei dem weitern Verlaufe des bekannten ConflictS immer mehr auf. Man wünschte in Unterhandlungen mit der Kirche zu treten und ersuchte den Erzbischof von Freiburg, einen Mann seines Vertrauens als Vermittler bei den Unterhandlungen vorzu schlagen. Der Erzbischof schlug den Bischof v. Ketteler von Mainz vor. Der Vorgeschlagene wurde von hier aus als Vertrauensmann und Vermittler angenommen, erschien als solcher und man trat mit ihm in Unterhandlungen, von denen man ein beide Theile befriedigendes Ergebniß erwarten darf. Die guten persönlichen Beziehungen zwischen dem Regenten und dem Erzbischöfe von Freiburg hatten nie eine Unterbrechung erfahren. Weimar, l6. Jan. Die „Weim. Atg." enthält unter der Aufschrift „Die Beamten" folgenden, wie eS scheint als halbofficiell zu betrachtenden Artikel: Es ist eine be kannte , je nach den Aeitverhältnissen mehr oder weniger hervortretende Thatsache, daß unter allen Ständen keiner so heftig, so von allen Seiten angegriffen wird, als der Beamtenstand. Beamtenthum, Büreaukratie sind die Ge walten, in denen Jedermann den Gegenstand seiner politi schen Antipathien findet. In den Beamten sieht der Eine die unrechtmäßigen Inhaber seiner althergebrachten, wohl begründeten Rechte, der Andere die gefährlichsten Gegner seiner weltverbessernden Pläne, der Dritte den bedeutendsten Feind der wahren Freiheit, deS selbstständigen Bürgerthums. Wer seinem Zorn gegen die Büreaukratie Luft macht, kann sicher sein, daß er auch bei Denen Beifall findet, die er sonst zu seinen erbittertsten Gegnern Dichten muß. — Eine klare Einsicht in die Verhältnisse liegt diesen Tendenzen nicht zum Grunde. Das kann man schon daraus abneh men, daß alle Gegner sich gleichmäßig im Tadel wiederum vereinigen, wenn es die Büreaukratie aus irgend welchem Grunde einmal unterläßt, ihr Amt zu üben. Es ist eben zur Zeit Nichts vorhanden, was dieselbe ersetzen kann. Wie das so gekommen, ist unschwer zu erkennen. Seit Jahr hunderten und mindestens seit dem dreißigjährigen Kriege haben unsere feudalistisch patrimonialen Staatsformen, wie im Großen so im Kleinen, in ganz Deutschland unter dem Einfluß des französischen Wesens mit seinem Centralisations- system und der Unmittelbarkeit seiner Verwaltung von ihrem Grundprincip sich entfernt und find mit immer steigender Schnelligkeit den ihnen gegebenen fremden Richtungen kon sequent gefolgt. Es ließe sich Nachweisen, wie Schritt vor Schritt Alles, was die Zeit von jenen ursprünglichen Grund pfeilern abtrennte, dem Centrum zugesügt wurde, bis denn zuletzt unter der Gewalt der französischen Staatsumwälzung auch unsere deutschen Staaten ihre Umwälzung beendeten und das alte System in der Souveränetät der Fürsten eine neue Gestalt erhielt. Damit war aber auch die innere Nothwendigkeit für die Bedeutung des Beamtenthumes be gründet. Der Fürst bedarf der Organ« zu Uebung seines souveränen Regiments, die Büreaukratie hat soweit eine volle Berechtigung. Ob freilich diese Organe besser in un mittelbaren Dienern oder besser in Einrichtungen, welche im Volke wurzeln, gefunden würden, das mag sich fragen lassen. Die Antwort dürfte eine bejahende sein. Es ist gewiß eine sehr dringende Aufgabe, nach solchen Einrich tungen zu suchen, alle Theile würden dabei besser und sichererstehen. Ohne Weiteres aber zurückzugehen auf das, was die Zeit in Jahrhunderten vernichtet, das führt nicht zum Ziele und vorläufig ist die Bedeutung der Büreaukratie berechtigt. Erkenne man das an und freue man sich, daß dieselbe ihr Gewicht — wer wollte das leugnen — gut an gewendet hat, was auch im Einzelnen dem Einzelnen miß fallen mag. — Den Gegnern der Beamten zu einigem Trost läßt sich wvhl behaupten, daß in dem großen histori schen EntwickelungSgang, den wir angetreten haben, der Culminationspunkt bereits erreicht und daß man schon im Umkehren nach gcsundern Zuständen begriffen sei. Darauf deutet seit dem Jahre 1815 Vieles hin. Gewiß auch die Stellung, welche man den Beamten nach und nach in den meisten deutschen Staaten gesichert hat, mag dies scheinbar auch anders sein.— Je wichtiger und einflußreicher die Be amten sind, je mehr allein in ihrer Hand die gesammte Verwaltung des Staates liegt, um so innerlich nolhwendi- ger war und ist es, daß man ihre äußere Existenz nicht lediglich von der Willkür der Staatsregierungen abhängig sein ließ, vielmehr nach Garantien suchte, welche auch ihnen einige mehrere oder mindere Selbstständigkeit gewährten. Aber gerade diese Nothwendigkeit wird dahin führen, daß man überhaupt das System, mindestens in den kleinern deutschen Staaten, verlasse, daß man mehr und mehr er kenne, wie dasselbe einen Widerspruch in sich enthält. — Schon hört man von allen Seiten, daß die Regierungen selbst auf die möglichen Folgen aufmerksam sind, welche aus der den Beamten gewährten selbstständigem Stellung zum Nachtheil der Sache hervorgehen können, und wenn auch die Besorgnisse bei weitem nicht in dem Maße be gründet sein mögen, in welchem man sie hie und da für begründet hält, so erfordert es doch gewiß alle Vorsicht und Aufmerksamkeit, wenn die Beamten auf der einen Seite diejenige äußere Stellung behalten sollen, welche zu einer erfolgreichen Wirksamkeit im Interesse der Sache wünschenS- werth ist, auf der andern Seite aber die Gefahr dauernd abgewendet werden soll, welche daraus hervorgehen würde, wenn die Staatsregierung in ihren eignen Organen nicht mehr tüchtige, pflichtgetreue Unterstützung fände. — Im Großherzogthume ist diese Gefahr gewiß weit entfernt. Unser Beamtenstand hat dafür in einer schweren Zeit erfreuliches Aeugniß abgelegt. Wenn aber gleichwohl, wie wir hören, von höchster Stelle dem Staatsministerium der Befehl er- theilt worden ist, auf eine strenge Handhabung der Disciplin unter den Beamten in allen Beziehungen zu achten, so wird das gewiß allseitigen Beifall verdienen? Mit Bewußt sein vergißt so leicht Niemand, was er nach Wort und Sinn eidlich gelobt hat. Aber es liegt in der Natur des Menschen, daß er sich in Zeiten allgemeiner Ruhe wenig selbst überwacht und unbewußt die Grenzen überschreitet, die ihm gezogen sind. Dagegen, besonders auch gegen das Besprechen von Dienstangelegenheiten, gegen das Äusplau- dern soll der Befehl gerichtet sein. — Hoffen wir, daß es nur dessen bedarf, um namentlich auch diesen letzter», oft beklagten Uebelstand zu beseitigen. Oldenburg, 19. Januar. (T. D. d. C. B.) Der Land tag hat den mit Preußen wegen Abtretung eines Gebiets zur Anlegung eines Kriegshafens abgeschlossenen Vertrag genehmigt. Ein Denkmal für Ludwig Tieck. Wir begegnen in den öffentlichen Blättern einer Auf forderung, die sich um einen Beitrag für ein Monument Tieck's vertrauensvoll an unsere Mitbürger wendet. Wohl mag dabei zurrst Manchem die Denkmalsucht unserer Gegenwart einfallen, deren krankhafte und gesuchte Steigerung allerdings nicht geleugnet werden kann. Gleich im nächsten Augenblicke jedoch wird die Auffassung deS vorliegenden Falles die günstigste Wendung erfahren, indem fich jeder intelligente Sinn bewußt werden muß, daß nicht daS Sammeln selbst, sondern vielmehr der Zweck desselben daS allein entscheidende Moment sein kann und r- Verdienste girbt, denen man zu keiner Zeit ohne einige Barbarei ihre Kronen vorenthalten könnte. Bei kurzem Nach denken werden wir finden, wie wir stets am liebsten dazu geneigt find, denjenigen unserer Mitmenschen eine solche äußere Krönung ihrer Verdienste, eine solche fortzeugende Manifestation unserer Anerkennung zu bereiten, die fich um unser besseres Selbst, um unsere geistige Entwickelung mit der AnsMnnung all' ihrer bevorzugten Kräfte bemüh« und somit den psychischen Lebensnerv ihrer Nation erhöht haben. Diese beseligende, auf die ganze Menschheit wirkende und in ihren Folgen unberechenbare Thätig- keit ist besonder» den Männern der Wissenschaft, den Künstlern und vor Allem dem freiesten, höchsten und reichsten Gestalter alles Geistes, dem Porten, verliehen. Die Araber haben in diesem Sinne einen schönen Spruch, auf den wir hier die Stimmung unserer Leser hinzuführrn streben. Jener Spruch lautet: „Ehre, Achtung und Dank sei dem Dichter von dem Feuilleton. Sterblichen geweiht, denn er ist eine Leuchte in der Hand deS Ewigen, ein lebendig verkörpertes Wort im Munde der Wahr heit!" Es wird allen unparteiischen Kennern der deutschen Literatur nicht schwer werden, diesen schönen Satz in seiner All gemeinheit auch auf den großen Verstorbenen anzuwenden, und somit sei der edle Zweck der erwähnten Sammlung dem gebildeten Publicum zu möglichst zahlreicher Theilnahme anö Herz gelegt. O. Aler. Banck. -s* Leipzig, 20. Januar. Gewand hauSconcert. Das gestrige, dreizehnte GewandhauSconcert gewährte vorzüglichen Genuß. Dem meisterlich bewährten Alten war in- geschickter Anordnung interessantes Neue beigesellt. Es wurden die 6-moII-Sinfonie von Mozart und die dritte Leonoren-Ouverture von Beethoven in vollendeter Weise auSgeführt. Ein dritter Orchestrrsatz, deS zweiten Theileö erste Nummer, trat zum ersten Male vor dir Oeffentlichkeit: „Am Meere" von dem jungen Tonsetzer Herrn Heinrich v. Sahr*) benannt und in der Aus führung von ihm selbst geleitet. Der Genannte darf mit dem Er folge zufrieden sein, dessen seine Compofition sich erfreute, und man darf dem Componisten zur geistvollen Conception wie zu der geschickten, rffectvollen Instrumentation, durch welche seine Com pofition fich auSzeichnet, aufrichtig Glück wünschen. Nur den Wink möchten wir hinzufügen, er wolle sich dem Einflüsse Wagner'S und seiner RichtungSgenoffen nicht zu sehr ergeben. Der GesangSpart war Fräulein Anna Klasflg, großherzoglich *) Früherer Schüler des Leipziger LonservatoriumS. mecklenburgischer Hofopernsängerin auS Strelitz, übertragen, und die Sängerin bewies im Vortrage eines Recitativs und einer Arie auS Marschner's „HanS Helling", sowie zweier Lieder von Schubert und Mendelssohn-Bartholdy, daß sie seit ihrem früher» Auftreten im Gewandhause anerkennenswerthe Fortschritte gemacht. War auch beim Vortrage deS Marschner'schen OpernsatzeS un verkennbare Befangenheit schuld an einiger Unsicherheit deS ToneS, so möchten wir dennoch ihre Leistung gerade hier bereit williger anerkennen, als beim Vorlrage der beiden Lieder, namentlich deS MendelSsohn'schen, daS in seiner Beweglichkeit einen höher» Grad von Stimmbiegsamkeit beansprucht, als Fräulein Klassig wenigstens am gestrigen Abende besaß. Dennoch darf der jugendlichen Sängerin bei ihren Mitteln und ihrem Streben ein erfreuliches Prognostikon gestellt werden. Von großem Interesse war daS Auftreten deS Herrn Louis Lacombe auS Paris. 3m Vortrage des Pianosorte-Concerts von Weber, wie zweier kleinerer Sätze (Ltucle. 7.« torrent) eigener Composttion bewährte er sich als einen tüchtigen Pianisten, der die mancherlei Schwierigkeiten deS Weber'schen Concertstückes mit Ruhe und Leichtigkeit überwand. Sein Ton ist überaus zart, hin und wieder vielleicht zu zart und dem Wunsche nach energischerer Gestaltung an einzelnen Stellen wohl Raum gebend. Die beiden Sätze eigener Compofition boten insbesondere Gelegenheit, den Glanz der Technik de» Herrn Lacombe zu be- merken. Herr Lacombe beabfichtigt dem Vernehmen nach Dresden zu besuchen.